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Blinde Frauen als Brustkrebs-Untersucherinnen: Discovering Hands hat es in Österreich schwer

Blinde Frauen können bei der Brustkrebs-Früherkennung helfen. © Discovering Hands
Blinde Frauen können bei der Brustkrebs-Früherkennung helfen. © Discovering Hands
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2014 sorgte ein deutscher Gynäkologe in der österreichischen TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“ für Aufsehen: Frank Hoffmann bildet sehbehinderte Frauen zu Tasterinnen in der Brustkrebsvorsorge aus. Ein geniales Konzept: Blinde haben einen vielfach besseren Tastsinn und können kleinere Knötchen im Brustgewebe schneller erkennen. Gleichzeitig haben sie üblicherweise kaum Zugang zu medizinischen Berufen. Investor Michael Altrichter beißt an und holt die Firma nach Österreich. Vier Jahre später kann Discovering Hands hierzulande aber noch immer nicht durchstarten.

In Deutschland sind bereits seit Jahren Tasterinnen im Einsatz und übernehmen in der Regel direkt in der Arztpraxis die Vorsorgeuntersuchung. Ärzte dürfen diese Untersuchung an jemand anderen delegieren. In Österreich ist das anders, erklärt Discovering-Hands-Österreich-Chefin Marisa Mühlböck: „Hier ist der Ärztevorbehalt so streng ausgelegt, dass das nicht möglich ist“.

Langer Weg zum Berufsbild „Medizinisch Taktile Untersucherin“

Eine Lösung wäre, ein neues Berufsbild zu schaffen: die medizinisch-taktile Untersucherin, kurz MTU. „Das wäre ein medizinischer Assistenzberuf und wenn es einen solchen gäbe, könnten die Ärzte in Österreich auch delegieren“, so die Geschäftsführerin, die 2017 von dem Mehrheitseigentümer Altrichter ins Boot geholt wurde.

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30 bis 45 Minuten dauert die Untersuchung. Die Tasterin klebt zuerst Streifen mit Maßeinheiten auf den Brustbereich und teilt ihn so in vier Zonen. Das ist notwendig, damit später genau angegeben werden kann, wo der Knoten ertastet wurde. „In jeder Zone wird Zeile für Zeile und Zentimeter für Zentimeter abgetastet und zwar in drei Gewebstiefen“, erklärt Mühlböck.

Bei der Untersuchung durch eine MTU wird die Brust in vier Zonen eingeteilt © Discovering Hands
Bei der Untersuchung durch eine MTU wird die Brust in vier Zonen eingeteilt © Discovering Hands

MTUs erkennen sehr kleine Knoten

Die Untersucherinnen können dabei sehr kleine Knoten tasten und zwar bereits im Bereich von sechs bis acht Millimetern. „Es gibt internationale Studien, die belegen, dass Menschen mit Sehbehinderung und blinde Menschen jene Hirnareale, die sonst zum Sehen genutzt werden, für andere Sinne wie das Hören und das Tasten verwenden“, sagt die Social-Entrepreneurship-Expertin.

Die Ausbildung zur MTU dauert etwa ein Jahr. Gelehrt werden Grundlagen der Brustgesundheit, Anatomie, Histologie und natürlich die Methode selbst. Danach folgen eine kommissionelle Prüfung und Praktika bei Gynäkologen und in Spitälern. In Österreich wurden nach diesem Lehrplan aus Deutschland bisher sechs Untersucherinnen ausgebildet, vier davon sind heute bei Discovering Hands angestellt. „Wie die offizielle Ausbildung am Ende genau aussehen wird, ist in der Arbeitsgruppe zu dem Berufsbild noch auszuhandeln“, sagt Mühlböck.

Zuerst will das Ministerium eine Studie

Bis es so weit ist, muss Discovering Hands in Österreich aber noch eine umfangreiche Studie durchführen. Das Gesundheitsministerium will eine Bestätigung, dass die Untersuchung durch MTUs zumindest genauso gründlich und sicher ist wie durch Ärzte. „Mit diesen Studiendaten können wir in einen Aushandlungsprozess für das Berufsbild gehen“, erklärt die Geschäftsführerin. Sie hofft, dass die Studie nächstes Jahr abgeschlossen werden kann, dann hätte sie fast drei Jahre in Anspruch genommen.

Die Hälfte ist geschafft

1.000 Frauen müssen teilnehmen, damit die Studie repräsentativ ist. „Für stichhaltige Aussagen brauchen wir sehr viele Frauen, weil – Gott sei Dank – die meisten Frauen auch gesund sind“. Die Hälfte hat das Jungunternehmen geschafft. Rund 500 gesunde Frauen ab einem Alter von 40 Jahren werden aber noch gesucht. Sie erhalten eine kostenlose Dreifach-Untersuchung durch MTU, Arzt oder Ärztin und Mammographie. Wieviel eine Untersuchung später kosten wird, steht laut Mühlböck noch nicht fest.

Wenn die Studie abgeschlossen ist, die Ausbildung mit dem Ministerium verhandelt wurde und die ersten MTUs angelernt sind, will Discovering Hands sie in Arztpraxen, Gesundheitsinstitute und Spitäler entsenden. „Eine MTU wäre dann zum Beispiel am Dienstagnachmittag bei der einen Ärztin und am Donnerstag in dem Gesundheitszentrum. Das wäre ein effizienteres Modell, bei dem die Damen mehr Stunden arbeiten können“, sagt Mühlböck.

12.000 sehbehinderte Frauen hätten die Chance auf einen Job

Wären MTUs in Österreich zugelassen, würde das nicht nur die Früherkennung von Brustkrebs verbessern – vor allem bei Frauen unter 40, die keinen Zugang zu regelmäßigen Mammographie-Screenings haben. Es würde auch das Leben zahlreicher sehbehinderter Frauen verbessern und das spare dem Staat Kosten, appelliert Mühlböck an die Politik. In Österreich gebe es rund 12.000 hochgradig sehbehinderte Frauen im erwerbstätigen Alter.

„Viele sind gerade in der Mindestsicherung – da fallen dann pro Person und Jahr 10.000 Euro an Kosten für die öffentliche Hand an“, rechnet die Discovering-Hands-Chefin vor. „Wenn wir 100 MTUs beschäftigen, spart das also 20 Millionen Euro in 20 Jahren. Da sind noch keine Pensionsansprüche hineingerechnet oder der Umstand, dass sie selbst ins Sozialsystem einzahlen“. Kaum hoch genug bewerten könne man auch den Effekt, den ein angesehener Job für das Leben und das soziale Netz der Frauen selbst hat.

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