More than Recycling: Technisches Museum zeigt Wege in die Kreislaufwirtschaft

Wegwerfen war gestern – oder sollte es zumindest sein. Unter dem Titel „More than Recycling“ präsentiert das Technische Museum Wien ab heute eine neue Sonderausstellung, die Kreislaufwirtschaft über klassisches Recycling hinausdenkt. Auf fünf thematischen Ebenen, prominent im Museum platziert, erleben Besucher:innen, wie unser Alltag – von Ernährung über Kleidung bis zur Elektronik – ressourcenschonender gestaltet werden kann.
Die Ausstellung läuft bis zum 30. Dezember 2026 und soll nicht nur informieren, sondern aktiv zum Umdenken und Mitgestalten einladen. Interaktive Stationen, überraschende Perspektiven und inspirierende Ideen verdeutlichen: Ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ist nicht nur möglich, sondern dringend notwendig.
„Als Museum ist es unsere Aufgabe, nicht nur technische Innovationen zu dokumentieren, sondern kritisch zu hinterfragen, verständlich zu vermitteln und gesellschaftliche Konsequenzen sichtbar zu machen. So etwas betrifft vor allem die Kreislaufwirtschaft. Wir wollen jungen Besucherinnen und Besuchern das nötige Wissen an die Hand geben, um die richtigen Fragen zu stellen und proaktiv an gesellschaftlich und politisch relevanten Diskursen teilzunehmen“, so Peter Aufreiter, Generaldirektor des Technischen Museums.
Was hat Wert? Ein Perspektivwechsel zu Beginn
„Am Anfang haben wir immer einen Satz gehört: Bitte macht nicht nur eine Ausstellung über Recycling. Recycling ist ganz wichtig, das ist ganz zentral. Es ist eine der wichtigsten Technologien im Aspekt der Kreislaufwirtschaft. Aber Recycling ist nicht alles“, betont Projektleiter Jürgen Öhlinger.
Schon beim Eintritt werden die Besucher:innen mit einer zentralen Frage konfrontiert: „Kann das weg – oder ist das Kulturgut?“ Ein Förderband mit Alltagsgegenständen lädt dazu ein, die eigene Wahrnehmung von Wert neu zu überdenken. Was aus musealer Sicht von großem Interesse ist, landet im Alltag oft achtlos im Müll oder wird verschmäht – so gelangte ein alter Eierkocher in die neue Ausstellung, der jahrelang unbenutzt in einem Schließfach versteckt blieb.
Ernährung, Kleidung, Bauen – eine Tour durch den Alltag
Das Kapitel „Reduce and Refuse“ beschäftigt sich mit Landwirtschaft und Ernährung. Bodenquerschnitte zeigen eindrucksvoll die Folgen intensiver Nutzung, während innovative Methoden wie Vertical Farming oder Aquaponik neue Wege beleuchten.
Im Anschluss führt ein überdimensionales T-Shirt die Besucher:innen in die Welt der Textilien. Die Probleme von Fast Fashion und Überproduktion bis zur schlechten Recycelbarkeit, werden ebenso thematisiert wie nachhaltige Alternativen. Dabei steht der Grundsatz Vermeiden statt Ausbeuten im Zentrum.

Städte als Rohstoffquelle und Kunststoffe im Wandel
Unter dem Motto „Rethink and Recycle“ wird das Potenzial von Architektur, Stadtentwicklung und Kunststoffnutzung beleuchtet. Besucher:innen erfahren, wie Stroh zu Kunststoffersatz werden kann, welche Rolle Bakterien in der Materialforschung spielen und dass auch Holz zum Hightech-Klettverschluss taugt. Auch ein interaktiver Greifautomat wurde zum spielerischen Erforschen von Recyclingprozessen installiert.
Teilen, Reparieren, Weiterdenken
Der Bereich „Reuse and Repair“ widmet sich der Frage „Muss wirklich alles neu sein?“ In einer Konsumgesellschaft, in der Produkte oft nach kurzer Nutzung ausrangiert werden, zeigt dieser Ausstellungsteil Alternativen auf. Leihläden, Repair-Cafés und „Bibliotheken der Dinge“ stellen gemeinschaftsbasierte Konzepte vor, während eine Datenbank der Künstlerin Barbara Iweins mit über 12.000 dokumentierten Objekten den Überfluss in Haushalten veranschaulicht.
Auch eine seit 1901 durchgehend leuchtenden Glühbirne darf in der Ausstellung nicht fehlen. Besucher:innen können sie per Livestream begutachten. Der in Kalifornien ansässige Leuchtkörper hinterfragt das Prinzip der geplanten Obsoleszenz. Viele Alltagsgeräte werden mit einer Sollbruchstelle produziert, um langfristig Neukäufe zu gewährleisten.
Die Ausstellung als Kreislaufprojekt
Passend zum Thema wurde auch die Ausstellung selbst nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft gestaltet: Möbel und Architekturelemente stammen aus vorherigen Ausstellungen, wurden neu kombiniert und nachhaltig angepasst. Der Einsatz umweltfreundlicher Materialien wie Lehmputz unterstreicht das Engagement des Museums für Ressourcenschonung – auch im eigenen Haus.
Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur realisiert. Zu den Partnern und Sponsoren zählen unter anderem die Wiener Netze, die Montanuniversität Leoben, Greiner AG, Österreichische Lotterien, UNIQA und Wienerberger AG.
„More than Recycling“ bietet keine einfachen Antworten – aber viele spannende Fragen, Impulse und Lösungsansätze für eine nachhaltigere Zukunft. Eine Ausstellung, die das Potenzial hat, Menschen zu inspirieren und zeigt: Jeder Schritt zählt.
Innovation Corner: Startups sind mittlerweile sogar ein Fall fürs Museum