Gastbeitrag

Future{hacks}: Sichtbar ohne Klick: Wie du gewinnst, wenn die Suche schon antwortet

Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Die Suche liefert die Antwort, bevor jemand klickt. Seriöse Analysen zeigen klare Effekte. Bei Ergebnissen mit AI-Zusammenfassungen klicken im Schnitt rund acht Prozent auf einen Link, ohne Zusammenfassung sind es etwa fünfzehn Prozent. Verlage berichten je nach Kategorie von spürbaren Rückgängen bis in den zweistelligen Prozentbereich. Das frisst vor allem die Recherchephase, nicht zwingend den Kaufabschluss. Genau dort liegt die Chance, wenn Produkt und Plattform klug gebaut sind.

Was sich wirklich geändert hat

AI-Zusammenfassungen stehen über den klassischen Treffern und fassen Inhalte aus mehreren Quellen zusammen. Dieser Rollout läuft seit gut eineinhalb Jahren in Wellen und verschiebt messbar das Verhalten. Studien nennen eine Spanne von minus eins bis minus fünfundzwanzig Prozent Referral-Traffic, mit einem Median um zehn Prozent. Ergänzend zeigen Nutzungsdaten die fast halbierte Klickneigung bei AI-Zusammenfassungen gegenüber herkömmlichen Trefferseiten. Das ist kein Stimmungsbild, sondern ein strukturierter Effekt.

Klassisches SEO bleibt wichtig für die Trefferliste. Dazu kommt GEO, also Generative Engine Optimization. Gemeint ist, Inhalte so eindeutig und aktuell aufzubereiten, dass generative Antworten korrekte Bausteine bekommen.

Parallel steigt der politische Druck in Europa. Unabhängige Publisher haben eine formelle Beschwerde bei der EU-Kommission eingebracht. Zusätzlich laufen nationale Verfahren, etwa in Italien, und die Kommission prüft mögliche Benachteiligungen kommerzieller Inhalte in der Suche. Eine formelle Beschwerde ist eine geprüfte Eingabe, die Wettbewerbsfragen adressiert, sie bringt aber kurzfristig keinen Traffic zurück.

Hype vs. Realität

Der Hype versprach mehr Sichtbarkeit durch generative Suchergebnisse, also durch AI-Zusammenfassungen ganz oben auf der Seite. Die Botschaft lautete: Gute Inhalte tauchen prominenter auf, Nutzerinnen finden schneller, was sie brauchen, und qualifizierter Traffic folgt. Die Realität ist nüchterner. Sichtbarkeit in der Zusammenfassung bedeutet nicht automatisch Klicks auf deine Seite. Ohne eigene Kanäle und ohne schnelle, verlässliche Antworten auf der eigenen Fläche verpufft Sichtbarkeit. Die gute Nachricht. Das ist Produktarbeit, kein Glücksspiel.

Deine produktseitige Antwort

Erstens: Eigene Kanäle ausbauen

Web App oder App als Direktweg. Push, Offline, gespeicherte Logins und Deeplinks in konkrete Bereiche. Ziel ist weniger Abhängigkeit von Suchseiten und mehr wiederkehrende Nutzerinnen. Ein bekanntes Fallbeispiel zeigt die Hebelwirkung. Ein großer Wetterdienst gewann in drei Monaten fast eine Million Web-Push-Opt-ins.
Wichtig ist die Einordnung. Web-Push verbessert kein Ranking bei Google. Es schafft einen eigenen Rückkanal, der unabhängig von der Suche funktioniert. Mehr Opt-ins bedeuten mehr Direkteinstiege, mehr Wiederkehrerinnen und planbare Reichweite für Produktnews, Verfügbarkeiten oder Preisalarme. Das ist auch ohne Millionenbudget erreichbar: klarer Nutzen im Prompt, saubere Segmentierung, ruhige Frequenz und eine schnelle Web App. So wird jeder gewonnene Push-Kontakt zu einem wiederholbaren Einstieg, wenn oben weniger Klicks passieren.

Zweitens: Antworten auf der eigenen Fläche

Ein Assistent auf Website oder in der App, der über eure Dokumente, Produktdaten und häufige Fragen arbeitet. Sichtbare Quellen, Datum, Link ins Detail und gern die verantwortliche Stelle. So entsteht Vertrauen, auch wenn der Einstieg nicht über die Ergebnisseite kommt. Wer Antworten will, sollte sie bei dir besser bekommen als in einer generischen Übersicht.

Hilfreich sind kanonische Antworten zu Topfragen mit klarer Quelle und Datum. Das zahlt auf SEO ein, weil Suchmaschinen Eindeutigkeit lieben, und auf GEO, weil generative Systeme damit verlässliche Textbausteine bekommen.

Drittens: Maschinen füttern, aber kontrolliert

Produkte und Inhalte strukturiert ausspielen, zum Beispiel mit JSON-LD im Quelltext. Das hilft gleichzeitig klassischem SEO und GEO, weil Maschinen Felder wie Preis, Verfügbarkeit oder Bewertungen eindeutig lesen können. Wichtig sind auch aktualisiertes Datum und stabile IDs pro Inhalt. Dazu Crawler-Rechte bewusst steuern, wo gelesen werden darf und wo nicht. Ein stabiler Inhaltsbaukasten hält Antworten konsistent, auch wenn Teams wechseln.

