Kommentar

Linkedin, das neue Absurdistan

Linkedin, der neue Social Media Schreck. © Dall-E / Trending Topics
Linkedin, der neue Social Media Schreck. © Dall-E / Trending Topics
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Gestern habe ich viele Mails bekommen, eine ist dabei hervorgestochen. Ein Unternehmer aus Deutschland bat mich (und viele andere wohl auch) um Hilfe. Er wolle einen neuen Report promoten und würde das gerne ordentlich via Linkedin pushen. „Damit wir damit so viele Menschen wie möglich erreichen, würde ich Dich kurz bitten, unseren Linkedin-Post zu „liken“ und/oder zu kommentieren. Das wäre wirklich großartig!“ Dazu stellte er den Link zum Linkedin-Post seiner Firma.

In dem Linkedin-Post mit viel Text und einem großen Bild sind viele VCs getaggt, es wird der Report angeteasert, und schließlich finde ich auch endlich den Link zum eigentlichen Produkt. Eigentlich will ich ja vielleicht den Report lesen und gar nicht den Linkedin-Post kommentieren. Ich klicke den Link, aber noch bin ich nicht am Ziel. Linkedin lässt mich nicht so schnell gehen, und warnt mich: „Wenn Sie auf einen Link klicken, über den Sie LinkedIn verlassen, wird eine Warnmeldung angezeigt. Diese weist Sie darauf hin, dass, sofern Sie fortfahren, die nächste angezeigte Seite nicht von LinkedIn ist. Außerdem wird die vollständige URL angezeigt, damit Sie die Glaubwürdigkeit der externen Website einschätzen können.“

Solche Linkedin-Like-Aufrufe sind nichts Neues. Es kommt regelmäßig vor, dass mich (und viele andere) Leute zum Beispiel via WhatsApp bitten, doch ihre Posts zu liken, sie versprechen sich dadurch mehr Reichweite, Aufmerksamkeit, am Ende vielleicht sogar mehr Business. Richtig gelesen: Es wird sehr viel Aufwand betrieben, um über andere digitale Kanäle (WhatsApp, Newsletter usw.) zu Linkedin-Interaktion aufzurufen.

Willkommen in Absurdistan, willkommen im Walled Garden von Microsoft.

Likes zählen viel – Conversions auch?

Wenn andere Kommunikationskanäle genutzt werden, um auf einen weiteren Kommunikationskanal zu lenken, dann deutet das auf eine Hierarchie der Services hin – mit Linkedin am Thron. Linkedin hat es vom langweiligen Business-Netzwerk zu einer Milliarde User geschafft und regiert derzeit neben TikTok und Instagram die Attention Economy. Dabei bedient die Microsoft-Tochter das alte Playbook der Social Media. Gib ihnen Reichweite und süchtig machende Neurochemikalien-Ausschüttungen, und sie pumpen dafür dein Netzwerk mit kostenlosem Content voll.

Das geht so weit, dass Linkedin sogar ausgewählten Mitgliedern im Netzwerk Online-Kurse anbietet, in denen vermittelt wird, welche Inhalte besonders gut funktionieren – etwa längere Texte mit knackiger Headline und aussagekräftigem Bild. Was Linkedin nicht so gerne mag, sind Links zu externen Webseiten, zu denen sich User verirren könnten. Am liebsten hätte es Linkedin, wenn die User dafür bezahlen, Links zu setzen. Teilweise tun sie das schon. Wer unter seinem Namen etwa „Zur Webseite“ einblenden möchte, kauft sich dafür Premium.

Aus einigen Gesprächen weiß ich, dass aktuell immer mehr Unternehmer:innen, Investor:innen, CEOs und Gründer:innen wichtig ist, auf Linkedin vorzukommen, dort Likes zu kassieren, gesehen zu werden. In Rankings werden sogar die Engagement-Raten ausgerechnet, die Postings erzielen. Das kann trügerisch sein, des es geht lediglich um das Engagement auf Linkedin. Ob jemand dadurch mehr Traffic zu seinen Apps, Webseiten und Services leite kann, darf angezweifelt werden. Dass Unternehmen Probleme mit ihren Linkedin-Reichweiten haben, ist schon länger bekannt:

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Linkedin ist rechtlich gesehen ein Gatekeeper

Linkedins aktuelle Stärke ist aber auch die Schwäche der Konkurrenz. Twitter wird von Elon Musk zu X herab gewirtschaftet und hat viele vergrault, die zuerst ihr Heil in (weiterhin kleinen) Twitter-Alternativen wie Mastodon oder Bluesky suchten und dann zu Linkedin kamen. Währenddessen hat Mark Zuckerberg alle Hände voll damit zu tun, mit Threads die Schwäche von X auszunutzen, Instagram gegen TikTok nicht verlieren zu lassen und eine AI-Metaverse zu bauen – da bleibt keine Zeit für das Hauptprodukt Facebook, das in den letzten Jahren keine Verbesserungen mehr gesehen hat und für viele brachliegt. Das führte auch zur Zersplitterung der digitalen Öffentlichkeit in immer mehr Messaging-Gruppen bei Telegram, WhatsApp und Signal. Snapchat, Pinterest und Reddit bedienen derweil (großes) Nischenpublikum.

Ironischerweise sieht sich Linkedin bei all dem ja gar nicht als Social Media, sondern als berufliches Netzwerk. Jahrelang hat es geschafft, in Deutschland nicht unter das Netzdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zu fallen. Schließlich hat der Digital Markets Act (DMA) der EU, in Kraft getreten am 6. März, Linkedin dort eingeordnet, wo es hingehört – zu den Social Networks neben TikTok, Facebook und Instagram – und es als das bezeichnet, was es ist: ein Gatekeeper.

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