Gastbeitrag

Circular Monday: Wertschöpfungsketten sind veränderbar

Evelina Lundqvist, Circular Monday Sprecherin in Österreich © Rupert Pessl / Circular Monday
Evelina Lundqvist, Circular Monday Sprecherin in Österreich © Rupert Pessl / Circular Monday
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Am 24. November findet der Circular Monday als Gegenbewegung zum Black Friday statt. Was genau dahintersteckt und wie man mitmachen kann, erklärt Impact Hub Community Member Evelina Lundqvist von The Good Tribe im Interview.

Was ist der Circular Monday?

Evelina Lundqvist: Der Circular Monday startete 2017 in Schweden als Gegenpol zum Black Friday. Die Initiator:innen wollten zeigen, dass es auch kreislauffähige Produkte und Dienstleistungen gibt. Er bietet die Option, nicht in den Konsumrausch am Black Friday einzusteigen – man kann entweder gar nichts kaufen oder alternativ etwas Zirkuläres erwerben. Der Circular Monday findet jährlich am Montag vor Black Friday statt, heuer ist das der 24. November.

Es geht aber nicht nur um Konsum. Im Kern wollen wir die Kreislaufwirtschaft feiern – nicht mit der drastischen Darstellung wie beim Black Friday, sondern indem wir neue, innovative Ideen und auch das Handwerk würdigen. Die Strategien der Kreislaufwirtschaft – Reduce, Reuse, Recycle und so weiter – stehen an diesem einen Tag im Jahr im Mittelpunkt.

Warum ist ein Gegenkonzept zum Black Friday nötig?

Black-Friday-Werbung ist ja überall präsent. Wir sind sehr gewohnt, sehr viel und sehr schnell zu konsumieren. Damit man überhaupt die Chance hat, sich etwas anderes vorzustellen und auch anders zu handeln, braucht es ein deutliches Gegenmodell. Und genau das ist die Rolle des Circular Monday – diese Alternative sichtbar zu machen.

Wir haben auch ein Directory – eine Datenbank mit vielen Firmen und Organisationen, die spezielle Angebote am 24. November haben. Auch in Österreich finden zahlreiche Events an diesem Tag statt.

Unser Ziel ist es, Kreislaufwirtschaft niederschwellig zu erklären und konkrete Angebote zu zeigen – sodass Kreislaufwirtschaft greifbar wird. Das heißt: Das kann ich reparieren lassen, das kann ich gebraucht kaufen oder auch neu kaufen – je nachdem, welche Bedürfnisse man hat.

Woher kommt die Idee des Circular Monday?

Die Idee wurde von Alexandra Davidson und Henning Hilbert konzipiert. Henning ist vor ein paar Jahren sehr tragisch gestorben, aber Alexandra trägt die Idee mit ihrem Team weiter. Henning hatte eine Firma für Kleiderreparatur, und die beiden haben genau dieses Bedürfnis gesehen.

Viele Konsument:innen sind komplett darauf fokussiert, Black-Friday-Angebote zu suchen. Dabei ist Black Friday auch problematisch: Es gibt viel Enttäuschung über die Preise und die Frage, ob Produkte wirklich billiger sind. Alles Negative ist dort komprimiert – Ressourcenverschwendung, Konsumzwang und so weiter. Das haben die beiden gesehen und wollten eine Alternative anbieten.

Ich kenne den Circular Monday seit mehreren Jahren, weil er sehr präsent in den schwedischen Medien war. In den letzten paar Jahren wollte Alexandra die Idee in die Welt hinaustragen, und so bin ich auch dazu gekommen. Ich bin seit etwa einem Jahr Ansprechperson für Österreich.

Das ist eine wachsende Bewegung. Die Reichweite von #CircularMonday ist sehr beeindruckend – wir haben letztes Jahr 40 Millionen Menschen erreicht. In Österreich ist die Initiative noch neu. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet und versuchen, das Thema auch hier zu etablieren. Wir bringen Organisationen und Firmen zusammen, die Angebote haben und diese präsentieren möchten.

Wie kann man mitmachen?

Alle können mitmachen, indem man am 24. November unter dem Hashtag #CircularMonday etwas postet! Gerne mit einem kurzen Text: Warum ist das wichtig? Was hat man da gemacht? Das kann sein: Ich habe gar nichts gekauft, ich habe etwas reparieren lassen, ich habe etwas selber gemacht. Also, was wichtig oder relevant ist.

