Politik

Elisabeth Zehetner: „Wir wissen, dass es Nachbesserungsbedarf bei der Mitarbeiterbeteiligung gibt“

Elisabeth Zehetner-Piewald ist seit April 2025 Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus. © BKA/ Andy Wenzel
Elisabeth Zehetner-Piewald ist seit April 2025 Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus. © BKA/ Andy Wenzel
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Elisabeth Zehetner ist Staatssekretärin für Energie, Tourismus und Startups. Im Trending Topics-Interview spricht sie über ihre Prioritäten, wie es um die heimische Startup-Landschaft steht und was der Austrian Startup Monitor 2024 zeigt – Spoiler: 74 Prozent österreichischer Startups sind international aktiv. Darüber hinaus geht es um Pläne zur Weiterentwicklung der FlexCo-Rechtsform und Updates zum rot-weiß-roten Dachfonds.

Trending Topics: Du bist als Staatssekretärin gleich für drei Bereiche zuständig: Energie, Tourismus und Startups. Wie schafft man das denn, all diese großen Themen unter einen Hut zu bringen?

Elisabeth Zehetner: Ich glaube, es sind alles Zukunftsthemen, die ich da in einem Hut vereinen darf. Der Tourismus ist momentan unsere Konjunktur-Lokomotive, also der Bereich, der tatsächlich noch wächst und uns hilft, in dieser herausfordernden konjunkturellen Lage die Situation zu stabilisieren.

Im Bereich Energie geht es darum, dass wir einerseits große Herausforderungen lösen müssen: Wie kommen wir zu einer sicheren und erneuerbaren Stromversorgung, aber auch zu leistbarer Energie? Das ist gleichzeitig ein Riesenchancenfeld für Startups, die mit vielen Dienstleistungen und technischen Innovationen einen großen Beitrag zur Energiewende leisten können.

Das Thema Startups ist natürlich ein Herzensanliegen und bekommt damit genügend Platz und Aufmerksamkeit in meinem täglichen Tun.

Würdest du sagen, du und der Wirtschaftsminister sind diejenigen in der aktuellen Bundesregierung, die sich am stärksten mit Startup-politischen Themen auseinandersetzen?

Es liegt in der Natur der Sache, dass das Wirtschaftsressort dafür zuständig ist, einerseits zu schauen, dass die Rahmenbedingungen für alle Unternehmer:innen passen. Der Unternehmernachwuchs oder auch die Innovationsmotoren unseres Standorts sind am Ende des Tages die Startups. So gesehen sind wir jedenfalls die Treiber für eine aktive Startup-Landschaft, die den Wohlstand in ganz Österreich vergrößert.

Wenn wir einen Blick auf den Status quo werfen, wie würdest du denn die österreichische Startup-Landschaft 2025 beschreiben?

Ich würde eher auf das Jahr 2024 eingehen, weil da haben wir den aktuellen Startup-Monitor, den wir mit großer Freude präsentieren. Da sieht man, dass Österreichs Szene internationaler, innovativer und nachhaltiger ist denn je. Die Startups geben mit ihren Business-Ideen Antworten auf die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit – von der Digitalisierung über den Klimaschutz bis zur wirtschaftlichen Resilienz.

Immerhin 74 Prozent unserer Startups sind international aktiv. Bei den Deep-Tech-Startups sind es sogar 83 Prozent. Außerdem erwirtschaften die meisten einen Großteil der Umsätze im Ausland – immerhin 41 Prozent. Das zeigt, dass nicht nur Österreich Export kann, sondern auch österreichische Startups.

Seit 2013 hatten wir etwa 3.700 Gründungen im Startup-Bereich, die bis heute 30.000 Arbeitsplätze schaffen. Das ist eine beachtliche Zahl, die zeigt, wie volkswirtschaftlich wertvoll es ist, in die Startup-Landschaft zu investieren.

Die Ergebnisse aus dem Startup-Monitor sind ganz frisch. Wo liegen denn die größten Herausforderungen?

Die nach wie vor größten Herausforderungen sind einerseits das Kapital – wie kommt man zu genügend Risikokapital, insbesondere für die zweite und dritte Finanzierungsrunde. Das zweite Thema ist, wie der Zugang zu hochqualifizierten Fachkräften erleichtert und bürokratische Hürden abgebaut werden können.

Es gibt drei essentielle Forderungen an die Politik von Gründer:innen:Steuererleichterungen, insbesondere bei den Lohnnebenkosten, außerdem eine schnellere Abwicklung und Entbürokratisierung von Förderungen, aber auch bessere Anreizsysteme für private Risikokapitalfinanzierungen. Wie wird denn die Politik den Gründer:innen hier entgegenkommen?

Wir haben vor kurzem ein Budget im Nationalrat präsentiert. Es ist aufgrund der aktuellen Lage ein Sparpaket. Wir müssen jetzt konsolidieren, damit wir Spielraum haben, um in die Zukunft zu investieren.

