„Neue Gründerzeit“: Stiftung Unternehmerische Zukunft geht an den Start

Zwei Drittel der jungen Menschen glauben, dass Unternehmer:innen keinen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten; gleichzeitig stagniert die österreichische Startup-Szene (Schlusslicht bei der Gründungsrate in Europa), während der Markt in Deutschland oder der Schweiz bereits wieder stark angezogen hat. Zuletzt wurde sogar schon diskutiert, wie katastrophal die Lage in Österreich ist.
Längst überfällig also Impulse für die dahinsiechende Startup-Branche in Österreich. Die neue Stiftung Unternehmerische Zukunft will nun dafür sorgen, was seit der COVID-Pandemie und auch früher schon ausgerufen worden war, aber nie eingetreten ist: eine neue Gründer:innenzeit. „Die großen Herausforderungen unserer Zeit – vom Klimawandel bis zur digitalen Transformation – sind zu komplex für staatliche Lösungen allein“, sagte Markus Raunig, Vorstand der Stiftung. „Wir brauchen mehr Menschen, die Verantwortung übernehmen und Neues wagen.“
50 Stifter:innen zum Start
Vorstandsvorsitzender Markus Raunig-Bagi (auch AustrianStartups), seiner Stellvertreterin Lisa-Marie Fassl (Fund F) und Vorstandsmitglied Monika Köppl-Turyna (Eco Austria) präsentierten am Mittwoch vormittag in Wien die Pläne der neuen Stiftung, die auch von Business Angel Hansi Hansmann (Hans(wo)men Group), Andreas Treichl (Chairman Erste Stiftung), Andreas Ambross und Christian Trummer (Bitpanda-Mitgründer) als Beiräte unterstützt wird. Insgesamt gibt es 50 Stifter:innen.
Die Finanzierung erfolgt über philantropische Spenden sowie aus möglichen zukünftigen Exit-Erlösen, die Gründer:innen bereits zugesagt haben. Insgesamt gibt es aktuell eine Million Euro an Cash-Zusagen, sowie einen Buchwert von fünf bis zehn Millionen Euro über die Founder Pledges. Geplant sind folgende Aktivitäten, die bereits mit der „Entrepreneurship Week“ und dem „Entrepreneurial Leadership Program“ (ELP) von AustrianStartups existieren und ausgebaut werden.
- Unternehmerische Bildung in Schulen für Kinder und Jugendliche
- Unternehmerische Aktivierung
- Unternehmerische Wahrnehmung
Krisenstimmung in der Startup-Szene
„Die Zukunft des Landes hängt davon ab, ob wir es schaffen, viele neue Unternehmen zu gründen, sonst werden wir abfallen“, so Andreas Treichl zur Wichtigkeit der Initiative. „Wir waren sehr erfolgreich, sind es aber in den letzten 20 Jahren nicht mehr gewesen.“ Wachstum sei ermöglicht worden durch Bankenfinanzierung, die die fehlende Kapitalmarktkultur ersetzten. Das funktioniere aber nicht mehr in den neuen Industrien, in denen Startups unterwegs sind, weil es dort keine Sicherheiten zur Besicherung gebe. „Das ganze Wachstum geht deswegen an uns vorbei“, so Treichl.
Es sei eine „grauenhafte Kultur“ in Österreich entstanden, in der viele Unternehmer auf Wachstum verzichten würden, weil sie 100 Prozent der Firmen behalten wollen. „Lieber 100 Prozent von 10 als 50 Prozent von 1.000“, hieße bei den meisten die Devise. Wirtschaftsforscherin Monika Köppl-Turyna nannte die wesentlichen Gründe für den schlechten Zustand des Unternehmertums in Österreich:
- Bürokratie
- Schlechter Zugang zu Finanzierung
- Kultur: Nach Polen am wenigsten Menschen Wunsch nach einer Gründung
Die Erneuerung der Wirtschaft durch Neugründungen sei aber überlebensnotwendig. „Industrieunternehmen geraten in Schwierigkeiten. Gründungen führen dazu, dass wir auf Dauer immer besser werden können“, so die Forscherin. Wäre Österreich auf dem Gründungsniveau der Niederlande, dann würde das 11,9 Milliarden Euro höheres BIP bedeuten und 26.000 mehr Arbeitsplätze.
Hansmann: „In ein Startup Österreich würde ich derzeit nicht investieren“
„In ein Startup Österreich würde ich derzeit nicht investieren“, hielt Business Angel Hansi Hansmann fest. „Es ist echt mühsam hier.“ Umso wichtiger sei die Stiftung Unternehmerische Zukunft, denn: „Unternehmerisches Denken und Handeln tut allen gut, auch wenn nicht jeder Unternehmer wird.“
Christian Trummer, Mitgründer von Bitpanda, gab Einblicke in die Effekte, die etwa das österreichische Krypto-Unicorn auf den Arbeitsmarkt gehabt hätte. „Wir haben 4.000 verschiedenen Menschen im Laufe der elf Jahre ein Gehalt gezahlt.“ Die frühe unternehmerische Ausbildung von jungen Menschen halte er für sehr wichtig. „Gerade als junger Mensch kann man das größte Risiko eingehen, und wenn es nicht klappt, kann man immer noch Angestellter werden.“
„Es ist ganz kurz vor kompletter Eskalation“
Besonders drastische Worte über den Standort Österreich hatte Lisa Fassl, die sich früher im Startup-Rat der Regierung engagierte. „Die Politik wird es für uns nicht richten. Wir können nicht drauf warten, es ist ganz kurz vor kompletter Eskalation.“ Es bestehe die große Gefahr, dass die guten Leute aus Österreich abwandern, um anderswo zu gründen.
Wie also kann man die neue Stiftung unterstützen? Ab 10.000 Euro kann man Stifter:in werden, derzeit läuft bis Ende Oktober das nächste Closing. Gründer:innen können außerdem Teile ihrer künftigen Exit-Erlöse pledgen, aktuell zeigt sich, dass erste Founder das mit Anteilen zwischen 1 und 5 Prozent bereits getan haben. Vorbild dafür ist Founders Pledge in Großbritannien, dort wurden schon mehr als eine Milliarde Dollar für gemeinnützige Zwecke über diesen Weg lukriert.