Crypto-Gemetzel am Wochenende offenbart die Gefahren des Leverage-Trading

Es war nicht einfach nur ein schlechter Tag für Kryptowährungen – es war der schlimmste Tag in der Geschichte der digitalen Assets. Am vergangenen Freitag erlebten die Kryptomärkte die größte Liquidationswelle aller Zeiten: Mehr als 20 Milliarden Dollar an Positionen wurden innerhalb von 24 Stunden zwangsliquidiert, nachdem Bitcoin von 118.000 auf zeitweise weniger als 105.000 Dollar abgestürzt war – ein Rückgang von 17 Prozent in nur wenigen Stunden.
Eine Eskalation mit verheerenden Folgen
Auslöser der Marktverwerfungen war eine Ankündigung von US-Präsident Trump, 100-prozentige Zölle auf chinesische Technologieprodukte zu erheben – eine Reaktion auf Pekings Beschränkung von Exporten seltener Mineralien. Was folgte, war ein algorithmisch getriebener Ausverkauf, der sich wie ein Flächenbrand über alle Kryptobörsen ausbreitete.
Altcoins traf es besonders hart: Einige Token wie SUI stürzten um zeitweise mehr als 40 Prozent ab. Bei Hyperliquid wurden über 1,2 Milliarden Dollar an Trader-Eigenkapital vernichtet, 6.300 Wallets rutschten ins Minus. Das gesamte Open Interest schrumpfte um 65 Milliarden Dollar – ein vollständiger Markt-Reset auf das Niveau vom Hochsommer.
Experte warnt vor Liquiditätsproblemen
Kevin Rusher, Gründer von RAAC, einem Ökosystem für Real-World-Asset-Lending, analysiert die Ursachen des Crashs und sieht darin ein grundsätzliches Problem:
„Der enorme Marktausverkauf, den wir am Wochenende erlebt haben, ist ein weiterer Indikator dafür, warum stabile Assets in jedem Anlegerportfolio so wichtig sind – ob Krypto oder traditionelle Finanzen. Allerdings ist Krypto noch deutlich anfälliger, und zwar aufgrund dessen, was immer noch ein massives Liquiditätsproblem ist.“
Rusher verweist auf die Flucht in sichere Häfen: Gold erreichte ein Allzeithoch und stieg um 1,44 Prozent auf über 4.074 Dollar. Doch der Experte mahnt, dass bloßes Halten von Gold nicht ausreiche:
„Gold hatte einen unglaublichen Lauf im vergangenen Jahr. Normalerweise ist das jedoch nicht der Fall, und es ist äußerst wichtig, dass Anleger beginnen können, mit diesem Asset auf vielfältige Weise Erträge zu erzielen, wenn wir uns das absolute Gemetzel ansehen, das das Wochenende allen Märkten gebracht hat.“
Die Mechanik des Zusammenbruchs
Nach ersten Erkenntnissen wurden zwei große Handelsfirmen komplett liquidiert. Gerüchten zufolge hielten sie Portfolios mit führenden Kryptowährungen im Wert von über einer Milliarde Dollar, die gegenseitig als Sicherheiten hinterlegt waren. Als die Preise einbrachen, wurden sie zu Zwangsverkäufern ihres gesamten Bestands.
Jonathan Man, Portfolio Manager bei Bitwise, kommentiert:
„Gestern war das schlimmste Liquidationsereignis in der Krypto-Geschichte mit über 20 Milliarden Dollar an Liquidationen bei CeFi und mehreren hundert Millionen bei DeFi. Die Marktteilnehmer verweisen auf eskalierende Handelsspannungen zwischen China und den USA, aber es ist fast irrelevant, welche Nachricht dies verursacht hat.“
Von den liquidierten Positionen waren 16,7 Milliarden Dollar Long-Positionen – ein deutliches Zeichen dafür, wie einseitig gehebelt der Markt war.
Konsequenzen und Ausblick
Einige Börsen wie Binance haben bereits Nutzer mit über 280 Millionen Dollar für Probleme auf ihrer Seite entschädigt, die zu Liquidationen führten. Viele andere Trader hatten weniger Glück.
Die Bereinigung von Hebelwirkung aus dem System wird von Analysten typischerweise als bullisches Setup für die zukünftige Preisentwicklung gewertet. Der grundlegende Makro-Bull-Case – der „Debasement Trade“ – habe sich in den letzten Tagen nicht verändert, so Marktbeobachter. Für die Betroffenen war es jedoch ein ernüchternder Weckruf über die Gefahren des Leverage-Tradings. Der breitere Perpetual-Futures-Sektor (Hyperliquid, Aster, Lighter und andere) dürfte einen Dämpfer erlitten haben.
Hebel nach oben, Falltüre nach unten
Leverage Trading im Krypto-Bereich ermöglicht es Händlern, mit geliehenem Kapital zu handeln und dadurch ihre Handelspositionen zu vergrößern. Dabei leiht sich der Trader zusätzliche Mittel von einer Börse oder einem Broker, um eine größere Position einzugehen, als es mit dem eigenen Kapital möglich wäre. Der Hebel wird als Verhältnis ausgedrückt – beispielsweise bedeutet ein 10x-Hebel, dass man mit 1.000 Euro eine Position im Wert von 10.000 Euro handeln kann. Während dies die potenziellen Gewinne vervielfacht, erhöht es gleichzeitig auch das Verlustrisiko dramatisch. Fällt der Kurs nur um 10 Prozent, wäre bei 10x-Hebel das gesamte eingesetzte Kapital verloren – es kommt zur Liquidation der Position.
Kevin Rusher sieht in der Krise eine Bestätigung seiner These:
„Es ist auch ein Beweis dafür, warum Gold auf einem Allzeithoch ist. Während das Halten von Gold eine sichere Wette ist, ist es jedoch entscheidend, dass Anleger in der Lage sind, mehr damit zu tun, als es einfach nur zu halten, um die Kaufkraft zu erhalten, die natürlich im Laufe der Zeit durch Inflation erodiert wird.“
Ob die Märkte sich schnell erholen oder ob „Black Friday“ eine tiefere Korrektur einläutet, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Eines steht jedoch fest: Der 10. April 2025 wird als der Tag in die Krypto-Geschichte eingehen, an dem die Fragilität hochgehebelter digitaler Märkte schmerzhaft offenbart wurde.