„Round Tripping“: Insolvente Builder.ai hat Umsätze künstlich aufgeblasen

Das britische KI-Startup Builder.ai hat diese Woche Insolvenzverfahren eingeleitet, nachdem eine interne Untersuchung Hinweise auf möglicherweise fingierte Geschäfte und stark überhöhte Umsatzzahlen aufgedeckt hatte. Das Unternehmen, das mit seinem Versprechen warb, mithilfe von KI das Erstellen von Apps und Websites „so einfach wie Pizza bestellen“ zu machen, gilt als das prominenteste KI-Startup, das seit dem ChatGPT-induzierten Investitionsboom gescheitert ist.
Drastische Umsatzrevision führt zu Kreditkündigung
Das Unternehmen, das über 500 Millionen US-Dollar von prominenten Investoren wie Microsoft und Katars Staatsfonds eingesammelt hatte, musste seine Umsatzzahlen drastisch nach unten korrigieren, wie die Financial Times berichtet. Die vorläufigen Zahlen, die dem Wirtschaftsprüfer vorgelegt wurden, zeigten, dass die ursprünglich gemeldeten Umsätze von 220 Millionen US-Dollar für 2024 auf etwa 55 Millionen US-Dollar reduziert werden mussten. Für 2023 sank der Umsatz von zuvor berichteten 180 Millionen auf rund 45 Millionen US-Dollar.
Diese drastischen Korrekturen führten dazu, dass die Kreditgeber einen Zahlungsausfall erklärten und die verfügbaren Mittel des Unternehmens beschlagnahmten. Wie berichtet, hatten diese Kreditgeber 40 Millionen Dollar von den Konten ab des KI-Startups abgeräumt, dem Unternehmen blieb kein Geld mehr übrig, um die Gehälter zu bezahlen.
Interne Untersuchung zu „Round Tripping“
Laut Bloomberg-Recherchen führte Builder.ai zwischen 2021 und 2024 regelmäßig Geschäfte mit dem indischen Social-Media-Startup VerSe Innovation durch, bei denen beide Unternehmen sich gegenseitig nahezu identische Beträge in Rechnung stellten. Dieses als „Round Tripping“ bezeichnete Verfahren soll dazu gedient haben, die Umsatzzahlen künstlich aufzublähen, ohne dass entsprechende Produkte oder Dienstleistungen tatsächlich geliefert wurden.
Die interne Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei konzentrierte sich auch auf sogenannte „Reseller“ im Nahen Osten, bei denen Zweifel an deren Echtheit bestanden. Der Untersuchungsbericht, der vergangene Woche der Unternehmensführung vorgelegt wurde, deutet auf koordinierte Bemühungen zur Umsatzaufblähung hin.
Führungswechsel und Warnsignale
Bereits früher im Jahr waren Gründer Sachin Dev Duggal als CEO und der Chief Revenue Officer Varghese Cherian zurückgetreten. Duggal behielt jedoch einen Vorstandssitz und den Titel „Chief Wizard“. Ein Warnsignal waren bereits zuvor unbezahlte Rechnungen, die über sehr lange Zeiträume ausstanden und Fragen zur Umsatzanerkennung aufwarfen.
VerSe-Mitgründer Umang Bedi wies die Vorwürfe zurück und bezeichnete die Behauptungen als „absolut unbegründet und falsch“. Builder.ai erklärte, sich auf eine „ordnungsgemäße Abwicklung und Werterhaltung für Mitarbeiter“ zu konzentrieren, während die beteiligten Kreditgeber – darunter Viola Credit, Atempo Growth und Cadma Capital Partners – sich bisher nicht öffentlich äußern wollten.
Builder.ai arbeitet mit indischen Mitarbeitern statt mit KI
Builder.ai trat bereits 2016 an, damals aber unter einem anderen Namen – nämlich Engineer.ai. Das Versprechen damals war bereits, dass man sich über den Service ohne Programmierkenntnisse Software bauen könne, weil KI das Programmieren erledige. Das Wall Street Journal jedoch deckte 2019 auf, dass das Startup für den Großteil seiner Programmierarbeit menschliche Ingenieure statt KI einsetzte. Mehrere damalige und ehemalige Mitarbeiter behaupteten, das Unternehmen übertreibe seine KI-Fähigkeiten, um Kunden und Investoren zu gewinnen.
Spätestens 2025 kann man sehen, dass Builder.ai komplett überholt wurde. Coding-Startups wie Anysphere (Cursor), Windsurf (ehemals Codeium), Lovable uvm. bieten solche Services bereits auf Basis von moderner LLMs an – es war wohl nur eine Frager der Zeit, bis Builder.ai vom Markt gefegt wird.