Österreichs Mittelstand wagt vorsichtigen Optimismus trotz Bürokratie und Fachkräftemangel

Der österreichische Mittelstand zeigt sich erstmals seit längerem wieder optimistischer. Laut dem aktuellen EY Mittelstandsbarometer bewerten 83 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage positiv. Das bedeutet einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit 72 Prozent. Die Hälfte der Mittelständler ist sogar uneingeschränkt zufrieden. Für die Studie hat EY zwischen August und September 2025 über 500 Verantwortliche von Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen befragt.
Mittelstand zeigt Resilienz
Besonders stark fällt die Zufriedenheit in Tirol aus, wo 61 Prozent die eigene Lage als gut einstufen. Der Blick nach vorne verstärkt den Trend: 30 Prozent rechnen mit einer Verbesserung in den kommenden sechs Monaten, nur neun Prozent erwarten eine Verschlechterung. Im Vorjahr waren es noch 19 Prozent. Die Tourismusbranche sticht mit 49 Prozent Optimist:innen heraus, fast doppelt so viele wie 2024.
„Österreichs Unternehmen sind zäh und haben in der Vergangenheit schon oft ihre Resilienz unter Beweis gestellt. Die Zahl der Pessimist:innen ist leicht gesunken, eine gewisse Aufbruchsstimmung macht sich breit“, erklärt Erich Lehner, Partner und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich. Trotzdem bleibt die Konjunkturskepsis hoch: 35 Prozent erwarten eine Eintrübung der Wirtschaftslage, während nur 16 Prozent mit einer Verbesserung rechnen.
Bürokratie bleibt weiterhin Problem
Die Investitionsbereitschaft steigt dennoch: 18 Prozent planen verstärkte Investitionen, nur zehn Prozent wollen zurückfahren. „Die Investitionsdynamik zeigt einen Aufwärtstrend, nachdem dieser zuletzt in zwei von drei Jahren negativ gewesen war“, so Lehner. Allerdings variiert die Lage stark nach Branchen. Während Gesundheit und Life Science mit 80 Prozent Zufriedenheit glänzen, kämpft die Industrie mit nur 41 Prozent.
Die nationale Standortpolitik erntet weiterhin vernichtende Kritik. Nur 13 Prozent bewerten sie positiv, 36 Prozent stellen ein negatives Zeugnis aus. Die Bürokratie bleibt ein Dauerbrenner: 52 Prozent fühlen sich stark belastet, besonders in den Bereichen Transport, Verkehr und Energie (30 Prozent sehr stark belastet) sowie in der Industrie (26 Prozent). Größere Unternehmen mit Jahresumsätzen über 30 Millionen Euro leiden stärker unter der Bürokratielast als kleinere Betriebe. „Die Wünsche an die Politik formulieren die Mittelständler klar: Senkung von Lohnnebenkosten, Verbesserung der Verfügbarkeit von Fachkräften und Reduktion der Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen“, fasst Lehner zusammen.
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US- Wirtschaftspolitik auch für Österreich schmerzhaft
Auch in Österreich schlägt die aktuelle Wirtschaftspolitik der USA Wellen: 14 Prozent der Mittelständler spüren negative Auswirkungen, nur drei Prozent positive. Bei größeren Unternehmen mit über 30 Millionen Euro Jahresumsatz steigt der Anteil der negativ Betroffenen auf 26 Prozent. Der Fachkräftemangel bleibt die zentrale Wachstumsbremse. Sechs von zehn Unternehmen fehlt geeignetes Personal. „Skepsis bleibt, äußere Faktoren wie Sorgen vor wirtschaftlichem Abschwung und hohe Energiepreise drücken auf das Geschäftsklima. Darum ist wichtiger denn je, innovativ zu denken und den Fokus auf ausreichende Liquidität und effizientes Wirtschaften zu legen“, betont Lehner.
Das EY Mittelstandsbarometer erscheint seit 2008 und liefert regelmäßig Einblicke in die Stimmung nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen. Die aktuelle Erhebung zeigt: Der österreichische Mittelstand kämpft sich durch schwieriges Terrain. KMU zeigen zwar verhaltene Zuversicht, aber auch klare Forderungen an die Politik. Ob die Aufbruchsstimmung trägt, hängt stark von strukturellen Verbesserungen bei Bürokratie und Fachkräften ab.




