Dann haben wir unser Directory, in das sich Firmen und Organisationen jederzeit eintragen können. Für Österreich haben wir ein eigenes Directory, das wir weiter aufbauen wollen. Wir können nicht versprechen, dass alle Anmeldungen vor dem 24. November eingetragen sind, weil global viele Anfragen kommen. Aber die Teilnahme ist jederzeit möglich.

Am 24. November um 16:30 findet ein Online-Webinar statt. Organisiert wird es vom Circular Economy Forum Austria,Ressourcen Forum Austria, ThirtySix Degrees Sustainability Consulting GmbH und The Good Tribe. Karin Huber-Heim vom Circular Economy Forum Austria gibt zunächst eine Einführung in die Kreislaufwirtschaft. Anschließend sprechen wir mit Vertreter:innen von Willhaben, Werner & Mertz (Marke Frosch), dem Circular Economy Forum Austria und Nadine Schatz-Bergsberger von Fashion Revolution Austria. Zum Abschluss zeigen wir einige Einblicke aus Österreich.

Wer macht mit? Sind das ausschließlich nachhaltige Unternehmen?

Das ist bunt gemischt. Ein paar Firmen, aber auch viele NGOs, also Zivilgesellschaftsorganisationen sind dabei. Es gibt einige große Firmen, die mit ihren Produktlinien oder Dienstleistungen im Kreislaufwirtschaftsbereich partizipieren. Auch Firmen, die nur zum Teil in der Kreislaufwirtschaft tätig sind, können mitmachen. Das wird dann aber immer im Directory klar beschrieben, was genau sie anbieten.

In Österreich haben wir eine ganze Liste mit allen Angeboten und Events. Viele der Organisationen sind sehr bekannt, wie zum Beispiel Carla, Humana, Volkshilfe und Xilling.
„Gebrauchte Geschenke haben manchmal noch ein Stigma“

Was sind die Vorteile, wenn man am Circular Monday teilnimmt?

Wir machen so die Kreislaufwirtschaft sichtbarer. Sie wird greifbar und präsent als Mainstream-Alternative. Das ist nicht irgendeine skurrile Nische, sondern leicht zugängliche Produkte und Dienstleistungen, die attraktiv sind, die man gerne hätte.

Die Kampagne ist auch sehr Business-to-Consumer ausgerichtet. Es gibt natürlich auch Firmen, die mehr Business-to-Business arbeiten, aber in der Kampagne stehen Privatpersonen und Konsument:innen im Fokus – also genau wie bei Black-Friday-Kampagnen.

Dieses Sichtbarkeitsthema ist wirklich wichtig. Die Firmen und Organisationen verstehen das, weil sie mehr Kund:innen erreichen wollen. Es braucht diese Präsenz, damit klar wird: Es ist nicht anstrengend, als Konsument:in kreislauffähig einzukaufen. Man kann auch bei Carla, Volkshilfe oder anderen Geschäften Gewand kaufen. Wir wollen ein Umdenken im Shoppingbereich schaffen.

Es gibt eigentlich auch schon genug Produkte auf dem Planeten, die gar nicht mehr hergestellt werden müssen, oder? Ist das nicht auch ein Hintergedanke?

Wir leben in einer Konsumgesellschaft. Für jetzige und zukünftige Generationen, für die Umwelt ist es überhaupt nicht nachhaltig, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen.
In der größeren Perspektive geht es um Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit – dass wir mit dem arbeiten, was bereits existiert. Wir müssen nicht ständig neue Produkte herstellen und kaufen, sondern können verwenden, was wir schon haben.

Bei Black Friday geht es ja oft darum, dass Geschenke gekauft werden. Welche Geschenke sind denn besonders zirkulär?

Oh, das ist eine super Frage! Erlebnisse könnten in diese Kategorie fallen – dass man gar kein Produkt kaufen muss, sondern eine Dienstleistung verschenkt. Wir haben zum Beispiel auf der Liste eine Stadttour. Solche Erlebnisgeschenke sind großartig.

Oder man verzichtet ganz auf Produkte und macht eine Familienregel: Heuer werden keine Produkte gekauft – zumindest keine neuen –, sondern wir schauen, was wir gemeinsam erleben können. Qualitätszeit miteinander, Ausflüge und gemeinsame Aktivitäten.

