Bitcoin und Co: 7 Gründe, warum der Crypto-Blase die Luft ausgeht
Vor einem Jahr war es der große Hype, der die digitale Welt in Atem hält, dieses Jahr sind es dramatische Kursstürze. Kryptowährungen sind am Boden der Realität angekommen, Euphorie, Geschichten über Bitcoin-Millionäre und boomende Krypto-Startups sind ratlosen Gesichtern und Panikverkäufen gewichen. All jene, die die größte Blase der Wirtschaftsgeschichte vorausgesagt haben, sehen sich nun bestätigt. Schon hört man, dass Unternehmen die Wörter “Crypto” und “Blockchain” lieber nicht mehr in den Mund nehmen, um nicht mit der geplatzten Blase in Verbindung gebracht zu werden.
Die Marktkapitalisierung aller an Exchanges gehandelten Krypto-Assets liegt nur mehr bei rund 140 Milliarden Dollar. Das sind etwa 100 Mrd. Dollar weniger als noch vor einem Jahr (ca. 245 Mrd Dollar), als der Hype so richtig losgetreten wurde. Seit dem Höchststand im Jänner (830 Mrd. Dollar) hat der Markt mehr als 80 Prozent seines virtuellen Wertes verloren. Zum Vergleich: Vom “Schwarzen Freitag” 1929 angefangen bis 1932 lösten sich fast 90 Prozent des US-Aktienvermögens in Luft auf, die Folge war die größte Weltwirtschaftskrise aller Zeiten.
1. Leere Versprechen
Uns ist eine neue Ära des Internet versprochen worden, doch nur wenig wurde gehalten. Blockchain-Startups schickten sich an, ganze Branchen zu revolutionieren und sammelten dafür hunderte Millionen Dollar ein. Geliefert haben sie wenig bis gar nichts, und die Werte ihrer Token sind in den Keller gefallen. Ob TenX, Envion, Tezos, Savedroid, Blocklancer oder Status – all diese und viele andere Projekte (mit einigen Ausnahmen wie Herosphere) haben ihren Token-Holdern bis dato nicht das geliefert, was ihnen versprochen wurde.
Stattdessen liest man von nicht gelieferten Kreditkarten, Rechtsstreitigkeiten unter den Machern, kruden Witzen und Apps, die nicht wirklich funktionieren oder noch in der Testphase stecken. Damit sind auch die Token, die sich viele für die Nutzung der versprochenen Dienste kauften, fast nichts mehr wert.
2. Zerrüttete Bitcoin-Community
Viele Jahre hat die Bitcoin-Community an dem Vorreiter-Netzwerk gearbeitet. Doch dann spaltete sich 2017 Bitcoin Cash ab und schufen plötzlich eine der größten neuen Kryptowährungen. Kürzlich dann der nächste Hard Fork: BitcoinABC und BitcoinSV rittern um die technische Nachfolge von BCH, niemand kann bis dato genau sagen, was sich durchsetzen wird oder kann (Trending Topics berichtete).
Diese Abspaltungen stellen schwer in Frage, wie viel Bitcoin überhaupt wert ist. Eines der wichtigsten Merkmale von BTC ist, dass die Menge auf 21 Millionen Stück begrenzt ist. Doch mit einem Fork entstehen plötzlich weitere 21 Millionen neue Coins – als würde man Geldscheine kopieren und ihnen einen fiktiven Wert geben.
+++ Krypto-Krieg zwischen ABC und SV zerreißt Bitcoin Cash +++
3. Betrügerische Angebote
Da es nur wenige Gesetze in vielen Ländern gibt, die Bitcoin und Co greifbar machen, gab es einen Wildwuchs an auch betrügerischen Angeboten. Die US-Börsenaufsicht SEC hat bereits dutzende ICOs abgesagt und Ermittlungen gegen unterschiedliche Firmen laufen, China hat ICOs komplett verboten. Selbst im kleinen Österreich mehrten sich die Fälle, in denen die Finanzmarktaufsicht (FMA) vor Anbietern wie Bitcoin Profit, Crypto Hedge Trading, manoco.io, ArbitraCoin, Invia oder The Crypto Genius warnte. Auch der Fall Optioment und der Verdacht auf schweren Betrug gegen die Krypto-Firma Cointed haben das Vertrauen vieler in den Krypto-Markt erschüttert.
