Gastbeitrag

Crowdfunding: Novelle des AltFG macht alternative Finanzierungen für Startups einfacher

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Im Hype um Cryptocurrencies ist es zuletzt etwas ruhiger geworden um das Thema Crowdinvesting. Nachdem die zwischenzeitliche Goldgräberstimmung rund um Bitcoin und Co spürbar zurückgegangen ist und zahlreiche ICOs abgesagt wurden, rücken andere Finanzierungsformen wieder stärker in den Fokus von Startups. Das betrifft insbesondere Finanzierungen nach dem AltFG (Alternativfinanzierungsgesetz).

Dessen Finanzierungsinstrumente eignen sich besonders für Startups und KMU, weil Kapital von einem großen Personenkreis aufgenommen werden kann und die mit der Finanzierung verbundenen Kosten vergleichsweise gering sind. In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmen noch gegen AltFG-Finanzierungen entschieden. Das lag vor allem an der unklaren Abgrenzung zwischen dem AltFG und dem – wesentlich strengeren – Kapitalmarktgesetz (KMG). Fehler bei der Ausgestaltung der Finanzierung konnten zu hohen – sogar gerichtlichen – Strafen führen. Jetzt hat der Gesetzgeber (endlich) reagiert und die Anwendungsbereiche der beiden Gesetze klar abgegrenzt.

Geänderter Anwendungsbereich des AltFG

Im Vorfeld der neuen EU-Prospektverordnung – diese gilt ab Mitte 2019 europaweit – hat der österreichische Gesetzgeber das Zusammenspiel von AltFG und KMG deutlich vereinfacht. Nach der alten Rechtslage gab es im AltFG sogenannte „alternative Finanzinstrumente“. Der Begriff hat sich inhaltlich aber mit den Kategorien der „Veranlagungen“ und „Wertpapiere“ im KMG überschnitten. Mit einer aktuellen Novelle hat der Gesetzgeber die „alternativen Finanzinstrumente“ aus dem AltFG gestrichen und verweist dort stattdessen auf die Begriffe im KMG.

Der sachliche Anwendungsbereich des AltFG umfasst somit Finanzierungen durch ein öffentliches Angebot über Wertpapiere oder Veranlagungen im Sinne des KMG, die wegen des Unterschreitens der Wertgrenzen von der Prospektpflicht des KMG ausgenommen sind. Im Ergebnis unterscheiden sich die Anwendungsbereiche von KMG und AltFG daher nur noch durch bestimmte Wertgrenzen. Komplexe Abgrenzungsfragen zwischen KMG und AltFG gehören der Vergangenheit an.

Die im AltFG bisher abschließend aufgezählten „alternativen Finanzinstrumente“ verbleiben zwar auch weiterhin in dessen Anwendungsbereich, allerdings nur solange diese als Wertpapiere oder Veranlagungen einzustufen sind. In der Vergangenheit wurde beim Crowdinvesting das Kapital meistens mit qualifizierten Nachrangdarlehen gesammelt. Dabei handelt es sich nach den Begriffen des novellierten AltFG für gewöhnlich um eine Veranlagung iSd KMG. Ob diese dem AltFG oder dem KMG unterliegt, richtet sich nun ausschließlich nach den Wertgrenzen.

Außerdem wurde der persönliche Anwendungsbereich des AltFG stark ausgeweitet. Bisher mussten KMU das eingesammelte Kapital unmittelbar für ihr operatives Geschäft verwenden. Konzessionsträger – wie zB Banken, Versicherungen oder Wertpapierfirmen – waren ausgeschlossen und durften keine Emissionen nach dem AltFG ausgeben. Diese Einschränkungen wurden nun beseitigt. Ab jetzt profitieren alle Emittenten unterhalb der Prospektschwelle des KMG vom erleichterten Regime des AltFG, wenn sie Wertpapiere oder Veranlagungen begeben. Das eingesammelte Geld kann flexibler eingesetzt werden als bisher, es bestehen keine gesetzlichen Einschränkungen mehr.

Neue Wertgrenzen

Unter der Grenze von 250.000 Euro entfällt die Prospektpflicht künftig sowohl für Wertpapiere als auch für Veranlagungen vollständig. Das bedeutet, dass unter dieser Schwelle keine Informationspflichten mehr bestehen (bislang lag diese Schwelle bei 100.000,– Euro). Angebote von Wertpapieren oder Veranlagungen mit einem Gesamtgegenwert von jeweils bis zu zwei Millionen Euro unterliegen dem AltFG. Diese Wertgrenze gilt im Gegensatz zur alten Rechtslage aber nicht mehr pro Angebot. Es sind stattdessen alle Angebote nach AltFG eines Unternehmens in den letzten zwölf Monaten heranzuziehen.

