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silana: „Wir können die Kosten pro Kleidungsstück günstiger als in Asien machen“

© silana
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Die Textilindustrie steht vor einem Wendepunkt. Während Markenhersteller seit Jahrzehnten ihre Produktion nach Asien ausgelagert haben, arbeitet das österreichische Startup silana an einer Technologie, die das Geschäftsmodell der gesamten Branche auf den Kopf stellen könnte: ein vollautomatischer Näh-Roboter, der Kleidungsstücke wie T-Shirts oder Jeans ohne menschliches Zutun fertigen kann.

Konkret geht es darum, ein technisches Problem von Robotern in den Griff zu bekommen: Sie beherrschen bis dato nicht jene Hand-Augen-Koordination, die es Menschen ermöglicht, weiche Stoffe so zu falten oder zu legen, um sie korrekt vernähen zu können. silana, gegründet von Michael Hofmannrichter, Anton Wohlgemuth und Michael Mayr, löst dieses Problem – und kann damit die komplette Textilindustrie disruptieren und dafür sorgen, dass Produktion aus Fernost zurück nach Europa oder die USA geholt wird. Die Zahlen sprechen für sich:

  • Massive Überproduktion: Die Modeindustrie produziert jährlich etwa 186 Milliarden Kleidungsstücke. 21% dieser Kleidungsstücke bleiben unverkauft, was eine massive Überproduktion bedeutet

  • Niedrige Verkaufszahlen: Die durchschnittliche Abverkaufsquote zum vollen Preis liegt bei nur 50%.

  • Umweltfolgen: Rund ein Drittel der produzierten Kleidung bleibt unverkauft und landet schließlich auf Mülldeponien oder wird verbrannt.

  • Verlorener Inventarwert: Der geschätzte Wert der unverkauften und entsorgten Modebestände beträgt jährlich etwa 500 Milliarden USD.

  • Umsatzverluste durch Fehlbestände: Durch nicht vorrätige Artikel (Stock-outs) gehen etwa 10% der Umsätze (ca. 180 Milliarden USD) verloren, da Kunden zu Wettbewerbern wechseln.

Wer der Modeindustrie helfen kann, diese Probleme in den Griff zu bekommen, kann einen Milliardenmarkt für sich erschließen.

Near-Shoring: Wenn die Lieferketten zum Problem werden

Die Pandemie und geopolitische Spannungen haben die Schwachstellen globaler Lieferketten schmerzhaft offengelegt. „Wir haben gesehen, wie anfällig das System ist“, erklärt Michael Mayr, Mitgründer von silana, der zuvor beim größten österreichischen Textilhersteller Fussl Modestraße tätig war. „Plötzlich konnten Container nicht mehr verschifft werden, Produktionen standen still, und die Modehäuser kämpften mit leeren Regalen.“

Der Trend zum sogenannten Near-Shoring oder Re-Shoring – also der Verlagerung der Produktion näher an oder zurück in die Absatzmärkte – scheitert heute vor allem an steigenden Arbeitskosten und einem massiven Fachkräftemangel. Während eine Näherin in Bangladesch oder Vietnam wenige Euro pro Stunde verdient, liegen die Lohnkosten in Europa bei zehn- bis 20-Fachem. Selbst in Osteuropa, wohin einige Hersteller bereits ausgewichen sind, sind die Arbeitskosten deutlich höher als in China oder Südostasien.

„Hinzu kommt, dass wir in Europa einen massiven Fachkräftemangel haben“, so Mayr. „Selbst wenn die Lohnkosten kein Problem wären, wir finden schlichtweg keine qualifizierten Näher mehr. Das Handwerk stirbt aus.“ Auch in China, lange Zeit die Werkbank der Welt, steigen die Löhne kontinuierlich. Gleichzeitig wandert die junge Generation vom Fließband in die Büros.

Der Roboter, der nähen kann

Hier setzt silanas Innovation an. Das Unternehmen hat einen Roboter entwickelt, der in der Lage ist, selbst komplexe Näharbeiten durchzuführen – eine technische Herausforderung, an der Ingenieure weltweit seit Jahren tüfteln. Das Problem: Anders als starre Materialien wie Metall oder Holz ist Stoff weich, verformt sich und verhält sich bei jeder Bewegung anders.

„Die größte Herausforderung liegt in der Stoffführung“, erklärt Mayr. „Unser System kombiniert speziell entwickelte Greifarme mit künstlicher Intelligenz und Sensortechnologie. Der Roboter erkennt in Echtzeit, wie sich der Stoff verhält und passt seine Bewegungen entsprechend an.“

Die Technologie basiert auf einem Mehr-Kamerasystem mit bildverarbeitender KI, das das Material kontinuierlich überwacht. Pneumatische und mechanische Greifsysteme führen den Stoff präzise unter die Nähmaschine. „Wir haben uns jahrelang mit der Materialbeschaffenheit unterschiedlicher Stoffe auseinandergesetzt – von Jersey über Denim bis zu feinen Seidenstoffen“, so der silana-Mitgründer.

