Wie AI die Karibik-Insel Anguilla reich macht

Seit dem Start von ChatGPT Ende 2022 prägt AI die Tech-Welt wie kaum eine andere Technologie. Ein unscheinbarer Gewinner dieser Entwicklung sitzt mitten in der Karibik: Anguilla, eine kleine Insel mit gerade einmal 15.000 Einwohner:innen. Die .ai-Domainendung, die 1995 als Ländercode für Anguilla eingeführt wurde, entwickelt sich zum begehrten digitalen Immobilienbesitz für KI-Unternehmen weltweit. Täglich registrieren Nutzer:innen durchschnittlich 1.518 neue .ai-Domains, zeigen Daten von Domaintechnik, einem akkreditierten .ai-Registrar. Voraussichtlich könnten die .ai-Domains schon im November die Millionengrenze erreichen.
Der Trend zu .ai-Domains wächst ungebremst. Laut einer Analyse von Identity Digital setzen inzwischen 28 Prozent aller neu gegründeten Tech-Startups auf eine .ai-Domain. Unternehmen wie perplexity.ai, x.ai, meta.ai und google.ai nutzen bewusst diese Endung, um ihre Verbindung zur künstlichen Intelligenz zu betonen. Seit 2018 hat sich die Zahl der .ai-Registrierungen verzwanzigfacht, und auch auf dem Zweitmarkt erzielen diese Domains Spitzenpreise: you.ai wurde 2023 für 700.000 US-Dollar verkauft, cloud.ai 2025 für 600.000 US-Dollar.
Anguilla wird vom der Tourismusdestination zum Tech-Profiteur
Für Anguilla bedeutet dieser Boom eine wirtschaftliche Transformation. Jose Vanterpool, Minister für Infrastruktur und Kommunikation, erklärt: „In den Jahren vor dem eigentlichen Durchbruch von KI machten die Einnahmen aus .ai-Domains weniger als 1 % unserer Staatseinnahmen aus. 2023 stiegen sie bereits auf 25 bis 27 % – 2025 werden es rund 47% sein.“ Während die Wirtschaft der Insel bislang hauptsächlich vom Tourismus lebte (rund 37 % des BIP), entwickelt sich die .ai-Domain zu einer stabilen und wachsenden Einnahmequelle.
Fabian Ledl von Domaintechnik erläutert den anhaltenden Erfolg: „.ai-Domains haben trotz der vergleichsweise hohen Kosten eine Verlängerungsrate von rund 90 Prozent. Da sie stets für mindestens zwei Jahre im Voraus registriert werden, steht 2025 die erste große Verlängerungswelle der im Jahr 2023 registrierten Domains an. Genau das sorgt aktuell für einen erneuten sprunghaften Anstieg bei den Staatseinnahmen.“ Eine .ai-Domain kostet bei diesem Anbieter 149,99 Euro – deutlich mehr als gängige Domainendungen wie .com oder .de.
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Nachhaltige Investitionen und vorsichtige Planung
Der Internationale Währungsfonds berichtet, dass Anguilla die Einnahmen aus .ai-Domains strategisch einsetzt: Ein Teil fließt in die Rückzahlung von Staatsschulden, ein anderer in Zukunftsprojekte wie den Ausbau des Flughafens, grüne Energie und den Schutz von Natur und Fischbeständen. Die Regierung investiert damit in eine nachhaltigere wirtschaftliche Zukunft jenseits des Tourismus.
Trotz des finanziellen Segens mahnt Premierminister Ellis Webster zur Vorsicht: „Man kann nicht vorhersagen, wie lange das anhalten wird. Unsere Wirtschaft und unsere Programme dürfen nicht ausschließlich davon abhängen. Andernfalls müssten wir im Falle eines neuen Trends binnen kurzer Zeit drastische Kürzungen vornehmen.“ Diese Zurückhaltung erscheint angebracht – schließlich verdankt Anguilla seinen unerwarteten Reichtum einem glücklichen Zufall. Wie Webster betont, hätte die Domainendung .ai ebenso gut an die Nachbarinsel Antigua gehen können.