Gastbeitrag

Vom Zulieferer zum Mitgestalter: Wie Startups die Verteidigungsindustrie verändern

Digitale Transformation. © PTC
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Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Jens Stephan, Director Aerospace & Defence bei PTC, bringt über 20 Jahre Erfahrung im Bereich komplexer Software-/SaaS-Lösungen und IT-Infrastruktur mit.

Die Raumfahrt und die Verteidigungsindustrie galten lange als exklusive Domäne etablierter Großkonzerne. Doch das ändert sich. Mit Unternehmen wie Isar Aerospace, Unmanned Systems, Reflex Aerospace oder Helsing ist eine neue Generation an Startups entstanden, die mit technologischer Innovationskraft und Agilität selbstbewusst in Märkte vordringt, die bisher durch Größe, Langfristigkeit und regulatorische Hürden geprägt waren.

Neue Akteure verändern die gewohnten Strukturen, und damit entsteht eine zentrale Frage: Wie gelingt es jungen Unternehmen, in einem hochregulierten Umfeld nicht nur mitzuspielen, sondern selbst Standards zu setzen?

Geschwindigkeit entscheidet

Im Verteidigungs- und Raumfahrtsektor ist Zeit gleichbedeutend mit Sicherheit. Wer schneller entwickelt, validiert und produziert, verschafft sich nicht nur Marktvorteile, sondern auch operative Relevanz. Gerade in sicherheitskritischen Kontexten muss Geschwindigkeit jedoch mit höchster Zuverlässigkeit und regulatorischer Konformität einhergehen.

Das gilt insbesondere für Startups, die ambitioniert auftreten, aber oft noch keine tief verankerten Prozesse für Qualitätssicherung, Systemintegration oder Zertifizierung vorweisen können. Die gute Nachricht dabei ist: Digitale Technologien senken heute die Eintrittshürden in der Branche drastisch – vorausgesetzt, sie werden strategisch eingesetzt.

Der Digital Thread als Game Changer

Ein zentraler Hebel ist der Digital Thread. Er stellt sicher, dass sämtliche relevanten Produktdaten über den gesamten Lebenszyklus hinweg manipulationssicher, rückverfolgbar und interoperabel dokumentiert sind. Gerade bei Software-Defined Defense ist das unerlässlich, etwa um Sicherheitsupdates zeitnah und auditierbar bereitzustellen oder Zulassungen für unbemannte Systeme zu vereinfachen.

Für Startups bedeutet das: Wer von Anfang an mit einem Digital-Thread-Ansatz arbeitet, schafft die strukturelle Grundlage, um schnell skalierbare, zertifizierbare und interoperable Produkte zu entwickeln, sei es in der Drohnentechnologie, Satellitenkommunikation oder bei Trägersystemen.

© Jens Stephan
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Regulatorische Sicherheit beginnt beim Engineering

Die regulatorischen Anforderungen im Defense- und Aerospace-Sektor gehören zu den strengsten der Welt. ITAR, EAR, ISO 15288, ISO 27001, DIN EN 9100 – das Alphabet der Normen ist lang und erfordert von Unternehmen ein tiefes Verständnis für strukturiertes Systems Engineering, revisionssichere Dokumentation und integrierte Sicherheitsmechanismen.

Dabei geht es nicht nur um die Einhaltung von Regeln, sondern um deren digitale Verankerung in den Entwicklungsprozessen. Nur wer Produktarchitekturen modellbasiert denkt, Stichwort Model-Based Systems Engineering (MBSE), und seine Konfigurationsdaten durchgängig nachvollziehbar aufbaut, kann in internationalen Großprojekten langfristig bestehen.

Interoperabilität als Voraussetzung für Marktzugang

Gerade im Verteidigungsbereich ist Zusammenarbeit essenziell: mit Partnern, Zulieferern und NATO-Strukturen. Doch viele Startups unterschätzen, wie entscheidend standardisierte Schnittstellen und interoperable Plattformarchitekturen für den Marktzugang sind. Wer geschlossene Lösungen entwickelt, läuft Gefahr, sich selbst aus wichtigen Programmen auszuschließen.

Ein Digital Thread schafft hier nicht nur Transparenz, sondern auch die strukturellen Voraussetzungen für Interoperabilität. Damit wird er zur Eintrittskarte für Projekte wie FCAS, MGCS oder internationale Drohnenprogramme.

Vom Use Case zum Standard

Startups, die frühzeitig mit etablierten Partnern zusammenarbeiten, können ihre Lösungen in realen Einsatzszenarien validieren, und damit nicht nur Referenzen schaffen, sondern auch Einfluss auf die entstehenden Standards nehmen. Erfolgsentscheidend ist dabei weniger das einzelne Produkt, sondern die Fähigkeit, es sicher, skalierbar und integrationsfähig zu machen.

Fazit: Neue Akteure, neue Maßstäbe

In der Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie entstehen neue Kräfteverhältnisse, und Startups nehmen darin zunehmend Schlüsselrollen ein. Die Herausforderungen bleiben aber hoch: technische Komplexität, regulatorische Dichte, hohe Sicherheitsanforderungen. Doch wer diese Realität nicht als Barriere, sondern als Designvorgabe versteht, kann die Branche nachhaltig prägen.

Mit den richtigen Partnern, einer klaren Digitalstrategie und Technologien wie Application Lifecycle Management (ALM), Product Line Engineering (PLE) und einem durchgängigen Digital Thread haben Startups die Chance, vom agilen Zulieferer zum strategischen Mitgestalter zu werden und neue Maßstäbe für eine vernetzte, resiliente und souveräne Verteidigungsindustrie zu setzen.

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