Warum das Geschäft mit Stablecoins derzeit so boomt

Zuerst PayPal, dann Stripe, und jetzt sogar Meta: Die Zahl und vor allem die Größe von Unternehmen, die ins Geschäft mit Stablecoins einsteigen wollen, nimmt dramatisch zu. Bei Stablecoins handelt es sich in den meisten Fällen um digitale Dollars, die auf einer Blockchain (z.B. Ethereum) eingetragen sind und zuerst in der Krypto-Branche als Dollar-Ersatz verwendet wurden, um damit andere Kryptowährungen zu handeln.
Der Erfolg des Marktführers Tether mit seinem Stablecoin USDT ist nahezu fantastisch. Tether, ein undurchsichtiges Firmengeflecht, das den Hauptsitz zuletzt nach El Salvador verlegt hat, scheffelt mit USDT Gewinne ohne Ende – 2024 sollen es zehn Milliarden Dollar gewesen sein, im ersten Quartal 2025 bereits eine Milliarde. Tether hat die USDT-Stablecoins vor allem durch US-Staatsanleihen gedeckt, der Gesamtbestand stieg zuletzt auf 98,5 Mrd. US-Dollar. Das ist massiv: Tether hält damit mehr US-Staatsanleihen als Deutschland.
Nun drängen zahlreiche weitere Unternehmen, vor allem aus dem Fintech-Bereich, in das Geschäft mit Stablecoins. Und zwar:
Circle
Circle, der Emittent des zweitgrößten Stablecoins USDC mit einer Marktkapitalisierung von etwa 60 Milliarden US-Dollar, verzeichnete 2024 ein beeindruckendes Wachstum von 78% im Jahresvergleich. Das Gesamttransaktionsvolumen hat die Marke von 20 Billionen US-Dollar überschritten, mit einem monatlichen Volumen von 1 Billion US-Dollar allein im November 2024. Circle bereitet sich aktuell auf einen Börsengang vor und hat seinen S-1-Registrierungsantrag bei der SEC eingereicht, mit dem Ziel, unter dem Ticker CRCL an der NYSE gelistet zu werden. Als erster großer globaler Stablecoin-Emittent, der die europäischen MiCA-Vorschriften erfüllt, ist USDC mittlerweile in über 180 Ländern und auf 16 verschiedenen Blockchains verfügbar
PayPal
PayPal hat im April 2025 eine Belohnungsfunktion für seinen Stablecoin PYUSD eingeführt, die Nutzern eine Rendite von 3,7% auf ihre Stablecoin-Guthaben bietet. Diese Funktion soll im Sommer 2025 für PayPal- und Venmo-Nutzer verfügbar sein und zielt darauf ab, die Zahlungsaktivitäten zu steigern. Nutzer können die verdienten Belohnungen bei Millionen von Händlern einsetzen, was die Attraktivität des Stablecoins erhöht und dessen Integration in das bestehende Zahlungsökosystem von PayPal fördert.
Visa
Visa hat eine strategische Partnerschaft mit Bridge (=Stripe) geschlossen, um Stablecoin-Zahlungen weltweit zugänglicher zu machen. Das Unternehmen hat bereits in Lateinamerika einen Dienst eingeführt, der es Verbrauchern in sechs Ländern, darunter Mexiko und Argentinien, ermöglicht, mit Stablecoins zu bezahlen. Visa arbeitet zudem mit Bridge an einer globalen Kartenausgabe, die Stablecoin-Guthaben mit Visa-Karten verknüpft, wodurch Nutzer ihre digitalen Währungen bei allen 150 Millionen Visa-akzeptierenden Händlern weltweit ausgeben können.
Mastercard
Mastercard hat umfassende End-to-End-Funktionen für Stablecoin-Transaktionen entwickelt und Partnerschaften mit OKX und Nuvei angekündigt. Das Unternehmen hat zudem ein Multi-Token-Netzwerk (MTN) eingeführt, das auf digitale Assets und Blockchains ausgerichtet ist und Sicherheit, Skalierbarkeit und Interoperabilität für Transaktionen bieten soll. Darüber hinaus plant Mastercard, Bitcoin und andere Kryptowährungen in sein Zahlungsökosystem zu integrieren, was seinen 3,5 Milliarden Karteninhabern ermöglichen würde, nahtlos mit digitalen Vermögenswerten zu handeln.