Unternehmen ist es durch die Gesetzesnovelle möglich, innerhalb von zwölf Monaten durch Emissionen bis zu vier Millionen Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen, ohne unter die strenge Prospektpflicht des KMG zu fallen. Damit die Prospektpflicht jedoch nicht missbräuchlich umgangen wird – zum Beispiel durch die jährliche Ausgabe von Veranlagungen knapp unter der Wertgrenze – hat der Gesetzgeber eine zusätzliche Schutzvorkehrung getroffen: Auch die Emission von Veranlagungen, deren aushaftender Betrag binnen sieben Jahren fünf Millionen Euro übersteigt, ist prospektpflichtig. Unternehmen müssen außerdem, wenn sie nicht aus dem Anwendungsbereich des AltFG fallen wollen, den absoluten Grenzwert von fünf Millionen Euro pro Jahr beachten. Ab dieser Schwelle ist das KMG anwendbar. Dabei sind alle Veranlagungen und Wertpapiere nach dem AltFG, vereinfachte Angebote nach dem KMG sowie Angebote, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nach der europäischen Prospektverordnung prospektfrei begeben werden, einzubeziehen.

Neue Wertgrenze jeweils für einen Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten Wertpapiere Veranlagungen
Unter 250.000 Euro Keine Prospektpflicht Keine Prospektpflicht
Ab 250.000 bis 2.000.000 Euro Informationsblatt nach dem AltFG Informationsblatt nach dem AltFG (Ausnahme: aushaftender Betrag überschreitet binnen 7 Jahren EUR 5.000.000)
Ab 2.000.000 bis 5.000.000Euro KMG-Prospekt samt Prospektbilligung durch die FMA (Inland); optional EU-Prospekt Vereinfachter KMG-Prospekt gemäß Schema F oder Prospekt nach Schema C

Zusammenrechnung

Für das Zusammenrechnen der Emissionen im Rahmen der anwendbaren Wertgrenzen ist § 3 AltFG maßgeblich. Der Gesetzgeber gibt dafür folgende Beispiele:

  • Beispiel 1: A macht am 1.1. ein öffentliches Angebot über 900.000 Euro nach dem AltFG, der Angebotszeitraum ist am 1.2 ausgelaufen. A nimmt im Rahmen dieses öffentlichen Angebots 700.000 Euro ein. Am 1.3. macht A ein zweites öffentliches Angebot, diesmal über 1,2 Millionen Euro, der Angebotszeitraum endet am 1.4. Eine Zusammenrechnung mit den bereits eingenommen 700.000 Euro ergibt einen Betrag von 1,9 Millionen Euro, also einen Betrag unterhalb der Schwelle von zwei Millionen Euro. Das Angebot kann somit nach AltFG erfolgen. A nimmt aus diesem öffentlichen Angebot 1,2 Millionen Euro ein. Am 1.5. macht A ein drittes öffentliches An- gebot über 50.000,– Euro. Zusammengerechnet mit den bereits eingenommenen 1,9 Millionen Euro ergibt dies einen Betrag von 1,95 Millionen Euro, also einen Betrag unterhalb der relevanten Schwelle. Das Angebot kann weiterhin nach den Bestimmungen des AltFG erfolgen. A nimmt aus diesem öffentlichen Angebot 50.000 Euro ein. Am 1.6. macht A ein viertes öffentliches Angebot über 2,5 Millionen Euro, somit über der Betragsschwelle von zwei Millionen Euro, der Angebotszeitraum endet am 1.6. Auf dieses Angebot ist das KMG anzuwenden, die einschlägigen Pflichten des Emittenten ergeben sich aus dem KMG. Am 1.7. macht A ein fünftes öffentliches Angebot, diesmal über 60.000 Euro. Eine Zusammenrechnung mit den bereits eingenommen 1,95 Millionen Euro aus den ersten drei Angeboten – das vierte Angebot erfolgte nach dem KMG und ist daher bei der Zusammenrechnung nicht zu berücksichtigen – ergibt einen Betrag von 2,01 Millionen Euro, also einen Betrag über der Schwelle von zwei Millionen Euro. Auf das fünfte Angebot ist daher das KMG anzuwenden.
  • Beispiel 2: Emittent B macht am 1.1. ein öffentliches Angebot über Wertpapiere über 1,5 Millionen Euro nach dem AltFG, wobei der Angebotszeitraum am 1.2. endet. B nimmt aus diesem öffentlichen Angebot eine Million Euro ein. Am 1.3. macht er ein zweites öffentliches Angebot über Wertpapiere, diesmal über 800.000 Euro nach dem AltFG. Der Angebotszeitraum endet am 1.4, wobei B aus diesem öffentlichen Angebot 800.000 Euro einnimmt. Zusammen mit den bereits eingenommenen eine Million Euro ergibt dies einen Betrag von 1,8 Millionen Euro. Am 1.5. macht B ein drittes öffentliches Angebot über Wertpapiere über 2,4 Millionen Euro. Dieses übersteigt den Schwellenwert des AltFG, weshalb es dem KMG unterliegt. B erstellt einen vereinfachten Prospekt gemäß der Anlage F. Der Angebotszeitraum endet am 1.6., wobei B 2,4 Millionen Euro aus diesem öffentlichen Angebot einnimmt. In Summe ergibt dies einen Betrag von 4,2 Millionen Euro. Am 1.7. macht B ein viertes öffentliches Angebot, diesmal über Veranlagungen über 900.000 Euro. Da B mit diesem Angebot die absolute Schwelle von fünf Millionen Euro übersteigt, unterliegt dieses Angebot gemäß § 3 Abs 1 Z 3 AltFG nicht mehr dem AltFG, obwohl er die Wertgrenze von zwei Millionen Euro für Veranlagungen nicht erreicht. B hat daher für dieses öffentliche Angebot einen KMG-Prospekt nach Schema C zu erstellen.