+++ Hausdurchsuchung bei Cointed: Verdacht auf schweren Betrug gegen die Krypto-Firma +++
4. Undurchsichtige Vorgänge bei Tether
Wo kommt der Bitcoin-Hype überhaupt her? Wurde er gar künstlich erzeugt? Diese Vermutung hatte dieses Jahr bereits ein Forscherteam der University of Texas rund um Professor John Griffin in einem Forschungspapier angestellt. Ihnen zufolge könnte der Stablecoin Tether (USDT), der von den Betreiber der Exchange Bitfinex erstellt wurde, für Kursmanipulationen genutzt worden sein.
Das US-Justizministerium soll bereits einem Bericht von Bloomberg zufolge gegen Bitfinex und Tether ermitteln. Den Tether-Machern zufolge soll jeder USDT durch einen US-Dollar gedeckt sein, doch dies wurde nie wirklich bewiesen. Auffällig ist, dass immer wieder große Mengen an BTC mit USDT gekauft wurden – etwa, wenn die Preise wieder zu fallen begannen. Sollte USDT gar nicht mit echtem Fiatgeld gedeckt sein, dann hätten gefinkelte Betrüger wohl eine Kryptowährung ohne Wert erfunden, mit der dann der Bitcoin-Preis aufgepumpt wurde.Dass sich die Behörden Tether genauer ansehen, wirft zusätzlich ein schiefes Licht auf den Hype.
+++ Bitcoin-Höhenflug 2017 soll Ergebnis einer Manipulation gewesen sein +++
5. Kaum praktischer Nutzen
BTC, ETH oder EOS kann man kaufen, traden, hodeln, ein paar CryptoKitties erstehen – aber sonst? In einigen wenigen Shops offline wie online kann man Produkte und Dienstleistungen mit Bitcoin und Co bezahlen (in Wien etwa bei einem Goldhändler), doch das ist noch weit weg von Massentauglichkeit. Viele jener, die sich Krypto-Assets in der Trafik oder der Tankstelle kauften, sind darauf sitzen geblieben oder haben bereits versucht, sie wieder loszuwerden.
6. Wetten auf fallende Kurse
Wurden die so genannten Bitcoin Futures an den US-Terminbörsen CBOE und CME anfangs als weiteres Signal für das Erwachsenwerden des Krypto-Markts gefeiert, haben sie mittlerweile das Gegenteil bewirkt. Denn bei diesen Termingeschäften können Trader auch darauf wetten, dass die Kurse von Bitcoin wieder fallen und daraus Kapital schlagen – was immer mehr gerne tun.
Die Verschiebung des Starts von Bakkt Bitcoin Futures auf Jänner 2019 hat zu der schlechten Stimmung beigetragen. Bakkt ist eine Tochter der Intercontinental Exchange (ICE), die unter anderem die New York Stock Exchange (NYSE), die größte Wertpapierbörse der Welt, betreibt. Bakkt soll die erste Plattform werden, auf der Investoren physisch hinterlegte Bitcoin Futures handeln können. Das heißt: Sie müssen auch Bitcoin kaufen und verkaufen, um auf die Kurse wetten zu können.
7. Regierungen wollen selber Token ausgeben
In einer Aufsehen erregenden Rede hat Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IMF), kürzlich in Singapur einen neuen Trend beleuchtet. “Ich denke, wir sollten die Möglichkeit zur Ausgabe von digitaler Währung in Betracht ziehen. Es kann eine Rolle für den Staat geben, Geld für die digitale Wirtschaft bereitzustellen”, so Lagarde. Nicht nur Unternehmen und Stiftungen sollten Kryptowährungen ausgeben, sondern auch Zentralbanken – in Kanada, China, Schweden und Uruguay werde bereits daran gearbeitet. Das könnte private Anbieter zurückdrängen oder unattraktiver machen. In einem Whitepaper (PDF) diskutiert der IMF nun die Vor- und Nachteile von staatlichen Kryptowährungen.
+++ „Die Notenbanken werden die Digitalwährungen produzieren, die sich durchsetzen werden“ +++