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fonio.ai: 3 Millionen Euro Investment für das boomende KI-Telefonie-Startup

Das Team von fonio. © fonio
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Die Gerüchteküche brodelte schon, jetzt liegen die Fakten am Tisch: Das österreichische KI-Telefonie-Startup fonio.ai hat eine Finanzierungsrunde über 3 Millionen Euro abgeschlossen – und dabei ein außergewöhnliches Tempo vorgelegt. „Vom ersten Gespräch bis zum allgemeinen Signing waren es 11 Tage“, berichtet CEO und Mitgründer Daniel Keinrath. Die intensive Phase forderte ihren Tribut: „Meine Tage haben so ausgeschaut, ehrlich gesagt, ohne Wochenende jeden Tag 14 Stunden Calls, zwei Stunden Admin Arbeit, ins Bett gehen, aufstehen, wieder machen.“

fonio der Gründer Daniel Keinrath und Matthias Gruber hat sich als einer der wichtigsten Anbieter für KI-Telefonie im DACH-Raum etabliert. Nun soll mit dem frischen Kapital die Expansion in Europa sowie der Ausbau zur Omnichannel-KI-Plattform gelingen. fonio könnte somit zum KI-getriebenen Customer Relationship Management Tool (CRM) werden, mit dem nicht nur Anrufe, sondern auch E-Mails oder Chat-Nachrichten von Kunden beantwortet werden können.

Unter den beteiligten Investoren finden sich erfahrene Unternehmer und Frühphasen-Investoren wie Daniel Gutenberg (früher Meta-Investor), Christian Stieber (über 100 Investments), Robert Wuttke (General Partner bei 10x Founders), Jens Lapinski (Angel Invest) sowie Sequoia Scout – bei letzterem handelt es sich um einen Zusammenshcluss internationaler Business Angels. Aus Österreich mit dabei sind die Unternehmer Felix Porsche, Hermann Arnold und Martin Ohneberg.

„Können KI-Modelle wie Unterhosen wechseln“: fonio.ai CEO Daniel Keinrath

Bewusste Entscheidung gegen Venture-Capital-Runde

Trotz zahlreicher Angebote von Venture-Capital-Firmen entschied sich Fonio bewusst für eine reine Business-Angel-Runde. Der Grund: Die Gründer wollten die Verwässerung ihrer Anteile minimieren. „Eine normale Seed-Runde ist irgendwo zwischen 15 und 20% Dilution, das wollten wir in dem Fall nicht machen“, erklärt Keinrath. Die Strategie ging auf, am Ende war die Runde mit 6 Millionen Euro doppelt überzeichnet.

Dass Fonio überhaupt so viel Aufmerksamkeit von Investoren erhielt, liegt auch an der offensiven Kommunikationsstrategie des Unternehmens. Auf LinkedIn teilte das Startup regelmäßig Kunden- und Umsatzzahlen – eine in Österreich eher ungewohnte Vorgehensweise. „Meine Unternehmensstrategie: Man muss einfach laut sein. Ich glaube, viele österreichische Firmen sind einfach zu leise und wenn man was gut macht, dann kann man sich auch mal damit ein bisschen schmücken“, so Keinrath.

Diese Transparenz ist Teil einer größeren Vision: „Wir brauchen eigentlich nur das Mindset, wieder größer zu denken in Österreich. Ich glaube, das ist das Wichtigste.“ Dabei räumt der CEO auch mit dem Mythos schwieriger Rahmenbedingungen auf: „Ich kann immer über Notare und so weiter meckern, aber das alles macht es nicht unmöglich.“

Ambitionierte Wachstumsziele trotz konservativer Finanzplanung

Das frische Kapital soll primär das Wachstum beschleunigen. Aktuell liegt der monatliche Umsatz bei knapp 300.000 Euro, bis Juli 2026 peilt Fonio die Million-Euro-Marke pro Monat an. Trotz der aggressiven Expansion verfolgt Keinrath eine nachhaltige Finanzstrategie: „Ich mag niemals eine Firma bauen, wo ich mich von Runde zu Runde rette und dann auch mal wieder mit dem Rücken zur Wand stehe, sondern ich mag immer eine Firma bauen, wo der Revenue und die ganzen Zahlen auch entsprechend passen.“

Die Ambitionen sind klar definiert: „Unser Ziel ist hier echt zumindest in Europa Marktführer zu werden, im Best Case Weltmarktführer. Und dafür werden wir alles tun.“

Schlanke Strukturen statt Mitarbeiter-Aufblähung

Entgegen dem typischen Startup-Reflex, mit frischem Kapital massiv Personal aufzubauen, setzt Fonio auf eine andere Strategie. Aktuell beschäftigt das Unternehmen nur 15 Mitarbeiter, acht weitere Stellen sind ausgeschrieben. „Wir wollen so lange wie möglich ohne Mittel-Management fahren“, erklärt Keinrath den Ansatz.