Stripe
Stripe hat seine Stablecoin-Strategie mit der Übernahme von Bridge für 1,1 Milliarden Dollar im Februar 2025 erheblich ausgebaut. Das Unternehmen hat kürzlich “Stablecoin Financial Accounts” eingeführt, die es Unternehmen in 101 Ländern ermöglichen, Guthaben in US-Dollar-gestützten Stablecoins zu halten, Gelder über Krypto- und Fiat-Kanäle zu empfangen und digitale Dollars weltweit zu versenden. Stripe unterstützt zunächst USDC und USDB und plant, weitere Stablecoins hinzuzufügen. Diese Initiative soll besonders Unternehmern in Schwellenländern helfen, sich gegen Inflation abzusichern und leichter Zugang zur globalen Wirtschaft zu erhalten.
Meta
Meta erkundet aktuell die Nutzung von Stablecoins für Auszahlungen, insbesondere an Content-Creator auf seinen Plattformen wie Instagram. Das Unternehmen hat Ginger Baker als Vice President of Product eingestellt, die Erfahrung im Fintech- und Kryptobereich mitbringt. Meta befindet sich derzeit in einer “Lernphase” und evaluiert verschiedene Stablecoin-Optionen, ohne sich auf einen einzelnen Anbieter wie Circle’s USDC festzulegen. Die Gespräche konzentrieren sich auf die Nutzung von Stablecoins für kleine Auszahlungen von etwa 100 Dollar an Creator in verschiedenen Regionen, um die Kosten und Verzögerungen bei traditionellen Fiat-Überweisungen zu reduzieren.
World Liberty Financial
World Liberty Financial, das von Donald Trump und seinen Söhnen gegründete Krypto-Unternehmen, hat im März 2025 seinen Stablecoin USD1 vorgestellt. Das Unternehmen hat kürzlich einen Vorschlag eingebracht, eine kleine Menge seines US-Dollar-gekoppelten Stablecoins an bestehende WLFI-Token-Inhaber zu verteilen, um den Airdrop-Mechanismus zu testen. Mit über 99% der Stimmen bereits zugunsten des Vorschlags soll dieser Airdrop als Dankeschön an frühe Unterstützer dienen und sie mit USD1 vertraut machen. World Liberty Financial hat durch zwei öffentliche Token-Verkäufe bereits 550 Millionen Dollar von 85.000 registrierten Inhabern eingenommen.
Ripple
Ripple hat mit seinem Stablecoin RLUSD, der im Dezember 2024 von der New York State Department of Financial Services (NYDFS) genehmigt wurde, seine Position im Krypto-Markt weiter ausgebaut. Der vollständig durch US-Dollar-Einlagen, Staatsanleihen und liquide Mittel gedeckte Stablecoin ist sowohl auf der XRP Ledger als auch auf der Ethereum-Blockchain verfügbar. Mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von über 300 Millionen US-Dollar und ist RLUSD noch ein Winzling. Ripple hat strategische Partnerschaften mit zahlreichen globalen Krypto-Börsen geschlossen, darunter Uphold, Bitstamp, Bitso, MoonPay und CoinMENA, um die weltweite Verbreitung zu fördern.
Das Geschäftsmodell von Stablecoins
Was macht Stablecoins und insbesondere an den US-Dollarkurs gebundene Krypto-Token so besonders? Kursentwicklungen gibt es bei ihnen (hoffentlich) keine, gute Stablecoins bleiben immer 1:1 im Verhältnis zum US-Dollar. Aber: Wenn Stablecoin-Anbieter wie Tether oder Circle USDT oder USDC an andere Firmen ausgeben, bekommen sie echte Dollars (oder Äquivalente) dafür. Und dieses Geld können sie für sich arbeiten lassen, indem es etwa in zinstragende Anlagen wie Staatsanleihen oder Geldmarktfonds gesteckt wird. Tether bescherte das massive Gewinne.
Weiters interessant für Unternehmen: Stablecoins können im internationalen Geldverkehr dazu dienen, hohe Transaktionsgebühren zu verhindern. Wird Geld auf traditionellem Wege überwiesen, dann halten Banken oder Anbieter von Auslandsüberweisungen wie MoneyGram oder Western Union die Hand auf und kassieren teilweise dicke Provisionen für ihre Dienstleistung. Per Stablecoin geht das günstiger, weil im Prinzip nur die Transaktionsgebühr auf der Blockchain zu bezahlen ist.
Für die Abnehmer von Stablecoins gibt es auch Vorteile. Unternehmen, die in vielen verschiedenen Ländern tätig sind, könnten etwa das Bezahlen von Löhnen in Form von Stablecoins umsetzen. In Verbindung mit einer Bezahlkarte ist es heute nicht mehr kompliziert, die Stablecoins auch im Alltag als Zahlungsmittel zu verwenden. Das ist vor allem in Ländern interessant, wo die Inflation davon galoppiert ist und lokale Währungen wie den argentinischen Pesos oder die türkische Lira entwertet haben. Digitale Dollar oder Euro könnten den Menschen in diesen Ländern lieber sein, um zu bezahlen oder bezahlt zu werden.