Viertens: Conversion hoch, Reibung runter

Wenn oben weniger ankommt, muss unten mehr abschließen. Bessere Checkout-Erfahrung kann den Abschluss spürbar steigern. Performance-Arbeit zeigt messbaren Geschäftsnutzen. Kürzere Ladezeiten, weniger Sprünge im Layout, saubere Formularlogik, Zahlarten, die wirklich genutzt werden, Gastkauf ohne Zwangsregistrierung. Ein praktisches Minimum sieht so aus. Zwei Sekunden bis zur ersten Interaktion, keine Pflichtfelder ohne Zweck, Wallet-Zahlung dort, wo sie akzeptiert ist, und eine Danke-Seite, die direkt in App oder Account weiterführt.

Messen ohne Illusion

Referrer (die technische Herkunftsangabe des Browsers) erzählt immer seltener die ganze Geschichte, weil Apps eigene Webansichten nutzen, Browser Schutzfunktionen zuschalten und generative Antworten den Klick oft überspringen. Besser ist, Ereignisse serverseitig zu erfassen und Wirkung mit einfachen Experimenten zu prüfen. Incrementality bedeutet nichts anderes als A gegen B vergleichen und den Zusatznutzen messen. Zwei Wochen lang sieht die Hälfte die neue Seite mit klaren Antworten, die andere Hälfte die alte. Gemessen wird nicht der Klick, sondern Registrierung, Warenkorb, Anfrage. Für die Führungsebene zählt ein ruhiger Bericht mit Beitrag zu Umsatz oder Leads.

Risiken und Souveränität, knapp und nützlich

Lizenzen und Opt-out klären. Robots und Metadaten so setzen, dass Maschinen wissen, welche Bereiche öffentlich nutzbar sind und wo generative Systeme zugreifen dürfen. Inhalte getrennt von der Oberfläche verwalten, also headless. Headless bedeutet, dass Content in einem System liegt und sich in Web, App und Assistenten ausspielen lässt. Suche, Login und Zahlung so wählen, dass ein späterer Wechsel möglich bleibt, falls Regeln, Preise oder Plattformen kippen. Die laufenden EU-Verfahren zeigen, wie schnell sich Rahmenbedingungen verschieben können. Architektur, die Wechsel aushält, ist ein Wettbewerbsvorteil.

Praxisbild statt Theorie: ein Gedankenexperiment

  • Heute: Eine Produktseite ist für Suchmaschinen geschrieben. Lange Absätze, wenig Struktur, Kontakt ganz unten, keine Deeplinks in die App. Ein Teil der Besucherinnen kommt, liest quer, springt wieder ab.
  • In zwei Wochen: Dieselbe Seite beginnt mit drei klaren Antworten auf die häufigsten Fragen. Jede Antwort ist ein Baustein mit Quelle und Datum. Darunter zwei Wege. Ein Deeplink in den passenden Bereich der App und ein kurzer Weg in Kauf oder Anfrage. Die Seite lädt schnell. Der Assistent versteht die Bausteine und kann die Antwort zusammenfassen, ohne Fantasie.
  • In sechs Wochen: Ein spürbarer Anteil kommt nicht mehr über die Suche, sondern direkt über gespeicherte Links, Push oder Newsletter. Support meldet weniger Standardfragen, weil die Seite die wichtigsten Punkte erklärt. Vertrieb sieht mehr qualifizierte Anfragen mit klaren Anforderungen. Marketing verlinkt Kampagnen tiefer, statt nur auf die Startseite.
  • In drei Monaten: Produkt, Marketing und Support arbeiten mit denselben Bausteinen. Änderungen gehen in ein System und sind sofort in Web, App und Assistent verfügbar. Der Assistent nennt weiterhin Quellen und Datum. Die Kennzahlen zeigen, dass weniger Einstiege von oben nicht automatisch weniger Geschäft bedeuten. Der Anteil abgeschlossener Vorgänge pro Besuch ist gestiegen. Die Abhängigkeit von einzelnen Plattformen ist gesunken.

Was passiert als Nächstes

Kurzfristig stabilisiert sich der Zufluss oben auf niedrigerem Niveau. Mehr Menschen bleiben auf der Ergebnisseite. Wer dort nur wartet, verliert.

Mittelfristig werden generische Antworten besser, aber auch ähnlicher. Differenzierung entsteht auf der eigenen Fläche. Wer Inhalte in Bausteine bricht, verlässliche Quellen zeigt und den Weg in App und Checkout einfach hält, bleibt im Kopf.

Strategisch verschiebt sich Budget. Weniger Kampagnen, die reine Klicks einkaufen. Mehr Invest in eigene Kanäle, Datenqualität, Content-Bausteine, Performance und Messung. Die Architektur wird wichtiger als das Schlagwort. Wer Portabilität und Austauschbarkeit plant, kann auf Regeländerungen reagieren, ohne neu zu beginnen.

Unser Future{hacks} Fazit

Zero Click ist kein Weltuntergang, sondern ein Realitätstest. Wer Antworten auf der eigenen Fläche liefert, direkte Kanäle baut, sauber misst und Portabilität achtet, verliert weniger an die Ergebnisseite und gewinnt mehr Beziehung im eigenen Haus. Die KI nimmt euch nicht die Kundschaft weg. Sie zwingt euch, Produkt und Plattform so zu bauen, dass Kundschaft freiwillig bleibt.

Markus Kirchmaier ist Prokurist & Partner bei LEAN-CODERS und beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem IT-Arbeitsmarkt sowie modernen IT-Systemen und technologischen Entwicklungen. Hier geht es zu den anderen Beiträgen aus der Future{hacks}-Reihe.

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