Porträt

Von der Spengergasse ins Silicon Valley: SF Tensor ist Österreichs jüngster AI-Export

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Zusammen sind die drei gerade mal 51 Jahre alt: Ben Koska ist 19, seine Zwillingsbrüder Tom und Luk sind gerade einmal 16. Gemeinsam haben die drei etwas geschafft, wovon Tausende Gründer weltweit nur träumen können: Sie wurden von Y Combinator aufgenommen – jenem legendären Silicon-Valley-Inkubator, der Unternehmen wie Airbnb, Dropbox, Reddit, Coinbase und Stripe hervorbrachte. Die Akzeptanzquote liegt bei „null Komma irgendwas Prozent“, wie Ben lächelnd erklärt.

Ihr Startup SF Tensor löst ein Problem, von dem die meisten Menschen nicht einmal wissen, dass es existiert. Aber für die KI-Industrie könnte es so fundamental werden wie einst Amazon Web Services für das Cloud Computing.

Von der HTL Spengergasse nach San Francisco

Die Geschichte beginnt in Wien, genauer gesagt in der HTL Spengergasse – einer Schmiede technischer Talente, aus der bereits Magic.dev-Gründer Erik Steinberger und Sebastian De Ro hervorgingen. Ben durchlief dort das legendäre Hochbegabtenprogramm von Professor Harald Zumpf. Seine Brüder besuchten die Keimgasse mit ähnlicher Förderung.

Was die drei antrieb, war von Anfang an anders als bei den meisten Gleichaltrigen. Während andere 13-Jährige Computerspiele zockten, trainierten Tom und Luk bereits eigene KI-Modelle. „Wir haben zusammen an allen möglichen KI-Projekten gearbeitet“, erzählt Ben im Interview nach seiner Rückkehr aus dem Silicon Valley. „Das Maximum, was wir gemacht haben, waren 4.000 Grafikkarten.“ 4.000 Grafikkarten. Für ein Schulprojekt.

Der Clou: Die Brüder mussten lernen, mit allem zu arbeiten, was verfügbar war – Google TPUs hier, AMD-Karten dort, Nvidia-Hardware, wenn sie Glück hatten. „Die Ressourcen, die öffentlich zugänglich sind, ohne dass man jetzt hunderte Millionen an Finanzierung bekommen hat, sind halt sehr unterschiedlich“, erklärt Ben die Ausgangslage.

Aus dieser Not wurde eine Geschäftsidee.

Das AWS für KI-Training

SF Tensor baut einen Layer über die chaotische Landschaft der KI-Hardware. Stellen Sie sich vor: Ein Forscher sitzt am Laptop, experimentiert mit einem kleinen Modell – und kann mit wenigen Klicks auf Tausende von Grafikkarten in verschiedenen Rechenzentren skalieren, egal ob Nvidia, AMD oder Google TPUs.

„Ein Researcher kann von einem Experiment, was bei ihm am lokalen Laptop läuft, bis rauf zum Frontier Training Run eigentlich direkt skalieren“, beschreibt Ben die Vision. Der Vergleich zu Amazon Web Services drängt sich auf – und Ben bestätigt ihn. „AWS ist natürlich ein riesiges Ding mit tausenden Produkten. Wir fokussieren uns auf Training, aber ja, das Ziel ist es, es so einfach wie möglich zu machen.“

Die Nachfrage ist real. Während ihrer Zeit bei Y Combinator gewannen die Koskas bereits erste Kunden – Unternehmen, die eigene KI-Modelle trainieren wollen, aber nicht die Infrastruktur-Teams von Google oder OpenAI haben. „Das riesige Inhouse-Team“, das man heute braucht, um ein Modell zu trainieren – genau das wollen die Brüder überflüssig machen.

Y Combinator: Der härteste Accelerator der Welt

Der Weg nach San Francisco war alles andere als zufällig. „Mindestens 70 Prozent der Firmen, die gute Early Partner wären, sind in der Bay Area“, rechnet Ben vor. „In Europa gibt’s überall vereinzelte Firmen, aber in der Bay Area gibt’s teilweise mehrere Firmen im gleichen Gebäude, die alle Modelle trainieren.“

Der Alltag bei Y Combinator? „Von Firma zu Firma komplett anders“, sagt Ben diplomatisch. Manche Teams schließen sich wochenlang ein, um ihr Produkt zu bauen. „Das haben wir auch ein paar Wochen gemacht.“ Andere verbringen ihre Zeit hauptsächlich mit Sales-Gesprächen. Die Koskas hatten Glück: „Wir hatten Gott sei Dank unser Produkt schon, als wir da hingekommen sind. Das heißt, wir haben größtenteils mit Sales unsere Zeit verbracht.“

Überraschend: In ihrem Batch war Österreich das Land mit den meisten Gründer-Teams – drei Firmen mit österreichischen Foundern.

Bachelor vor der Matura

Die Bildungsbiografie der Koskas ist so ungewöhnlich wie ihre Startup-Story. Die Zwillinge werden ihren Bachelor an der TU Wien vermutlich im Januar abschließen – „bevor sie die Matura fertig sind.“ Bachelor vor Matura. Startup vor Studienabschluss. Silicon Valley vor dem 20. Geburtstag. Die Koskas eben.

