Kritik an der Deckung des Stablecoins USDT von Tether kehren zurück

Alle Jahre wieder – gibt es im Krypto-Universum nicht nur harte Preiskorrekturen, sondern auch Kritik am mit Abstand größten Stablecoin USDT von Tether. Das Unternehmen dahinter, mittlerweile mit Hauptsitz in El Salvador, deckt den Dollar-Stablecoin nämlich nicht nur mit US-Staatsanleihen, sondern auch mit Gold und Bitcoin. Und weil diese Assets im Preis korrigieren könnten, gibt es nun Befürchtungen, dass USDT wackeln könnte.
Die Ratingagentur S&P Global hat dem Stablecoin USDt von Tether die niedrigste Stabilitätsbewertung verpasst und damit eine heftige Debatte über die Fähigkeit des Unternehmens ausgelöst, die Dollar-Bindung aufrechtzuerhalten. S&P stuft die Stabilität als schwach ein und verweist auf die Zusammensetzung der Reserven: Tether hält risikoreichere Assets wie Bitcoin und Gold, die zusammen 5,6 Prozent der im Umlauf befindlichen Token ausmachen und damit die Überbesicherungsmarge von 3,9 Prozent übersteigen.
Ein Kursrückgang bei diesen volatilen Vermögenswerten könnte die Deckung gefährden, argumentiert die Agentur. Zusätzlich bemängelt S&P den Hauptsitz in El Salvador mit lockereren regulatorischen Anforderungen sowie fehlende umfassende Audits und Reserve-Nachweise.
Eigenkapitalpuffer in Gefahr
Parallel zur S&P-Herabstufung hat Arthur Hayes, Mitgründer der Krypto-Börse BitMEX, ein Worst-Case-Szenario skizziert. Hayes argumentiert, dass Tether zunehmend wie ein spekulativer Hedgefonds agiere und massiv in Gold und Bitcoin investiere, um sinkende Renditen aus US-Staatsanleihen zu kompensieren. Diese Strategie setze das Unternehmen einer gefährlichen Marktvolatilität aus.
Bei einem kombinierten Portfolio von etwa 22,8 Milliarden Dollar in Bitcoin und Gold könnte eine Korrektur von 30 Prozent den gesamten Eigenkapitalpuffer von 6,8 Milliarden Dollar auslöschen, warnt Hayes. In diesem Fall würden die Verbindlichkeiten die realisierbaren Assets übersteigen. Theoretisch wäre USDT dann insolvent und ein massiver Bank Run könnte einen systemischen Crash im Krypto-Ökosystem auslösen.
Derzeit sieht man, dass Bitcoin in den letzten Wochen stark gefallen ist und etwa 30 Prozent unter dem Höchstwert von 126.000 Dollar vom 6. Oktober liegt. Gleichzeitig ist der Goldpreis bei etwa 4.200 Dollar so hoch wie selten zuvor.
Tether kontert mit Billionen-Reserven und Zentralbank-Vergleich
Tether-CEO Paolo Ardoino weist die Einschätzung scharf zurück und bezeichnet den Bericht als irreführend. Das Unternehmen betont, dass 75 Prozent der Reserven aus US-Staatsanleihen und kurzfristigen Finanzinstrumenten mit niedrigem Risiko bestehen. Mit über 112 Milliarden Dollar an US-Staatsanleihen (T-Bills) rangiert Tether auf Platz 17 der weltgrößten Halter solcher Wertpapiere und übertrifft damit Länder wie Südkorea, Saudi-Arabien oder Deutschland.
Zusätzlich hat das Unternehmen 116 Tonnen Gold akkumuliert und agiert damit faktisch wie eine Zentralbank. Ardoino kritisiert klassische Bewertungsmodelle für Finanzinstitute, die historisch Investoren in Unternehmen geführt hätten, die trotz Investment-Grade-Ratings kollabierten. Ende des dritten Quartals 2025 verfügte Tether nach eigenen Angaben über Gesamtaktiva von rund 215 Milliarden Dollar bei Verbindlichkeiten von etwa 184,5 Milliarden Dollar – ein Überschuss von sieben Milliarden Dollar, ergänzt durch 23 Milliarden Dollar an einbehaltenen Gewinnen der Tether Group.
Experten-Streit: FUD oder reale Gefahr?
Joseph Ayoub, ehemaliger Lead Digital Asset Analyst bei Citi, widerspricht Hayes vehement und bezeichnet dessen Analyse als unvollständig. Nach hunderten Stunden Research für das Finanzinstitut betont Ayoub, dass S&P und Hayes einen entscheidenden Faktor übersehen: die Unterscheidung zwischen veröffentlichten Reserven und dem Gesamteigenkapital der Tether-Gruppe. Das Unternehmen hat dank hoher Zinssätze seit 2023 allein im Jahr 2025 über zehn Milliarden Dollar Gewinn erwirtschaftet und verfügt über geschätzte 30 bis 50 Milliarden Dollar an nicht ausgeschüttetem Eigenkapital. Diese finanzielle Solidität übersteige jene traditioneller Banken deutlich, die oft mit minimalen Mindestreserven operieren. Zudem generiert Tether mit nur 150 Mitarbeitern monatlich rund 500 Millionen Dollar an Basisgewinnen allein aus US-Treasury-Renditen – eine außergewöhnliche Profitabilität, die Liquiditätslücken problemlos schließen könnte.
Die Kontroverse unterstreicht die kritische Bedeutung von Transparenz in einem vertrauensbasierten Markt. Während das unmittelbare Ausfallrisiko angesichts der massiven Liquidität unwahrscheinlich erscheint, könnte bereits der Zweifel die Volatilität verstärken. Verteidiger argumentieren, dass Tether jederzeit auf sein umfangreiches Eigenkapital zurückgreifen könnte, um Bilanzlücken zu schließen. Kritiker hingegen sehen in der zunehmenden Exposition gegenüber spekulativen Assets eine strukturelle Schwäche, die bei extremen Marktbewegungen gefährlich werden könnte.


























