Insolvenz

Lernsieg ist pleite

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Es ist das Ende einer bewegten Geschichte: Das Unternehmen hinter der seit vielen Jahren umstrittenen Lehrerbewertungs-App Lernsieg insolvent. Am 30. Juni 2025 eröffnete das Handelsgericht Wien über das Vermögen der umstrittenen Lehrerbewertungs-App ein Konkursverfahren. Die Anmeldefrist für Gläubiger läuft bis zum 30. Juli 2025, die erste Tagsatzung ist für den 13. August 2025 angesetzt. Als Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Mag. Johann Georg Pircher bestellt.

Aktuell gibt es keine funktionierende Webseite für Lernsieg mehr, die Domain ist bei Squarespace geparkt und nur mit Passwort zugänglich. Die Apps für iPhone und Android sind schon länger nicht mehr in den App Stores verfügbar.

Die Anfänge einer kontroversen App

Die Geschichte von Lernsieg begann 2019, als der damals erst 17-jährige Wiener Benjamin Hadrigan eine App entwickelte, mit der Schüler ihre Lehrer bewerten konnten. Die Plattform ermöglichte es, Pädagogen in Kategorien wie Unterricht, Fairness, Vorbereitung oder Pünktlichkeit mit einem bis fünf Sternen zu bewerten. Innerhalb kürzester Zeit landete die App ganz oben in den Download-Charts.

Doch der schnelle Erfolg brachte massive Kontroversen mit sich. Die App wurde zum Gegenstand einer medial ausgetragenen Debatte, die dem jungen Gründer nicht nur Beschimpfungen und Drohungen, sondern auch eine Reihe von Klagen einbrachte. Von Beginn an stand die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) der App ablehnend gegenüber.  Die Gewerkschaft unterstützte mehrere Musterklagen gegen die App. Die rechtlichen Auseinandersetzungen zogen sich über Jahre hin und verursachten dem Startup zufolge etwa 500.000 Euro Anwaltskosten.

Juristische Achterbahnfahrt

Der Rechtsstreit verlief wechselhaft. Zunächst gab die Datenschutzbehörde im Februar 2020 grünes Licht und stufte die App als rechtmäßig ein. Auch das Bundesverwaltungsgericht sah Ende Oktober 2021 keine Verfehlung seitens der App. Das Gericht argumentierte, dass das Interesse der Lehrer auf Geheimhaltung ihrer Daten gering einzuschätzen sei, da es nur ihre berufliche und nicht ihre Privatsphäre betreffe.

Einen schweren Rückschlag erlebte Lernsieg jedoch im Dezember 2021, als das Oberlandesgericht Wien der Lehrergewerkschaft in einigen Punkten recht gab. Das OLG kritisierte, dass die App nicht überprüfe, ob die bewertende Person tatsächlich von dem jeweiligen Lehrer unterrichtet werde. Die entwickelten Missbrauchskontrollen seien “zu grobmaschig” und würden keinen effektiven Schutz bieten.

Der finale Durchbruch kam jedoch 2022, als der Oberste Gerichtshof zugunsten von Lernsieg entschied. Das höchste Gericht argumentierte, dass eine Verpflichtung zur namentlichen Bewertung die Meinungsfreiheit gefährden könnte, da Schüler dann möglicherweise gar keine Bewertungen mehr abgeben würden. Nach rund 70 gewonnenen Verfahren und dem Gang durch alle Instanzen hatte Lernsieg schließlich auch vor dem OGH gesiegt.

Neustart mit finanzieller Absicherung missglückt

Trotz des juristischen Erfolgs entschied sich Gründer Hadrigan 2024, sich von der App zu trennen. Im Mai verkaufte er 51 Prozent des Unternehmens bei einer Firmenbewertung von rund 740.000 Euro an die 21-jährige Unternehmerin Katharina Lang. Lang, die bereits mit 18 Jahren ihr erstes Startup gegründet hatte, übernahm auch die Geschäftsführung. Gründer Hadrigan verkündete gleichzeitig seinen kompletten operativen Rückzug, er btreibt mittlerweile einen Buchverlag.

Lang sicherte sich für den geplanten Relaunch umfassend ab. Ein Schweizer Investorenkonsortium stellte für die nächsten fünf Jahre 1,8 Millionen Euro für etwaige weitere Rechtsstreitigkeiten zur Verfügung. “Wir wollen Lernsieg in Österreich so schnell wie möglich wieder online bringen, um den Schülerinnen und Schülern wieder ihre Meinungsfreiheit zurückzugeben”, kündigte Lang an.
Für September 2024 war der Relaunch der App geplant. Lang suchte auch den Dialog mit der Lehrergewerkschaft, blieb aber erfolglos.

Trotz der rechtlichen Absicherung und der finanziellen Rückendeckung konnte auch Lang die App offenbar nicht zum nachhaltigen Erfolg führen. Nur ein Jahr nach der Übernahme meldete die Lernsieg Mobile Media GmbH nun Insolvenz an. Die Insolvenzursachen sowie die aktuellen Vermögensverhältnisse müssen im Zuge des Verfahrens erst überprüft werden.

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