Investitionen in die Zukunft sind auf jeden Fall Senkungen der Lohnnebenkosten. Wir wissen, dass das ein Wettbewerbsnachteil für österreichische Unternehmen und Startups ist. Das steht ganz oben auf der Agenda, sobald finanzieller Spielraum da ist.

Was Bürokratieabbau betrifft: Unser Fokus liegt einerseits auf dem Gründungsprozess selbst, den wir schlanker gestalten wollen. Die Rechtsform Einzelunternehmen ist bereits voll digital gründbar, aber bei anderen Rechtsformen haben wir noch Aufholbedarf, insbesondere wo es um die Einbindung von Notaren und Firmenbuch geht.

Außerdem schauen wir uns alle Förderungen genau an, um sie effizienter einzusetzen. Uns geht es vor allem darum, dass Startups, die eine Förderung erhalten, sich auf ihren eigentlichen Geschäftszweck konzentrieren können und nicht mit komplizierten Abrechnungen konfrontiert sind. Natürlich immer unter der Maßgabe, dass wir sorgsam mit Steuergeld umgehen müssen.

Viele Scale-ups stecken gerade in einer paradoxen Zwickmühle

Du hast angesprochen, dass die digitale Gründung noch nicht ganz reibungslos funktioniert. Zum Beispiel muss man für eine FlexCo noch zum Handelsgericht fahren. Ist absehbar, wann sich das ändern könnte?

Zuerst eine gute Nachricht: Die FlexCo ist seit etwa einem Jahr verfügbar und tatsächlich eine Erfolgsstory geworden. Wir haben mittlerweile fast 800 FlexCo-Gründungen, das ist bemerkenswert. Jede zweite Startup-Gründung findet in dieser neuen Rechtsform statt.

In unserem Regierungsprogramm haben wir vorgesehen, die FlexCo zu evaluieren. Nach einem Jahr macht es Sinn, mit einem Review zu starten und nachzuschärfen. Wir wissen zum Beispiel, dass wir bei der Mitarbeiterbeteiligung noch Nachbesserungsbedarf haben – das funktioniert ab einer gewissen Größe nicht optimal. Auch beim Prozess der notariellen Begleitung, besonders bei internationalen Gründungen, gibt es noch Verbesserungspotenzial.

Unser Ziel ist es, die Rechtsform so weiterzuentwickeln, dass sie genau den Bedürfnissen von Startups entspricht – insbesondere jenen, die Mitarbeiter:innen einbinden und mit Unterstützung von Business Angels und Finanzierungspartnern wachsen möchten.

Wenn man an diesen Schrauben drehen möchte, wie läuft das im politischen Alltag ab und wie sieht der Zeithorizont aus?

Beim Zeithorizont möchte ich mich noch nicht genau festlegen. Da die Rechtsform noch sehr neu ist, brauchen wir etwas mehr als ein volles Jahr, um zu sehen, wie sie funktioniert. Nur so können Startups aus ihren Erfahrungen berichten – etwa wie sie Investorenwechsel gemeistert oder Mitarbeiterbeteiligungen umgesetzt haben.

Wir brauchen diese Rückmeldungen aus der Praxis, um zu sehen, wo Schwierigkeiten auftreten. Daraus sollte dann eine verbesserte Idee entstehen, wie wir die FlexCo nachschärfen können. Am wichtigsten ist der Austausch mit den Beteiligten in der Startup-Szene, denn die Lösungen sollten ihren Anforderungen entsprechen.

Der politische Prozess bei einer Gesetzesänderung läuft üblicherweise so ab, dass die Regierung einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, dieser einer Begutachtung im parlamentarischen Prozess unterzogen wird und dann Mehrheiten dafür im Parlament gefunden werden müssen. Bei einer Rechtsform ist das immer in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium abzuwickeln.

Als nächstes würde ich gerne über den Dachfonds sprechen, eine langjährige Forderung der Startup-Szene. Derzeit läuft ja eine Studie zur Evaluierung. Kannst du uns mehr darüber verraten?

Wenn ich schon wüsste, wie der Plan ausschaut, wäre es sinnlos, Geld in eine Studie zu investieren. Das Ziel dieser Studie ist, zu schauen, wo es bereits solche Dachfonds gibt und wie diese in verschiedenen Staaten organisiert sind. Wir schauen uns den amerikanischen und asiatischen Raum an, um zu sehen, was dort gut funktioniert und was kritisiert wird.

Mit unserem rot-weiß-roten Dachfonds wollen wir ein Instrument schaffen, das Startups beim Skalieren unterstützt, sie in Österreich hält und privates Kapital (auch aus Institutionen wie Pensionskassen) für Startup-Finanzierungen mobilisiert.