„Die Idee ist einfach: Wie klein können wir bleiben? Es ist viel schöner, dass du Top Leute hast mit extrem viel Ownership, die wirklich Bock haben, was zu bewegen“, führt der CEO aus. Diese Philosophie steht im Kontrast zu früheren Planungen: Zu Jahresbeginn war noch von 30 bis 50 Mitarbeitern bis Jahresende die Rede.

Technologische Flexibilität als Wettbewerbsvorteil

Ein zentraler Erfolgsfaktor von fonio ist die Unabhängigkeit von einzelnen KI-Modellanbietern. „Wir können unsere KI-Modelle wie unsere Unterhosen wechseln. Und das ist uns ganz ganz wichtig, weil sonst hätten wir eine viel zu hohe Abhängigkeit von OpenAI“, erklärt Keinrath die Architektur. Das Unternehmen arbeitet primär mit Modellen von OpenAI und sowie mit Googles Gemini, kann aber flexibel zwischen verschiedenen Anbietern wechseln.

Diese Flexibilität zahlt sich aus: „Das Coole an unserem Produkt ist, dass es eine ganz eine neue Art Software zu entwickeln ist. Manchmal passiert es, du wachst auf in der Früh, es gibt ein neues LLM am Markt und du weißt, wow, das ganze Produkt ist jetzt 10% besser.“

Die technologische Entwicklung hat mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem Geschwindigkeit kein Problem mehr darstellt, im Gegenteil: „Jetzt ist das Problem, dass wir teilweise zu schnell in den Antworten werden. […] Wir sind da jetzt teilweise unter 800 Millisekunden, was wirklich wirklich schnell ist.“

Europäischer Wettbewerbsvorteil durch Kosteneffizienz

Die KI-Telefonie bietet laut Keinrath auch einen volkswirtschaftlichen Vorteil für Europa. Mit Kosten von etwa 9 Euro pro Stunde im Vergleich zu 60 bis 70 Euro für menschliche Telefonie schafft die Technologie Wettbewerbsfähigkeit: „Mit 9 € die Stunde ist man fast unter asiatischen Verhältnissen. Das heißt, man hat damit auch wieder einen Wettbewerbsvorteil und mehr Souveränität in Europa dadurch.“

Realistische Einschätzung der KI-Grenzen

Trotz des Optimismus bleibt Keinrath bei der Leistungsfähigkeit der Technologie realistisch. Bei einfachen Anwendungsfällen könne Fonio mittlerweile neun von zehn Anfragen beantworten. Die Akzeptanz variiere jedoch stark: In kritischen Branchen legen etwa 50 Prozent der Anrufer auf, wenn sie die KI erkennen, in anderen Bereichen nur 20 Prozent.

„Die KI kommt aber im Moment auch noch nicht an den Menschen bei den komplexen Fällen heran“, räumt der CEO ein. „Der Fokus wird weggehen von der Technologie, hin zu, wie bringt man eigentlich die Daten aus Unternehmen in Systeme wie fonio rein, damit die KI dann damit arbeiten kann.“

Strategie gegen die großen Player

Im Wettbewerb mit Tech-Giganten wie Salesforce, Microsoft oder Google setzt Fonio bewusst auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als Zielgruppe. „Über 70 % aller KMUs besitzen nicht mal ein CRM. Das sind verrückte Zahlen. Das heißt, dieses Rennen ist noch extrem offen und deswegen gehen wir da rein“, erklärt Keinrath die Marktpositionierung.

Der europäische KI-Anbieter Mistral AI wird dabei als interessant, aber noch nicht wettbewerbsfähig eingeschätzt. Die Konkurrenz zwischen OpenAI und Google bewertet Keinrath hingegen als essentiell: „Diese Konkurrenz zwischen OpenAI und Google ist verdammt wichtig. Gäbe es die nicht, dann hätten wir ein riesen Problem.“

KI-Blase: Hype mit realem Mehrwert

Zur viel diskutierten KI-Blase nimmt Keinrath eine differenzierte Position ein: „Ich glaube, was bei einer Blase immer mitschwingt, ist, dass in Wahrheit kein Value da ist und das Ganze nur auf Hype basiert. Es ist ganz viel Hype im KI-Markt, aber das Schöne an dem Markt ist […], dass ja auch viel Mehrwert entsteht.“

Im Gegensatz zur Dotcom-Blase sieht er realen Nutzen: „Wir würden als Firma nicht sterben, wenn die Bubble von heute auf morgen platzen würde, weil unsere Kunden laufend Mehrwert aus uns ziehen.“ Dennoch rechnet er mit einer Marktkorrektur, glaubt aber nicht an ein vollständiges Platzen der Blase.

Mit der abgeschlossenen Finanzierungsrunde will Fonio nun den Weg zum europäischen Marktführer für KI-gestützte Kundenkommunikation beschreiten – mit österreichischer Prägung, internationaler Ausrichtung und dem erklärten Willen, auch gegen die großen Tech-Konzerne zu bestehen.

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