Das System wird modular aufgebaut und kann verschiedene Näharbeiten durchführen – vom einfachen Zusammennähen zweier Stoffteile bis zu komplexen Operationen wie dem Annähen von Kragen oder Ärmeln. „Langfristig wollen wir ganze Produktionsstraßen automatisieren“, sagt Mayr. „Ein T-Shirt oder eine Jeans könnte dann vollständig ohne menschliche Hand gefertigt werden.“

Konkurrenzfähige Preise für Hersteller

Doch kann ein österreichischer Hightech-Roboter preislich mit asiatischer Handarbeit mithalten? Bei silana ist man davon überzeugt. „Unser Geschäftsmodell basiert nicht auf dem Verkauf der Roboter, sondern auf einem Leasing- oder Pay-per-Use-Modell“, erklärt Mayr. „Die Hersteller zahlen pro produziertem Stück oder mieten die Maschinen für einen bestimmten Zeitraum.“

Die Kalkulation des Startups: Ein Roboter kann rund um die Uhr arbeiten – ohne Pausen, ohne Urlaub, ohne Krankheitstage. „Wir rechnen damit, dass wir die Produktionskosten pro Kleidungsstück auf ein Niveau senken können, das mit asiatischer Produktion vergleichbar oder sogar günstiger ist“, so Mayr. Dabei seien die Transportkosten, die bei Überseeproduktion anfallen, noch gar nicht eingerechnet.

Ein weiterer Vorteil: Flexibilität. „In der Fast Fashion ändern sich Trends teilweise im Wochenrhythmus. Langfristig können Hersteller mit unserer Technologie kleine Serien produzieren, testen wie sie ankommen, und bei Bedarf schnell nachproduzieren. Alles vor Ort in Europa oder den USA“, erklärt der silana-Mitgründer. „Das reduziert das Risiko von Überproduktion und Warenvernichtung dramatisch.“

Das Startup peilt zunächst größere Hersteller und Marken an, die eigene Produktionsstätten betreiben oder aufbauen wollen. Mittelfristig sieht Mayr auch Potenzial für kleinere Textilunternehmen und sogar für On-Demand-Produktion direkt im Einzelhandel.

Arnold Bowier (Löffler), Michael Mayr (silana), Michael Hofmannrichter (silana), Thomas Meneder (OÖ Hightechfonds), Otto Leodolter (Löffler). © silana
Arnold Bowier (Löffler), Michael Mayr (silana), Michael Hofmannrichter (silana), Thomas Meneder (OÖ Hightechfonds), Otto Leodolter (Löffler). © silana

OÖ Hightechfonds: silana als Showcase für DeepTech-Fokus

Die Entwicklung einer solchen Technologie kostet natürlich. silana konnte für sein ambitioniertes Projekt den OÖ Hightechfonds als Investor gewinnen – ein wichtiger Vertrauensbeweis für das junge Unternehmen. Das Team rund um Fonds-Manager Thomas Meneder ist der einzige europäische Investor von silana. „Der OÖ Hightechfonds hat uns in einer frühen Phase unterstützt, als wir noch überwiegend Prototypen hatten“, berichtet Mayr. „Diese Finanzierung hat es uns ermöglicht, unser Ingenieurteam aufzubauen und unser erstes funktionsfähiges Produkt zu entwickeln.“

Der Fonds, der sich auf innovative Technologieunternehmen mit wesentlichen Aktivitäten in Oberösterreich spezialisiert hat, will zukünftig verstärkt in DeepTech investieren, und silana ist dafür der beste Showcase. Damit setzt Meneders Team auf einen wichtigen Trend, den man in ganz Europa sieht. Wie der aktuelle „State of European Tech“-Report zeigt, fließen bereits 36 Prozent der VC-Investments in Europa in DeepTech-Unternehmen, Tendenz steigend. Denn gerade dieser Sektor wird zunehmend als wichtiger Faktor für Europas technologische Souveränität und Unabhängigkeit gesehen.

„Für uns war nicht nur das Kapital wichtig, sondern auch das Netzwerk“, betont der silana-Gründer. „Über den Fonds haben wir Kontakte zu potenziellen Kunden und Industriepartnern bekommen.“ Oberösterreich hat traditionell eine starke Textilindustrie, Namen wie Lenzing oder die Linz Textil prägten die Region. „Es ist symbolisch passend, dass eine Technologie, welche die Textilindustrie revolutionieren könnte, aus dieser Region kommt“, sagt Mayr.

Wie silana auf Nachhaltigkeit einzahlt

Neben den wirtschaftlichen Argumenten spielt auch Nachhaltigkeit eine Rolle. „Kürzere Transportwege bedeuten weniger CO2-Emissionen“, rechnet Mayr vor. „Und lokale Produktion bedeutet auch bessere Kontrolle über Arbeitsbedingungen und Umweltstandards.“

Gerade für Marken, die unter zunehmendem Druck stehen, ihre Lieferketten transparent und nachhaltig zu gestalten, könnte silanas Technologie attraktiv sein. „Wir sprechen mit mehreren großen europäischen Modeketten, die genau das suchen: eine Möglichkeit, wieder in Europa zu produzieren, ohne dass es unbezahlbar wird.“

Die ersten Pilotprojekte sind bereits in Planung. Bis zur flächendeckenden Automatisierung der Textilproduktion wird es noch dauern, aber die Weichen sind gestellt. „Wir stehen da, wo die Automobilindustrie vor 50 Jahren stand“, sagt Mayr. „Der Übergang von der Handarbeit zur automatisierten Fertigung. Das wird die Branche fundamental verändern.“ Ob und wann man das nächste T-Shirt tatsächlich „Made by Austrian Robot“ kaufen kann, wird sich zeigen. Die Vision jedenfalls ist klar: Die Nähstube der Zukunft ist vollautomatisiert – und sie könnte wieder direkt um die Ecke sein.

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