Die Frage, wo der Fonds letztendlich angesiedelt wird, ist eine operative Frage, die sich aus dem Gesamtkonzept ergibt. Wichtig ist, dass er so gemanagt wird, dass er international attraktiv ist. Wir wollen damit heimische Startups unterstützen und gleichzeitig die Attraktivität Österreichs als Startup-Nation erhöhen, besonders im südosteuropäischen Raum.

Bis wann werden die Studienergebnisse vorliegen und wann könnte der Dachfonds aktiv sein?

Die Studienergebnisse werden definitiv im Sommer vorliegen. Ich schätze, dass wir bis Ende des Jahres klarer sehen werden, in welche Richtung es geht, aber mit einem fixfertigen Konzept rechne ich erst 2026.

Durchgeführt wird die Studie von Eco Austria. Warum wurde diese Organisation ausgewählt?

Wie bei allen Aufträgen aus einem Ministerium gab es eine Ausschreibung, und dann wurde der Bestbieter ermittelt – in diesem Fall Eco Austria. Ich schätze die Professorin Monika Köppl-Turyna sehr. Sie hat bereits einige interessante Studien im Startup- und Social Entrepreneurship-Bereich umgesetzt.

Was gibt es grundsätzlich für Anreize, um den Menschen in Österreich das Gründen noch schmackhafter zu machen?

Es kann nie genug Unternehmergeist geben. Das ist eine Frage des Mindsets, das wir möglichst frühzeitig fördern müssen. Gemeinsam mit dem Startup-Rat haben wir einen Fokus auf Entrepreneurship Education gelegt. Das fängt bereits in Schulen an, etwa mit „Junior Companies“, wo echte Unternehmen in Schulklassen gegründet und ein Jahr lang betrieben werden.

Wir wollen Entrepreneurship auch stärker in die Lehrpläne tertiärer Ausbildungsstätten integrieren und an Universitäten und Fachhochschulen für Spin-offs werben. Wir haben extrem gute Forschungsergebnisse, die aber teilweise als Patente in der Schublade landen. In den Vereinbarungen mit den Universitäten haben wir klare Ziele gesetzt, dass sich die Schaffung von Spin-offs positiv auf ihre Finanzierung auswirkt.

Letztendlich brauchen wir junge Persönlichkeiten, die den Mut zum Unternehmertum aufbringen und darin bestärkt werden, diesen Schritt zu wagen.

Man hört immer wieder, dass der Unternehmergeist schon in der Schule geweckt werden muss. Wird Unternehmertum in Zukunft auch in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium stärker ins Curriculum eingearbeitet?

Wir fordern keine direkte Lehrplanänderung, da im Rahmen der Berufsbildung bereits vieles vorgesehen ist. Es gibt ausgezeichnete Unterlagen von der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule, die über die Eduthek abrufbar sind.

Was wir schaffen müssen, ist ein Mindset bei allen Lehrenden, die Karriereoption der Selbstständigkeit stärker in den Vordergrund zu stellen. Die Startups sind die beste Werbung für diese Karriereoption. Wenn man beispielsweise an Bitpanda denkt – das kennen mittlerweile alle jungen Menschen. Das zeigt, dass man aus Österreich heraus ein großartiges Unternehmen aufbauen kann.

Gibt es noch weitere Startup-Themen, die dir am Herzen liegen und die du vorantreiben möchtest?

Besonders wichtig ist mir das Community-Building in der Startup-Landschaft. Für ein attraktives Ökosystem brauchen wir nicht nur die richtigen politischen Rahmenbedingungen, sondern auch eine Szene, die miteinander vernetzt ist.

Bei meinen Bundesländer-Terminen habe ich tolle Szenen in Kärnten, Tirol und natürlich in Wien gesehen. Ich möchte diese einzelnen Szenen stärker miteinander vernetzen und auch den Austausch mit etablierten Unternehmen und Investor:innen fördern, damit die Innovationskraft aus den Startups in die Gesamtwirtschaft wirken kann.

Gab es beim Austrian Startup Monitor 2024 Ergebnisse, die dich stark überrascht haben?

Super spannend finde ich, dass 17 Prozent der Startups im Deep-Tech-Bereich unterwegs sind – davon 38 Prozent im Bereich KI, 21 Prozent in Biotech und 16 Prozent in Elektronik. Das ist ein starkes Zeichen.

Erfreulich ist auch, dass der Anteil der Spin-offs steigt. In der Periode 2016 bis 2018 hatten wir 8 Prozent, 2022 bis 2024 sind es 15 Prozent. Das zeigt, dass wir Forschung tatsächlich in Unternehmensgründungen übersetzen können.

Besonders freut mich, dass der Frauenanteil unter den Gründerinnen auf 22 Prozent gestiegen ist – ein Fortschritt gegenüber den 17 Prozent im Jahr 2023. Das ist eine ordentliche Steigerung, auch wenn wir noch nicht dort sind, wo wir hinwollen.

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