Tumbleweed: Rover-Technologie aus Österreich treibt Mars-Exploration weiter voran

Ein Schwarm kugelförmiger Rover, die sich vom Wind wie Steppenläufer antreiben lassen, könnte die kosteneffiziente Erforschung der Marsoberfläche ermöglichen. Aktuelle Tests des SpaceTech-Unternehmens Team Tumbleweed in einem hochmodernen Windkanal sowie Feldversuche unter realistischen Bedingungen zeigen, dass die leichten Rover bei marsähnlichen Bedingungen navigieren und wissenschaftlich relevante Daten sammeln können.
Mit einem Durchmesser von bis zu fünf Metern sollen die kugelförmigen Roboter künftig die Kraft des Marswindes zur Fortbewegung nutzen – völlig ohne Motoren – und dabei autonom und energieeffizient arbeiten.
Österreichische Wurzeln
Die ursprüngliche Idee dazu stammt vom Duo Moritz Stephan und Julian Rothenbuchner (mehr dazu hier). Was 2016 als heimisches Schülerprojekt begann, reifte über Jahre zu einem internationalen Team, bestehend aus rund 40 Personen aus über 20 Ländern. Wien blieb ein zentraler Standort für das SpaceTech. Mittlerweile operiert Team Tumbleweed aber auch in Delft (Niederlande) und Aarhus (Dänemark).
„Die jüngsten Windkanal- und Feldkampagnen waren ein Wendepunkt in der Entwicklung des Tumbleweed-Rovers“, erklärt James Kingsnorth, Wissenschaftsleiter bei Team Tumbleweed. Die Ergebnisse wurden auf der EPSC-DPS 2025 in Helsinki präsentiert, einer Hybridveranstaltung des Europlanet Science Congress (EPSC) und der Division for Planetary Sciences (DPS).
Im Juli 2025 führte das Team mit Unterstützung von Europlanet eine einwöchige Versuchsreihe an der Planetary Environment Facility der Universität Aarhus durch. Dort testeten sie skalierte Prototypen mit 30, 40 und 50 Zentimetern Durchmesser unter simuliertem Marsdruck (17 Millibar) bei variierenden Windgeschwindigkeiten und Bodenbedingungen.

Beeindruckende Mobilität unter Mars-Bedingungen
Die Tests zeigten, dass bereits Windgeschwindigkeiten von 9–10 m/s genügen, um die Rover über unebenes Gelände zu bewegen. Mário João Carvalho de Pinto Balsemão, Missionswissenschaftler bei Team Tumbleweed, betont: „Die Versuche lieferten wertvolle Erkenntnisse darüber, wie sich Tumbleweed-Rover unter Marsbedingungen verhalten würden. Und da unsere Prototypen schwerer als das geplante Enddesign waren, könnten die tatsächlich nötigen Windstärken sogar noch geringer sein.“ Die Prototypen konnten in der Druckkammer Steigungen von bis zu 11,5 Grad überwinden – was etwa 30 Grad auf dem Mars entspricht.
Da bodennahe Winde auf dem Mars bislang wenig erforscht sind, helfen diese Experimente auch der atmosphärischen Wissenschaft. Balsemão ergänzt: „Modelle zeigen, dass ein Tumbleweed-Rover über 100 Mars-Tage rund 422 Kilometer zurücklegen könnte – bei günstigen Bedingungen sogar bis zu 2.800 Kilometer.“
Weitere Feldtests geplant
Im April 2025 testete das Team einen größeren Prototyp mit 2,7 Metern Durchmesser in einem ehemaligen Steinbruch in Maastricht (Niederlande). Das modulare Rovergehäuse war mit handelsüblichen Sensoren ausgestattet – darunter Kamera, Magnetometer, Trägheitsmesseinheit und GPS. Ziel war es, die Fähigkeit zur Datenerfassung und ‑verarbeitung während des Rollbetriebs unter realen Bedingungen zu validieren. Die Tests verliefen erfolgreich.
Der nächste Schritt ist die Integration komplexerer Instrumente, darunter Strahlungssensoren, Bodensonden und Staubdetektoren. Eine große Feldkampagne folgt im November in der Atacama-Wüste (Chile) – einem der marsähnlichsten Orte der Erde. Dort werden mehrere Tumbleweed-Rover erstmals gemeinsam operieren, um Schwarmstrategien und wissenschaftliche Instrumente externer Partnerorganisationen zu testen.
Tumbleweed Microgravity: Frachtcontainer für den Weltraum
Zusätzlich zu seinen Mars-Ambitionen entwickelt Team Tumbleweed eine Containertechnologie, die den Zugang zu Weltraumtransporten erleichtern und beschleunigen soll. Unter dem Motto „Access to Space, as easy as mailing a package“ entwickeln sie ‚Pod‘ – einen modularen Frachtcontainer speziell für Weltraumtransporte.
Besonders in der pharmazeutischen Forschung zahlt sich das laut Leonhard Goliasch von Team Tumbleweed aus. „Im Pharma-Bereich wäre es sehr toll, wenn es einen magischen Schwerkraft-Ausschalter gäbe, hier auf der Erde. Den gibt es leider nicht.“ In Schwerelosigkeit lassen sich allerdings neuartige Materialien entwickeln oder Zellwachstum besser untersuchen. Dieses Potenzial will Tumbleweed Microgravity systematisch zugänglich machen.