Zenline AI: „Verkauf zuerst, baue später“

Was Menschen in den Supermarktregalen in welcher Menge und zu welchen Preisen finden, ist natürlich kein Zufall – sondern eine eigene Wissenschaft. Ein neues Startup aus Zürich setzt nun künstliche Intelligenz dazu ein, um Einzelhändlern bei der Optimierung ihrer Produktsortimente zu helfen. Das Tool richtet sich an Kategorieteams im Retail-Bereich und liefert datenbasierte Empfehlungen für Preisanpassungen, Sortimentskonsolidierungen und Produktlancierungen, mit Fokus auf Shopper-zentrierte Entscheidungen.
Zenline wurde Arber Sejdiji (CEO) von Gerrit Merz (CTO) gegründet. Die beiden kennen sich aus gemeinsamen Projekten an der ETH Zürich und fanden schnell heraus, dass sie sich gut ergänzen: Sejdiji kommt aus der Strategieberatung und hat ein Ingenieurstudium im Hintergrund, während Merz technische Erfahrung im Aufbau von KI-Systemen mitbrachte.
Startup Interviewer: Kannst du uns dein Startup vorstellen? Was macht ihr genau?
Arber Sejdiji: Bei Zenline bringen wir Künstliche Intelligenz dorthin, wo sie im Handel bisher fehlt: in die Sortimentsentscheidung. Viele Retailer wissen gar nicht genau, mit welche Produkte wirklich Marge bringen oder wie viel Geldwert im Lager verdirbt. Entscheidungen basieren oft auf Bauchgefühl oder unvollständigen Excel-Analysen. Unsere KI-Agenten analysieren interne und externe Daten und geben konkrete Empfehlungen auf Produkt-Level: Was soll raus, was rein, was kostet Marge? Statt langer Integrationsprojekte starten wir mit einem Assortment Audit für eine Produktkategorie und liefern erste Vorschläge innerhalb weniger Stunden. So zeigen wir sofort, wie viel Potenzial sowohl im Sortiment als auch in Zenlines KI-Agenten steckt.
Was ist die Geschichte hinter deinem Startup? Wie und warum hast du angefangen?
Die Idee für Zenline ist aus einem Aha-Moment entstanden. Ich war in der Strategieberatung bei BCG sowie in der Konsumgüterindustrie tätig. Immer wieder habe ich gesehen, dass selbst große Handelsunternehmen nicht wirklich wissen, welche Sortimentsentscheidungen für die höchste Marge getroffen werden müssen, obwohl es dabei um Millionen geht. Auch als mein Mitgründer Gerrit und ich Ende 2024 unsere ersten Discovery Calls geführt haben, hat sich dieses Bild immer wieder bestätigt. Uns war schnell klar: Hier fehlt eine Entscheidungsintelligenz, die den Handel wirklich weiterbringt.
Was unterscheidet dein Startup von der Konkurrenz? Was macht euch einzigartig, was ist die USP?
Wir sind Business und AI in einem und das können nur wirklich, wirklich wenige. Ende 2024 hat auf LinkedIn noch kaum einer von KI-Agenten gesprochen, heute findet man tausende Beiträge. Aber noch wissen die meisten natürlich gar nicht, wie man KI-Agenten baut. Als «AI Natives» haben wir einen riesigen Vorsprung sowie das Business-Verständnis on top. Wir bauen nicht einfach ein Feature mit KI, wir denken die Sortimentssteuerung bei Retailern neu, mit Agentenlogik und der Hilfe von Gesprächen mit Category Managern. In einem Markt, in dem Amazon & Temu das Tempo vorgeben, zählen Geschwindigkeit und Präzision. Und genau dafür haben wir Zenline gebaut.
Welche Technologien setzt ihr ein, bzw. welche hauseigene Tech habt ihr entwickelt?
Wir haben eine eigene Agenten-Infrastruktur entwickelt, die speziell auf die Anforderungen im Category Management zugeschnitten ist. Jeder Agent hat eine klare Aufgabe: vom Erkennen von Preislücken über Kannibalisierung bis hin zu Launch-Chancen. Gemeinsam simulieren sie tausende Mikroentscheidungen im Sortiment und priorisieren die, die wirklich zählen. Die Architektur basiert auf den modernsten LLMs, die wir mit Agent Development Kits orchestrieren. Die Agenten arbeiten also im Verbund: sie gleichen Empfehlungen ab, begründen ihre Entscheidungen transparent und lernen aus jeder Annahme oder Ablehnung durch das Category-Team. So entsteht ein lernendes System, das über Zeit immer präziser wird. Wir nennen es Assortment Intelligence.
Wer ist eure Zielgruppe und wie erreicht ihr sie?
Unsere Zielgruppe sind europäische Einzelhändler, von Food & Beverage, über Beauty, bin hin zu Electronics oder Furniture. Gestartet sind wir im DACH-Raum, arbeiten bereits mit führenden Handelsunternehmen zusammen und öffnen die Software jetzt für den breiteren Markt. Unser Weg zu neuen Kunden läuft über kostenloses Assortment Audits für eine vom Retailer ausgesuchte Produktkategorie an und liefern innerhalb weniger Stunden konkrete Produktempfehlungen. So können Category-Teams direkt sehen, was unsere Agenten leisten, ohne IT-Projekt oder Onboarding.
Kannst du uns dein Geschäftsmodell erklären? Wie generiert dein Startup Einnahmen?
Der Einstieg erfolgt meist über eine kostenlose Sortimentsanalyse mittels externer Daten. Danach erfolgt das Pricing auf Basis der Anzahl der Kategorien, die wir managen und interne Daten kommen dazu. Aktuell managen unsere Agenten bereits über eine Million Produkte.
Was sind die nächsten Schritte für dein Startup? Habt ihr spezifische Ziele für die Zukunft?
Der nächste Schritt ist Skalierung, technologisch und geografisch. Wir entwickeln unsere Agenten so weiter, dass sie industrieübergreifend funktionieren und sich direkt in die Realität von Category Managern integrieren. Parallel dazu bauen wir unser Team in Zürich gezielt mit Top-Talenten im KI-Bereich aus.
Hast du Tipps für andere Gründerinnen und Gründer?
Verkauf zuerst, baue später. Klingt simpel, wird aber oft vergessen. Viele verfeinern monatelang ihr Produkt, ohne zu wissen, ob es überhaupt jemand braucht. Mein Tipp: Geh raus, pitch dein Versprechen, und schau, ob jemand bereit ist, dafür zu zahlen. Erst dann baust du, so schnell und schlank wie möglich. Nur so findest du heraus, ob echter Bedarf da ist oder nur hypothetisches Interesse.