Der große Crypto Crash: Die Oktober-Wende und der Faktor des Bitcoin Halving

Eigentlich hätte es ja anders kommen sollen. Nicht nur Krypto-Analysten, auch große Finanzhäuser wie Goldman Sachs oder JPMorgan haben dem Bitcoin im vierten Quartal noch einmal neue Höhen vorhergesagt – die Preisprognosen gingen bis hinauf zu 220.000 Dollar, bei Fundstrat sah man vor einem halben Jahr das Potenzial sogar bei 250.000 Dollar (mehr dazu hier).
Doch oft, wenn sich viele sehr sicher sind, kommt es anders. Insbesondere im Krypto-Markt. Anstatt der Branche einen „Moonvember“ (also einen November mit Kursen, die zum Mond schießen) zu bescheren, krachen die Preise für Bitcoin, Ethereum und Co in sich zusammen. Seit dem Allzeithoch für Bitcoin am 6. Oktober bei 126.000 Dollar hat die größte Kryptowährung innerhalb von sechseinhalb Wochen 33 Prozent seines Wertes verloren – am heutigen Freitag vormittag sind es nur mehr 84.000 Dollar, die pro BTC an den Börsen gezahlt werden.
Gleiches gilt für den gesamten Krypto-Markt, der neben BTC mittlerweile 9.1000 verschiedene Krypto-Assts umfasst. Seit dem Hoch am 7. Oktober bei einer Market Cap von 4,3 Billionen Dollar wurden 33% davon zerstört – die Marktkapitalisierung liegt nur mehr bei 2,9 Billionen Dollar.
Frühere Zyklen zeigen, wie herb es werden kann
Wie schlimm es noch werden kann? In den beiden vergangenen Zyklen des Marktes waren Einbrüche von 70 bis 80 Prozent zu sehen. Würde sich das wiederholen, würde BTC auf zwischen 25.000 und 37.000 Dollar fallen. Ein solches Szenario würde etwa dem führenden Bitcoin-Treasury-Unternehmen MicroStrategy von Michael Saylor massive Probleme bescheren.
Dabei waren Krypto-Assets in einem Jahr der fortgesetzten Multi-Krisen (Ukrainekrieg, Gazakrieg, US-China-Konflikt, Sudankrieg usw.) eine der wenigen Lichtblicke für viele. Der Bitcoin-Preis hat sich im Jahr 1 des selbsternannten Krypto-Präsidenten Donald Trump stark entwickelt und erreichte immer neue Höhen – zuerst die 100.000, dann die 110.000 schließlich den Bereich über 125.000 Dollar. Das half auch Unternehmen wie Circle (USDC), Gemini, Bullish und einigen weiteren an die Börse.
Trumps Administration sorgte mit mehreren Maßnahmen (Stablecoin-Gesetz, US-Börsenaufsicht lässt Klagen gegen Krypto-Unternehmen fallen, Krypto-Reserve, Bitcoin für Pensionsvorsorge etc.) für starke Impulse, die nicht zuletzt der Tump-Familie selbst ziemlich viel Geld bescherten.
Der 10. Oktober als Wendepunkt
Doch letztlich ist es dann auch wieder Trump selbst gewesen, der der Krypto-Show ein Ende setzte. Als entscheidend gilt der 10. Oktober 2025, also wenige Tage nach Erreichen des BTC- und Krypto-Markt-Allzeithochs. Trump hat am 10. Oktober 2025 zusätzliche 100-Prozent-Zölle auf eine Reihe chinesischer Produkte angekündigt, die über die bereits bestehenden Zölle hinausgehen.
Die Maßnahme erfolgte, nachdem China die Ausfuhr von Seltenen Erden (die für Hightech-Produkte wichtig) eingeschränkt hatte. Die Ankündigung führte zu starken Reaktionen an den Finanzmärkten. So wurden beispielsweise beim S&P 500 innerhalb von Minuten 1,5 Billionen US-Dollar an Börsenwert vernichtet, und auch der Krypto-Markt wurde erschüttert. BTC fiel in den Tagen danach von 126.000 Dollar auf 110.000 Dollar.
