Analyse

„Kurz vor der Eskalation“: Der wahre Zustand des österreichischen Startup-Sektors

So interpretiert ChatGPT diesen Artikel visuell. © ChatGPT
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Die Sätzchen „Es ist 5 vor 12“ oder „Es ist schon 5 nach 12“ nimmt schon keiner mehr in den Mund. Um den Zustand der österreichischen Startup-Branche zu beschreiben, werden von namhaften Vertreter:innen des Sektors nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand, sondern mittlerweile auch öffentlich drastische Begriffe wie „erschütternd“, „Loch“, „grauenhafte Kultur“, „katastrophal“, „Eskalation“ verwendet.

Ja genau, „Eskalation“. „Die Politik wird es für uns nicht richten. Es ist nicht 5 vor 12, es ist nicht 1 vor 12. Wir können nicht drauf warten, es ist ganz kurz vor der Eskalation“, sagte etwa heute Lisa Fassl, lange Zeit in ihrer Rolle beim Startup-Beirat mit den Rahmenbedingungen befasst und mittlerweile längst auf ihren Fund F fokussiert. „Wenn ich mir die Statistiken anschaue, dann muss ich mich selber noch davon erholen für den Rest des Tages. Das muss sich ändern, weil sonst gehen die Leute weg.“

Trostlose Kennzahlen

Nach vielen persönlichen Gesprächen in den vergangenen Monaten („Misere“, „ich verlasse das Land“, „echt traurig“) und der heutigen Pressekonferenz der Stiftung Unternehmerische Zukunft muss man festhalten, dass Startup-Österreich mit wenigen Ausnahmen ein Desaster ist. Hier einige Punkte:

  • Spin-off-Misere: Führende europäische Universitäten wie Cambridge, ETH Zürich oder TU München generieren einzeln mehr Verwertungs-Spin-offs als alle österreichischen Universitäten zusammen – und das trotz hoher Forschungsausgaben im EU-Vergleich (mehr dazu hier)
  • Pleitewelle: Die Zahl der Insolvenzen und Konkurse auch bei namhaften Startups, die einfach keine Anschlussfinanzierung mehr finden, ist drastisch gestiegen (mehr dazu hier)
  • Finanzierungsloch: Die Startup-Investments sind im ersten Halbjahr um 64% gegenüber H1 2024 eingebrochen, und das war schon ein schlechtes Jahr (mehr dazu hier)
  • Unternehmer haben kein Ansehen: Zwei Drittel der jungen Menschen in Österreich glauben, dass Unternehmer:innen keinen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten (mehr dazu hier)
  • Kein Gründungswille: Bei der Planung, ein Unternehmen gründen zu wollen, liegt Österreich auf dem vorletzten Platz in Europa vor Polen (mehr dazu hier)
  • Zu wenig Nachwuchs: in Österreich gibt es zu wenig Jungunternehmen (Total Early-stage Entrepreneurial Activity, TEA), um die Zahl an etablierten Unternehmen, die über Zeit wegfallen (Konkurs, Verkauf usw.) auszugleichen (mehr dazu hier)

In der Abwärts-Spirale

Ältere Firmen und Scale-ups sterben weg oder können wegen mangelnder Finanzierung nicht so stark wachsen, wie es der internationale Wettbewerb verlangen würde, währenddessen kommen zu wenige Startups nach, um die wegsterbenden Companies zu ersetzen: Das bedeutet, dass sich Startup-Österreich bereits in einer Abwärtsspirale befindet, während das Geschäft etwa in Deutschland oder der Schweiz (wieder) boomt. Der schlimmste Ausgang einer Abwärts-Spirale ist der Tod. So drastisch muss man es formulieren.

Wie man diese Abwärts-Spirale durchbrechen kann, darüber zerbrechen sich derzeit viele die Köpfe. Vermutlich werden Einzelmaßnahmen nicht reichen. So wie die FlexCo nicht dafür sorgte, dass es wieder einen Startup-Boom gibt, sollte man nicht fix davon ausgehen, dass ein Dach-Fonds den Sektor rettet. Das Problem ist vielschichtiger, weil schon allein der Gründungswille bei vielen fehlt, eine Startup-Szene aber sehr viele Firmen braucht, um echte Champions hervorbringen zu können.

Wollen wir überhaupt wirklich?

Was also tun? Die neue Stiftung Unternehmerische Zukunft rund um Markus Raunig ist sicher ein Teil der Lösung. Sie ist zum Start mit Zusagen im Rahmen einer Million Euro ausgerüstet. Reichen wird das nicht, weder für den langfristigen Erfolg der Stiftung, für die Rettung des Startup-Sektors schon gar nicht. Wenn man in Österreich letztendlich will, dass es eine florierende Branche gibt wie in Stockholm, London, München, Zürich oder selbst Kopenhagen, dann wird viel mehr notwendig sein als das. Ansonsten werden die Founder in eben jene Zentren abwandern, und das wars dann.

Die Grundfrage ist leider: Wollen wir überhaupt wirklich, oder begnügen wir uns damit, dass wir ja eh unter den Top 20 der innovativsten Länder sind (bis auf weiteres, wohlgemerkt)?

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