Interview

Warum ist Österreich so stark am Web Summit 2024 vertreten, Amelie Groß?

Amelie Groß ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich: “Wir müssen den Fokus auf die Europäische Union legen, um größentechnisch mit Nationen wie China oder den USA mithalten zu können.“ © Trending Topics
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Am stark frequentierten Österreich-Stand der Außenwirtschaft am Web Summit, der größten Startup-Konferenz in Europa, stehen Kaffee, Mozartkugeln und Red Bull für die (internationalen) Gäste bereit. Die dort ausgestellte Doppelmayr-Gondel bietet einen guten Rückzugsort für Gespräche.

Dort trafen wir Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich, zum exklusiven Interview. Es ging darum, welches Ziel Österreich am Web Summit 2024 in Lissabon verfolgt, wie wichtig Spin-offs für Österreich sind und worauf es ankommt, damit die heimische Startup-Szene weiter wachsen und gedeihen kann.

Trending Topics: Welchen Agenden geht die österreichische Außenwirtschaft hier am Web Summit in Lissabon nach?

Amelie Groß: Wir sind hier hauptsächlich aus drei Gründen. Einerseits unterstützen wir heimische Startups, die Bestrebungen verfolgen, internationaler zu werden oder sich weiter von Österreich wegbewegen wollen. Es geht aber auch stark darum, aufzuzeigen, dass Österreich ein attraktiver Standort für junge internationale Tech-Startups ist. Gerade aus Spanien gibt es viele IT-Talente, die dann in Österreich Unternehmen aufbauen. Drittens geht es darum, das Land für internationale Arbeitnehmer:innen attraktiv zu positionieren.

Am Web Summit haben wir im Vergleich mit anderen Ländern wirklich eine große Präsenz. Österreich ist einfach eine Exportnation, und als Wirtschaftskammer ist es unser höchstes Ziel, unsere Unternehmen zu unterstützen.

Ist Österreich dieses Jahr extra groß aufgestellt oder bemüht ihr euch jedes Jahr um eine so starke Positionierung?

Unser Auftritt ist über die Zeit gewachsen. Wir sehen, dass die österreichischen Unternehmen ein extrem großes Interesse an Tech-Konferenzen wie dieser haben. Für sie ist der Web Summit ein Traum, weil sie sich mit allem auseinandersetzen können, was gerade aktuell ist, wie zum Beispiel künstliche Intelligenz. So gibt es immer bemerkenswert hohe Anmeldezahlen bei diesen Reisen, vom EPU bis zum Konzern.

Warum sind dieses Jahr nur 31 österreichische Startups dabei? Letztes Jahr waren es noch 41.

Die Startups müssen ihre Anreise selbst finanzieren, was eine gewisse Hürde darstellt. Trotzdem haben 31 Startups dieses Jahr einen Stand, was uns sehr freut. Dass es dieses Mal etwas weniger sind, hat keine besondere Bedeutung. Außerdem müssen sie sich für den Web Summit bewerben und anschließend akzeptiert werden. Eventuell haben die restlichen Bewerbungen nicht zu den 15 Themen-Tracks gepasst, die bei der diesjährigen Ausgabe im Vordergrund stehen. Dazu zählen etwa FinTech, Developers, Growth und New Energy.

Haben Spin-Offs in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen? Wie wertvoll sind sie generell für Österreich und wie lässt sich ihr Technologietransfer weiter fördern?

Ich denke, dass wir die großen Herausforderungen der Menschheit, wie den Klimawandel, nicht durch herkömmliche Wege in den Griff bekommen werden. Deshalb braucht es Innovation, und die kommt ganz oft aus den Universitäten. Es gilt also, einen starken Schwerpunkt darauf zu legen und sicherzustellen, dass sie genügend finanzielle Mittel zur Verfügung haben.

Gibt es außer Spin-Offs im Startup- und Scaleup-Bereich weitere Trendsektoren, die von der Außenwirtschaft Österreich identifiziert wurden?

Österreich hat traditionell eine starke Position im Green-Tech-Bereich. Das bestätigen uns auch viele internationale Delegationen, die sich für dieses Thema interessieren. Gleichzeitig gibt es erfolgreiche Fintech-Unternehmen wie Bitpanda, die Innovationen anziehen und Gründungen inspirieren. Auch der Health-Sektor wird immer größer. Und dann wird das Portfolio von kreativen Neugründungen ergänzt, wie etwa Antless aus Graz, der als DJ Ambient-Music für Corporates mixt und auch hier am Austria@WebSummit-Stand auflegt.

Eines der für mich spannendsten österreichischen Unternehmen am diesjährigen Web Summit ist das Wiener PropTech-Startup Gropyus. Mit ihren nachhaltigen und leistbaren Holz-Hybrid-Mehrfamilienhäusern nehmen sie sich einem der drängendsten Probleme unserer Zeit an. Mit diesem Mix sind wir in Österreich sehr gut aufgestellt.

Was müsste sich in Zukunft für Österreich verändern – sowohl von den politischen als auch regulatorischen Rahmenbedingungen – damit die Startup-Szene weiter wachsen und gedeihen kann?

Da gibt es viele kleine Schrauben, an denen man drehen kann. Eine von ihnen ist definitiv der dringend notwendige Bürokratie-Abbau. Aber das Allerwichtigste ist das Thema Finanzierung. Unternehmen und Startups in Europa finden einfach ganz andere Rahmenbedingungen vor, etwa was Venture Capital betrifft, als zum Beispiel jene in den USA. Wenn es ein Thema gibt, das die EU angehen sollte, dann wäre das die Kapitalmarktunion. Venture-Capital-Finanzierungen müssen auch grenzüberschreitend zugänglich sein. Wir sollten nicht im Nationalstaatendenken verharren, sondern uns überlegen, wie wir uns als Europäische Union positionieren können.

Dass nun viele der neuen Technologien außerhalb der Europäischen Union entwickelt werden, ist in Wahrheit eine Katastrophe. Es liegt alles daran zu setzen, dass wir uns hier weiterentwickeln. Genau dafür ist der Web Summit so wichtig, weil er ein starkes Zeichen dafür setzt, dass es auch Technologie in Europa vorangetrieben wird. Es passiert nicht alles nur in den USA. Die Konferenz ist der perfekte Ort, um das zu zeigen.

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