Pflichten nach dem AltFG

Bei Emissionen nach dem AltFG sind auch nach der Novelle weiterhin die sonstigen aufsichtsrechtlichen Beschränkungen einzuhalten. § 1 Abs 2 AltFG etwa bestimmt ausdrücklich, dass das Bankwesengesetz (BWG) und das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2018) zu beachten sind. Das bedeutet, dass alternative Finanzierungen auch weiterhin so ausgestaltet sein müssen, dass sie zum Beispiel nicht unter den Tatbestand des Einlagengeschäfts – das Banken vorbehalten ist – fallen.

Will ein Emittent eine AltFG-Finanzierung begeben, muss dieser zwingend ein standardisiertes Informationsblatt veröffentlichen. Dadurch soll ein Mindestmaß an Transparenz geschaffen und so der Anlegerschutz gestärkt werden. Das Informationsblatt muss unter anderem Auskunft geben über

  • den Emittenten,
  • das geplante Projekt,
  • die Hauptmerkmale des Angebots-Verfahrens und die Bedingungen für die Kapitalbeschaffung,
  • das Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen,
  • besondere Risikofaktoren,
  • Anlegerrechte,
  • sowie über Gebühren, Informationen und Rechtsbehelfe.

Ferner ist weiterhin die Einzelanlagebeschränkung pro Anleger zu beachten. Ein Emittent darf von einem Anleger innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten höchstens 5.000 Euro pro Emission einsammeln. Eine Ausnahme gibt es für professionelle Anleger und juristische Personen, sofern diese nicht als Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes zu qualifizieren sind. Unverändert gilt aber, dass die Höchstgrenze von 5.000 Euro überschritten werden darf, wenn der Anleger bestätigt, dass er maximal das Doppelte seines monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens, gerechnet über zwölf Monate, oder höchstens zehn Prozent seines Finanzanlagevermögens investiert.

Ausblick

Im Ergebnis ist Crowdinvesting in Österreich deutlich einfacher und attraktiver geworden, weil aufgrund der klaren Abgrenzung zum KMG endlich Rechtssicherheit für die Emittenten besteht. Es ist dies aber nicht die einzige Initiative des Gesetzgebers, den Kapitalmarkt attraktiver zu gestalten. So wird mit der Prospekt-VO ab Juli 2019 auch der „Wachstumsprospekt“ eingeführt, wodurch der Verwaltungsaufwand und die Kosten im Hinblick auf das Erstellen eines Prospekts für KMU deutlich gesenkt werden sollen. Weiters sollen die Zulassungsvorschriften für den Dritten Markt an der Wiener Börse reformiert werden und so auch dieser für KMU geöffnet werden. Es bieten sich somit für Startups und KMU immer mehr attraktive Alternativen zur Finanzierung.

Dieser Gastbeitrag wurde von Rechtsanwalt Martin Kollar und Rechtsanwaltsanwärter Martin Pichler von Brandl & Talos Rechtsanwälte verfasst. Weitere Informationen finden sich in den BTP Guideline Kapitalmarktfinanzierungen.

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