Medien-Start-up

Blendle-Gründer: „Wenn die Schlagzeile zu viel verspricht, verlangen die Menschen das Geld zurück“

Blendle-Gründer Marten Blankesteijn (rechts im dunkelblauen Pulli) und sein Team. © Leonard Fäustle
Blendle-Gründer Marten Blankesteijn (rechts im dunkelblauen Pulli) und sein Team. © Leonard Fäustle
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Die erst 2013 von den Niederländern Marten Blankesteijn und Alexander Klöpping gründete Firma Blendle ist, das kann man locker behaupten, das Medien-Start-up des Jahres 2015. Das Grundprinzip: Blendle ist quasi ein „iTunes für Artikel“, wo man einzelne Berichte, Reportagen oder Storys von verschiedenen Medien kaufen kann – in der Regel zahlt man zwischen 40 und 70 Cent pro Artikel. Blendle hat mit der New York Times und Axel Springer zwei potente Investoren und dieses Jahr erfolgreich den Deutschlandstart hingelegt. 2016, so die Anzeichen, werden auch viele österreichische Medien ihren Content via Blendle verkaufen – etwa der „Kurier“ oder die Styria („Die Presse“, „Wirtschaftsblatt“, „Kleine Zeitung“) haben Interesse bekundet. Im Interview mit TrendingTopics.at spricht Blendle-Gründer und CEO Blankesteijn über den österreichischen Markt, den Trend zu Distributed Content und die Analyse der Nutzerdaten für ein personalisiertes Leseerlebnis.

Mit „profil“ hat Blendle den ersten österreichischen Medienpartner? Kann man schon sagen, wie es für das Nachrichtenmagazin läuft?

Marten Blankesteijn: „profil“ ist erst seit Kurzem auf Blendle, aber bis jetzt läuft es sehr, sehr gut. Geschichten von Profil haben es bereits auf die oberen Plätze in den wöchentlichen Charts der meist gelesenen Geschichten auf Blendle geschafft, die jede Woche auf Meedia veröffentlicht werden. Was auch interessant ist: Ein hoher Prozentsatz der Leser von „profil“ kommen aus Deutschland und der Schweiz. Das zeigt, das „profil“ eine tolle Bereicherung für alle deutschsprachigen Blendle-Nutzer ist, nicht nur für Österreicher selbst.

Können österreichische Nutzer 2016 damit rechnen, dass weitere österreichische Medien bei Blendle verfügbar sein werden? Und wenn ja, können Sie schon verraten, welche Titel dabei sein werden?

Wir befinden uns in sehr produktiven Gesprächen mit allen großen Verlagen Österreichs. Aber die größten Entwicklungen für Blendle werden 2016 der Launch in den USA und unsere weitere Entwicklung in Deutschland. Das sind unsere Hauptaufgaben, vor allem zu Beginn des neuen Jahres.

Wie schätzen Sie den österreichischen Markt generell ein? Anders als in Deutschland gibt es hier keine wirkliche Paywall-Kultur, die großen News-Portale sind allesamt kostenlos verfügbar.

Ich bin sehr fasziniert vom österreichischen Zeitungsmarkt: die Zeitungsdichte ist einzigartig in ganz Europa und fast überall in der Welt. Natürlich gibt es heute in Österreich noch vieles kostenlos zu lesen. Aber viele der besten Geschichten sind versteckt. Sie landen nie im Internet, können nur mit Abo gelesen werden oder werden erst Tage oder Wochen später ins Internet gestellt. Das ist also eine miese Situation für Leser und Verleger. Deswegen wollen wir den Zugang zu Qualitätsjournalismus lächerlich einfach und hübsch machen — auf eine Art und Weise, die sowohl für Leser und Journalisten fair ist. Denn etwas gilt für den österreichischen Markt wie für alle anderen: Modelle, die einzig auf Werbung basiert sind, funktionieren einfach nicht.

Wenn ein Verlag bei Blendle mitmachen will – welche Inhalte muss man liefern, welche Stories haben eine hohe Chance, von den Nutzern gekauft zu werden?