Gebrauchte Geschenke haben manchmal noch ein Stigma. Dabei können auch Second-Hand-Produkte wunderbare Geschenke sein. Man muss nicht immer etwas Neues kaufen – manchmal schon, aber eben nicht immer.

Was auch dazu gehört, ist lokal einzukaufen – auf große Ketten zu verzichten, weil das Geld sonst aus der Gemeinde fließt. Als bewusste Konsument:in kann man sich fragen: Wie trage ich dazu bei, dass das Geld in der Region bleibt? Bei kleinen Firmen und kleineren Betrieben – da kann man sehr viel bewirken.

Was sagst du zu dem Argument, dass Kreislaufwirtschaft und der Secondhand-Markt die Wirtschaft nicht genug wachsen lassen? Dass wir nicht genug konsumieren und dadurch die Wirtschaft nicht wächst?

Das höre ich auch sehr oft. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Wirtschaft so weitermachen kann wie bisher. Wir müssen unseren Konsum verändern. Dass wir Rohmaterialien in dieser Menge holen und verarbeiten können – das geht nicht. Es geht schon jetzt nicht, und es wird sicherlich nicht für zukünftige Generationen tragbar sein – für Kinder, Enkelkinder und so weiter.
Und die Wirtschaft verändert sich ja die ganze Zeit.

Dass wir so eine Wirtschaft haben, wie wir sie jetzt haben, das ist ja ziemlich neu – mit der industriellen Revolution, aber auch mit der Produktion von Plastik usw. Das können wir alles ändern, wie wir das gerne wollen. Die Wertschöpfungsketten sind auch veränderbar. Wenn wir auf regionale und kreislauffähige Systeme umstellen, ist das positiv für die Umwelt und die Menschen.
Es ist wichtig, das zu diskutieren und auch die Ängste anzusprechen, damit wir konstruktiv damit arbeiten können. Nur so kommen wir voran. Aber so weiterzumachen wie bisher – das ist keine Option. Das wird nicht funktionieren.

Das Bruttoinlandsprodukt wird ja oft als der wichtigste Wohlstands-Indikator verwendet. Ist das überhaupt noch sinnvoll oder relevant in Bezug auf Kreislaufwirtschaft?

Das ist eine wichtige Frage. Ich bin keine Expertin in diesem Bereich, aber diese Art, Wohlstand zu messen, ist sehr veraltet. In der Donut Economy zeigt sich das zum Beispiel deutlich. Auch andere Forschungsprojekte belegen, dass ökonomisches Wachstum nur bis zu einem gewissen Grad zum Wohlstand beiträgt. Darüber hinaus führt weiteres Wachstum nicht mehr zu mehr Wohlstand.

Wir können unsere Natur nicht so rücksichtslos ausbeuten wie bisher. Das funktioniert nicht. Auch in der Kreislaufwirtschaft zeigt sich: Verschiedene Rohmaterialien – Metalle, aber auch Sand, den wir für Glas und Fenster brauchen – werden nicht unbegrenzt in diesem Ausmaß verfügbar sein.

Und dann müssen sich auch die verschiedenen finanziellen Schlüsselzahlen ändern. Die meisten Länder sind ja besessen vom BIP oder anderen ähnlichen Zahlen, aber das funktioniert nicht so, wie wir das gerne hätten. Ich bin dafür, dass wir gemeinsam neu definieren, was Wirtschaft bedeutet. Wir können das ändern.

Evelina Lundqvist ist seit über 20 Jahren im Impact-Bereich tätig und arbeitet als Unternehmensberaterin mit Kund:innen in Österreich, Schweden, Australien und Mexiko. Ihr Schwerpunkt liegt auf Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Sie unterstützt Unternehmen dabei, ihre Geschäftsmodelle zu verändern und nachhaltige Ansätze zugänglich zu kommunizieren. Seit etwa einem Jahr ist sie Ansprechperson für den Circular Monday in Österreich.

Das Climate Lab ist ein Innovationshub für Klima-Akteur:innen aus ganz Europa. Es handelt sich dabei um eine Initiative des österreichischen Klima- und Energiefonds und des Klimaschutzministeriums (BMK) und wird gemeinsam mit dem größten Energieversorger des Landes, der Wien Energie, dem EIT Climate-KIC und dem Impact Hub umgesetzt. Das Interview in diesem Beitrag führte Petra Hausherr.

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