Hempcrete

Hempstatic: Wiener Startup forscht an CO2-freien Ziegeln aus Nutzhanf

©Tomas Haverlik
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Ziegeln aus Agrarrückständen: Was auf den ersten Blick ungewöhnlich anmutet, ist das Geschäftsmodell von Hempstatic. Das junge Wiener Startup will sich auf die Kreislaufwirtschaft von Baueinheiten, also Ziegeln, spezialisieren und hat zu diesem Zweck recycelbare Materialen aus eben diesen Rückständen entwickelt. Hempstatic will diese Ziegel für Neubau, Umbau und Sanierung verwenden.

„Hempcrete“ heißt das Material, aus dem die Ziegel oder Flächen entstehen. Dabei handelt es sich um ein Isolationsmaterial, das keinerlei Müll am Ende seiner Lebensdauer produziert. Entwickelt wird der recycelbare Stoff aus Nebenprodukten von Hanf. „Wir sind auf die Gestaltung und Herstellung von maßgeschneiderten Bauelementen aus Agrarrückständen spezialisiert, die keine CO2-Belastung erzeugen und wiederverwertbar sind. Unser Ziel ist es, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der Baubranche zu beschleunigen und gleichzeitig lokale Wertschöpfungsketten zu pflegen“, erklärt Elena Yaneva, bei Hempstatic für Management & Technology zuständig.

Erste Schritte vor tausenden Jahren

Eine ungewöhnliche Idee, die ihren Ursprung tatsächlich in der Jungsteinzeit hat. Da begann nämlich die landwirtschaftliche Revolution und die Menschen züchteten und verbreiteten erstmals Kulturpflanzen. „Eine der ältesten dieser Pflanzen heißt Cannabis Sativa L – oder eben Nutzhanf. Die Pflanze gräbt ihre Wurzeln ganz tief in der Erde, zieht ihre Nährstoffe aus den untersten Erdschichten und bringt sie bis an die Oberfläche. Die nachfolgenden Pflanzen profitieren dann von den nährstoffhaltigen Böden. Die Produkte, die daraus erzeugt werden, sind so hochwertig, dass es wirtschaftlich nicht zumutbar ist, Nutzhanf nur für Gewinnung von Hanfschäben anzubauen (die holzartigen Kernstücke der Stängel). Die Schäben sind also ein Nebenprodukt, besitzen aber einen ungewöhnlich hohen Anteil an Siliziumdioxid, der starke Bindungen in alkalischem Umfeld gewährleistet. Deswegen eignen sie sich perfekt für die Erzeugung von Bioaggregaten“, erklärt Yaneva die Idee hinter dem Startup.

Werkstoff-Kreislauf

Bei Hempcrete handelt es sich um einen Verbundwerkstoff, der eben aus Hanfschäben und kalk-basierten Bindemitteln besteht. Die Entstehung, kurz zusammengefasst: „Die Zutaten werden gemischt und in Gussformen gegeben, danach werden die Endprodukte luftgetrocknet. Nach ca. einem Monat wird die erwünschte Härte erreicht, ähnlich wie beim Beton. Das Aushärten dauert dennoch noch eine Weile, ca. 50 Jahre lang. Diese Zeit ist notwendig, damit der Kalk mit Hilfe von Kohlenstoffdioxid wieder zu Calciumcarbonat (Kalkstein) abgebunden wird, womit sich der Kreislauf des Werkstoffes schließt.“

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Laut Elena Yaneva bietet der Werkstoff außerdem interessante Eigenschaften für die Endkonsumenten wie Wärmedämmung, Schallschutz und Porösität, die die Lebensqualität in Gebäuden erhöhen und den Energiebedarf senken. In Großbritannien würden Konsumenten von einer Energiekostensenkung von bis zu 70 Prozent in Hempcrete-Häusern berichten. Hempstatic produzierte auch schon Akustik-Panele aus Hempcrete. Sechseckige Wandverkleidungen sorgen dafür, dass der Widerhall im Raum deutlich reduziert wird. Sinnvoll ist das beispielsweise in Büro- oder Meetingräumen mit nur marginaler Ausstattung.

So sehen fertige Würfel aus Hempcrete aus. ©Tomas Haverlik
So sehen fertige Würfel aus Hempcrete aus. ©Tomas Haverlik

Hempcrete: Vielseitig einsetzbar

Der Vorteil liegt in der Vielseitigkeit des Materials. Nutzhanf hat eine breite Anwendung im Bauwesen und kann zur strukturellen Verstärkung, als Bestandteil von Verbundwerkstoffen oder als Dämmungs- bzw. Füllmaterial für Boden, Decken und Wänden verwendet werden.  Das volle Potenzial von Hempcrete wird laut Yaneva aber erst entfaltet. „Hempcrete wird in den nächsten Jahren immer populärer werden. Diese Bauweise fällt unter den Megatrend Green Building, ein langfristiger Trend, dessen Auswirkungen über unsere Generation hinaus zu spüren sein wird“, ist sich die Gründerin sicher. Und: „Die Verwendung von erneuerbaren Nutzpflanzen als Rohstoffe in der Bauindustrie steht im Einklang mit der Entwicklung hin zu einer nachhaltiger bebauten Umwelt.“

Wo steht Hempstatic in fünf Jahren? Geht es nach Elena Yaneva, dann „in Gebäuden, deren Energieemissionen gesenkt gehören, wo starke Wärmeverluste stattfinden, wo eine ausreichende Schallisolierung fehlt“. Derzeit befindet sich Hempstatic in der Vorgründungsphase und ist Mitglied beim Impact Hub Vienna. Man freue sich über eine Kooperation mit dem Ökobusiness Wien und hoffe, dass man gemeinsam einen Beitrag in Wien und der Umgebung leisten werden könne. „Wir sehen eine Möglichkeit, hier den Aufbau dynamischer Netzwerke für effizientere Nutzung der verfügbaren Ressourcen voranzutreiben und somit die Entwicklung einer lokal-orientierten Kreislaufwirtschaft zu fördern“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Tech & Nature.

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