In unseren wöchentlichen Charts auf Meedia siehst du schnell, dass Geschichten mit Substanz, guter Recherche und guter Schreibe am besten funktionieren. Eine unserer erfolgreichsten Geschichten kürzlich war ein unglaublich witziges Interview mit Jan Böhmermann, dem TV-Star, genau so wie eine großartige, monatelange Recherche dazu, wie der Klimavertrag in Paris vorbereitet wurde. Es gibt auch andere Geschichten, die gut geklickt werden, aber wenn die Schlagzeile zu viel verspricht, verlangen die Menschen das Geld zurück. Diese Geschichten haben also kaum Chancen auf Blendle, Clickbait funktioniert hier einfach nicht.

Warum gibt es bei Blendle keine Flatrate?

Eine Flatrate war aus Nutzersicht und aus Verlegersicht bisher nicht interessant, deswegen haben wir uns darauf nicht konzentriert.

Glauben Sie, dass sich ein digitales Magazin oder ein Journalist ausschließlich über Blendle finanzieren lassen könnte?

In Zukunft natürlich. Für Leser ist Blendle ein riesiger Vorteil, sie lieben es, dass sie nur einen Account für alle Qualitätszeitungen und -Magazine brauchen. Aber Blendle bietet natürlich auch einen riesigen Vorteil für die Journalisten: Sie müssen sich nicht selbst teure Bezahlangebote oder Werbeverkaufsabteilungen aufbauen.

Blendle ist Teil des Trends zu Distributed Content, wo Medieninhalte z.B. auch bei Facebook oder Snapchat an Tech-Plattformen ausgelagert werden. Schadet das nicht den Web-Plattformen der Verlage, wenn die Leser anderswo Geld ausgeben und Content konsumieren?

Wir schauen uns das vor allem aus Nutzersicht an: Nutzer lieben es, dass sie mit einem Account auf alle Geschichten ihrer Lieblingspublikationen zugreifen und neue entdecken können. Und was gut für Leser ist, wird sich für Verleger auszahlen. Deswegen arbeiten wir mit allen großen Verlagen Deutschlands und einigen der größten Verlage weltweit. Denn wir haben das nur für den Journalismus gebaut. Auf Blendle geht es ausschließlich um großartigen Journalismus, und der ist nicht einfach eine nette Beilage.

Können auch Blogger oder freie Journalisten auf die Plattform? Oder muss es immer ein Titel aus einem Verlag sein?

Wir arbeiten bereits mit Freelance-Journalisten. Die niederländische Freelancer-Vereinigung veröffentlicht beispielsweise Artikel auf Blendle. In Deutschland wird es bald ähnliche Entwicklungen geben.

Derzeit sind hauptsächlich Qualitätsmedien auf Blendle vertreten. Funktioniert das Modell für Boulevard nicht?

Doch, absolut. Bild am Sonntag ist dafür ein gutes Beispiel. Die sind sehr erfahren, einzigartigen Journalismus zu machen, der bei einem breiten Publikum ankommt, und für den es schon immer gerne bezahlt hat. Darum haben sie auch keine Probleme, auf Blendle Leser zu finden.

Wie sieht das Business-Modell von Blendle selbst aus? Wie viel Prozent nimmt Blendle vom Kaufpreis eines Artikels?

Blendle bekommt 30 Prozent, der Publisher 70 Prozent.

Analysiert Blendle das Leseverhalten der User, um ihnen in Folge passenden Content vorschlagen zu können?

Ich liebe diese Frage! Discovery ist ein sehr wichtiger Teil von Blendle. Da werden wir im neuen Jahr einige sehr spannende Dinge an den Start gehen. Momentan arbeiten wir daran, unsere täglichen Newsletter auf jeden einzelnen Nutzer zuzuschneiden. Es werden auch in Zukunft alle Empfehlungen von unseren eigenen Journalisten ausgewählt, aber wir schicken dann die, die dir am ehesten gefallen. Dazu schauen wir uns an, welche Themen dir gefallen, welche Titel du oft liest und einige andere Dinge, die ich hier nicht verrate. Wir testen das intern bereits, und es ist richtig, richtig cool.

Blendle lässt sich mit Twitter und Facebook verknüpfen. Zeigt sich, dass Nutzer eher Inhalte lesen, wenn Sie von Social-Kontakten empfohlen werden?

Sorry, da habe ich keine Infos für dich.

Wird es bei Blendle einmal mehr als „nur“ Textartikel geben? Der Video-Bereich, Podcasts oder Virtual-Reality-Reportagen wären doch auch interessant.

Da gibt es momentan nichts anzukündigen, aber ich kann dir sagen, dass Blendle für großartigen Journalismus jeder Art interessant ist.

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