Der 10. Oktober ist der entscheidende Wendepunkt in der Krypto-Entwicklung des Jahres 2025. An diesem Tag des Flash Crash kam es zu noch nie da gewesenen Liquidationen, die sich auf satte 19 Milliarden Dollar beliefen. Ed Prinz beschreibt in seinem Gastbeitrag, wie sich dieser Crash des 10. Oktober bis heute auswirkt. „Märkte mit bereits dünner Liquidität reagierten extrem empfindlich. Sobald die ersten Stop Loss Marken fielen, aktivierten sich automatische Liquidierungssysteme und lösten einen Kaskadeneffekt aus, der sich selbst verstärkte. Besonders Altcoins brachen massiv ein, da ihre Liquidität stärker fragmentiert ist und automatisierte Mechanismen schneller greifen“, so Prinz.
Am 10. Oktober, zeigen Daten etwa von Coinglass, wurden Long-Positionen von fast 17 Milliarden Dollar (also Börsen-Wetten auf weiter steigende Krypto-Preise) liquidiert, also aufgelöst, mit massiven Verlusten für eineinhalb Millionen Trader. Dieser Oktober-Schock setzt sich bis heute fort, weil der Markt ausgedünnt wurde und sich die Stimmung komplett drehte.

Weder wie Gold, noch wie Tech-Aktien
Dem Schock des 10. Oktober folgte dann eine giftige Mischung, der letztendlich den größeren Krypto-Crash einläutete, der Bitcoin hinunter unter 90.000 Dollar schickte und gleichzeitig alle Zugewinne des Jahres 2025 vernichtete. Zuletzt fielen dann die viel beachteten „50 Week Moving Averages“ (gleitender Durchschnitt) unter eine wichtige Markte, und für viele war klar: Jetzt hat der Bärenmarkt begonnen, die Zeit der Bitcoin-Bullen ist fürs Erste vorbei.
Dabei war Bitcoin neben dem Großthema Künstliche Intelligenz oder Atomenergie sicher einer der Gewinner des Jahres. Im Vergleich zu den Kursentwicklungen anderer Assets zeigt sich, dass sich Bitcoin weder genauso wie Gold, dass 2025 neue Rekordwerte erreichte, noch genauso wie Aktien (hier im Vergleich mit den Tech-lastigen S&P500 und Nasdaq100) verhält. Hier im Vergleich der vergangenen 6 Monate:

Bitcoin liegt mittlerweile 13 Prozent unter dem Jahres-Startpreis
Was man aber jedenfalls an den Charts erkennen kann: Bitcoin reagiert viel volatiler auf bestimmte Ereignisse als andere Asset-Klassen. Das widerlegt auch wieder einmal die These, BTC sei ein wertstabiler Speicher und Inflations-Hedge. Wer sich das etwa Anfang 2025 dachte, wird nun bitter enttäuscht, denn Bitcoin liegt nun 13 Prozent unter dem Wert des 1. Jänner 2025 und damit weit unter dem, was die Teuerung weltweit so anrichtet.
Diese Volatilität wird vor allem durch zwei Dinge verstärkt: Die Krypto-ETFs und gehebeltes Trading. Bei den börsengehandelten Fonds für Bitcoin und Ethereum kann man aktuell massive Abflüsse beobachten. Insgesamt haben US Bitcoin Spot ETFs im November bereits rund 3 Milliarden US-Dollar verloren. Am Donnerstag dem 20. November alleine wurden 1,1 Milliarden Dollar, vor allem aus dem Bitcoin-ETF von Blackrock, abgezogen. Das verdeutlicht: Institutionelle Investoren haben keine Lust mehr auf BTC und Co und wollen ihre Investments noch in Sicherheit bringen, bevor die Verluste sich noch steigern.