„Wir haben alle möglichen Hackathons gemacht und parallel zur Schule an der TU studiert“, erklärt Ben die parallelen Bildungswege. „Wir haben alles gemacht, was interessant ist für uns.“

Diese Eigenständigkeit zahlt sich aus. Die Seed-Runde war „recht schnell“ geschlossen, wie Ben verrät, ohne Details zu nennen. Anders als viele KI-Startups, die 80 Prozent ihrer Finanzierung in Hardware stecken müssen, ist SF Tensor „Gott sei Dank nicht eine der Firmen, die sich ganze Data Center hinbauen müssen.“ Nur etwa fünf Prozent der Mittel gehen für Test-Hardware drauf. „Unsere Kunden haben genau dieses Problem, aber wir Gott sei Dank nicht.“

Nvidia bleibt König – vorerst

Ben hat einen scharfen Blick auf die Machtverhältnisse der Branche. Zwar gebe es immer mehr Mitbewerber wie Google mit seinen TPUs oder Amazon mit seinen Trainium-Chips. Aber: „Nvidia nimmt eine dominantere Marktposition ein in Wirklichkeit“, stellt er fest – entgegen mancher Prognosen. Doch das Bild ist differenzierter: Die großen Data Center mit Millionen von Chips werden „eigentlich exklusiv mit Nvidia-Karten bestückt.“ Kleinere Firmen hingegen, die vielleicht 100 Grafikkarten brauchen, gehen zunehmend zu AMD oder Google TPUs.

„Die Anzahl der Firmen, die Nvidia-Hardware nutzen, sinkt proportional, aber die Anzahl an Hardware, die gekauft wird – da ist Nvidia immer noch Nummer eins, und das wird sich nicht bald ändern“, sagt Koska.

Die neueste Generation Nicht-Nvidia-Hardware erreiche mittlerweile die Performance der vorletzten Nvidia-Generation, sagt Ben. Entscheidend werde künftig die „Performance pro Watt“, denn: „Die KI-Trainings sind eigentlich von Strom limitiert.“

Die nächste Welle: Nicht nur Sprachmodelle

Wohin geht die Reise 2026? Ben sieht einen klaren Trend: weg von reinen Large Language Models, hin zu spezialisierten Anwendungen. „Medical AI, Defense – das sind zurzeit große Themen. Der Fokus geht bei Startups eigentlich weg von ‚wir trainieren das nächste Gemini-Modell‘.“

Der Grund ist simpel: „Wenn ein Trainingsrun 50 Millionen kostet, macht es kaum Sinn.“ Die großen Player – OpenAI, Google, Anthropic – haben sich eingegraben. Neue Chancen liegen woanders: Drug Discovery, Image Recognition, spezialisierte Modelle für konkrete Anwendungen. „Es gibt tausende Use Cases, die heute einfach noch nicht explored wurden.“

24/7 – mit Pausen

Die Seed-Runde ist durch, der Y-Combinator-Demo-Day vorbei. „Jetzt darf ich mal zwei Tage Pause machen“, sagt Ben mit einem Lachen, „und dann geht’s zurück an die 24/7-Arbeit.“

Die Pläne? Recruiting – aber kontrolliert. „Wir fokussieren uns darauf, ein kleines Team zu bleiben, dass wir auch schnellstmöglich arbeiten können.“ 97 Mitarbeiter, wie scherzhaft in den Raum geworfen, werden es wohl nicht werden.

Zunächst bleibt das Team in San Francisco, dort wo die Kunden sind. Ein Engineering- oder Sales-Office in Europa? „So weit haben wir ehrlich gesagt nicht geplant. Wir fokussieren uns mal darauf, unsere existierenden und zukünftigen Kunden glücklich zu machen.“ Die nächste Station: Series A. Für drei Teenager aus Wien ein bemerkenswerter Weg.

Die österreichische KI-Pipeline

Die Koska-Brüder reihen sich ein in eine erstaunliche österreichische Success-Story im Silicon Valley. Nach Magic.dev (Erik Steinberger, Sebastian De Ro) und newsrooms.ai (Matteo Rosoli, Alex Maitz) zeigt SF Tensor: Die Kombination aus HTL-Ausbildung und Hochbegabtenförderung kann Weltklasse-Talente hervorbringen.

„Es ist schon ein Wahnsinn, was da für Output ist“, sagt AI-Austria-Gründer Clemens Wasner zusammen. Absolventen der Spengergasse gehen nach Cambridge oder MIT, steigen mit 19 bei Infineon auf Senior-Positionen ein – oder gründen eben mit 16 ein Startup im Silicon Valley.

Für Österreichs Tech-Szene sind die Koskas mehr als eine Erfolgsgeschichte. Sie sind der Beweis, dass Wien – mit der richtigen Förderung und dem nötigen Ehrgeiz – durchaus mit Palo Alto mithalten kann. Ob mit oder ohne Matura.

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