Stichwort Leverage Trading. Die dezentrale Börse HyperLiquid steht stellvertretend für einen der großen Trends des Jahres 2025 in der Krypto-Industrie. Gehebeltes Trading bei Kryptowährungen bedeutet, dass man mit geliehenem Kapital seine Handelsposition vergrößert, wodurch potenzielle Gewinne und Verluste verstärkt werden. Dabei hinterlegt der Trader eine Sicherheitsleistung (Margin), und der Broker multipliziert das Eigenkapital mit dem Hebel, zum Beispiel 10x oder 50x. Trader besitzen beim gehebelten Krypto-Trading meist nicht den eigentlichen Coin, sondern spekulieren nur auf Kursbewegungen, was die Gewinn-Chancen erhöht, aber auch das Risiko. Bei HypyerLiquid sieht man an diesem Freitag deutlich, dass innerhalb von 24 Stunden Werte (hauptsächlich Kurswetten auf BTC) von 2 Milliarden Dollar liquidiert werden.
Solche Marktmechanismen sorgen dafür, dass sich der Bitcoin-Preis schnell zu drehen beginnen kann und dann in Kaskaden verstärkt (oder wie heute: geschwächt) wird. Das unterscheidet Bitcoin – in negativer Weise – auch von AI-Aktien wie von Nvidia oder Palantir, die aktuell ebenfalls stark nachgeben, weil die Ängste einer KI-Blase durch die Märkte fegen. Jedoch verlieren weder Nvidia, noch Palantir, noch Oracle, noch Softbank so stark und so schnell wie Bitcoin:

Hat der 4-Jahres-Zyklus wieder zugeschlagen?
Was kann man also als Zwischenfazit festhalten? Der Ausblick für Krypto-Assets ist schwierig, immerhin müssten sie nach aktuellen Stand wieder mehr als 10 Prozent gewinnen, um überhaupt wieder auf das Level des Jahresbeginns zu kommen, und mehr als ein Drittel, um zurück Richtung Allzeithoch zu kommen. Beides scheint kurzfristig unrealistisch: In den USA werden die Arbeitsmarktdaten verzögert und kommen erst nach der nächsten Fed-Sitzung zu Zinssenkungen; Der China-Handelsstreit wird auf absehbare Zeit nicht entschärft; KI-Aktien gehen die Luft aus; und so weiter. Lichtblicke am Horizont sind aktuell nur schwer zu entdecken, während sich der Krypto-Markt weiter nach unten dreht.
Bleibt der Blick auf den guten alten 4-Jahres-Zyklus? Wurde dieser nun doch wieder eingehalten? Das Bitcoin-Halving ist ein im Bitcoin-Protokoll fest verankertes Ereignis, das etwa alle vier Jahre stattfindet und bei dem die Belohnung für das Mining neuer Blöcke halbiert wird. Dies reduziert die Menge an neu geschaffenen Bitcoins und verringert somit das Angebot. Durch diese Verknappung, kombiniert mit gleichbleibender oder steigender Nachfrage, entsteht ein Druck, der historisch gesehen zu neuen Allzeithochs (ATHs) beim Bitcoin-Kurs beigetragen hat. Dieser Mechanismus macht Bitcoin deflationär und wird als Hauptgrund für die langfristige Wertsteigerung der Kryptowährung gesehen, da weniger neue Coins auf den Markt kommen und damit die Knappheit steigt.
Wir erinnern uns: Historisch gesehen gab es 12 bis 18 Monate nach den letzten Halvings neue ATHs für Bitcoin. Das letzte Bitcoin Halving fand am 20. April 2024 statt. Zwischen dem 20. April 2024 und dem 6. Oktober 2025, als BTC die 126.000 Dollar erreichte, liegen 17 volle Monate und halbes Monat. Bleibt es dabei, dann hat sich das Schema doch wiederholt. In den nächsten Tagen und Wochen, wenn sich der Staub legt und ein neuer Boden erreicht ist, wird man mehr wissen.
























