Erfahrungsbericht

Austria goes USA: mySugr in Amerika

Frank Westermann (2. von links) mit seinem US Team (c) mySugr
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Seit August 2016 gibt es ein mySugr US-Büro bei San Diego. MySugr Gründer Frank Westermann erzählt Trending Topics exklusiv, wie so eine Expansion nach Amerika läuft und gibt Tipps worauf man achten sollte.

Frank Westermann: Business in den USA zu machen empfinde ich als die Königsklasse. Der Mythos es ginge einfacher und freier als in Österreich stimmt allerdings nur zum Teil.

1: Arbeitsvisum – ohne Visum geht nix, ohne Anwalt kein Visum

L1, B1, H1 – viele Abkürzungen, welches Visum passt? Ein Bekannter empfahl uns Sal Savatteri einen Immigration Lawyer von der Ostküste. Das „Startup-Visum“ E2 kam nicht in Frage, da die Mehrheit der Gesellschafter die Nationalität des Firmensitzes, im Falle von mySugr Österreich, haben müssen. Der Anwalt empfahl das L1-Visum, das Firmen in den USA erlaubt, ausländische Führungskräfte nach Amerika zu entsenden und auf fünf Jahre beschränkt ist. Unser L1-Antrag war 240 Seiten stark und mit einer „Speed-Fee“ konnte die Bearbeitungszeit auf 15 Tage reduziert werden. Kosten: ca. 10.000 Euro

mySugr Gründer Frank Westermann © mySugr

Tipps:

  1. Genug Zeit für den Antrag einplanen. Wir haben 4 Monate gebraucht.
  2. Besser Fedex nutzen und das US Postal Service meiden.
  3. Das Visum ist Voraussetzung für die Social Security Number, die man für alles braucht.

2: Location – Umfeld, Erreichbarkeit, Leistbarkeit

San Francisco und das Silicon Valley sind das Gravitationszentrum der Tech-Welt. Allerdings auch eine der teuersten Gegenden der USA – so, dass am Ende wenig vom Paycheck bleibt. Als Faustformel teile ich Finanzierungsrunden von Startups aus dem Valley immer durch drei, um ein Gefühl dafür zu bekommen wie weit die Unternehmen mit ihrem Geld kommen. Denn: Zwei Drittel gehen für Gehälter und Büromieten drauf.

Tipps:

  1. Ein Co-Working Space bietet Infrastruktur und soziale Anknüpfungspunkte für kleines Geld.
  2. Lieber eine Location mehr besichtigen und die Lebensqualität des Ortes berücksichtigen.

3: Firmengründung – günstig und schnell

Voraussetzung, um Fuß zu fassen aber auch für den Visa Antrag ist eine US-Gesellschaft. Die Gründung haben wir online über unseren Wiener Anwalt in Delaware gemacht. Im Vergleich zu Österreich ist der Formalakt der Firmengründung unkomplizierter und günstiger. Ich fand hingegen die rechtlichen Formalitäten komplizierter und umfangreicher als bei uns. Kosten: ca. 2.300 Euro.

mySugr macht Diabetikern das Leben leichter

Tipps:

  1. Gleich dort gründen, wo auch der Firmensitz liegt.
  2. Vor der Gründung mit einem US-Steuerberater sprechen.

4: Anwälte, Versicherungen, Banken und Steuern

Die Gefahr in den USA verklagt zu werden ist groß. Als zertifiziertes Medizinprodukt müssen mySugr und ich deutlich höher abgesichert sein als in Europa. Deshalb ist es wichtig, dass bei jedem Schritt ein Anwalt dabei ist. Da die mySugr Inc. eine 100% Tochtergesellschaft der mySugr GmbH ist, war es schwer für uns eine Bank zu finden, die für uns ein Konto eröffnen wollte. Der Grund liegt in den regulatorischen Anforderungen der Bank für Konten von Unternehmen, die zu 100% Ausländern gehören.

Tipps:

  1. Anwalt, Steuerberater (Tax Advisor) und Buchhalter (Certified Public Accountant) gehören zur Grundausstattung eines US-Unternehmens.
  2. Wenn man 122 Tage pro Jahr in den USA verbracht hat, ist man US-Resident und voll steuerpflichtig. Viel Zeit in Europa zu verbringen lohnt sich – zumindest steuerlich.

5: Kulturelle Unterschiede – oberflächlich oder höflich?

Viele Europäer interpretieren die Offenheit und Höflichkeit der Amerikaner als Oberflächlichkeit. Mir ist eine freundliche Oberflächlichkeit wesentlich lieber als tiefgründige Unfreundlichkeit. Political correctness wird groß geschrieben. Der Claim von mySugr „we make diabetes suck less“ ist für einige US-Partner schon zu offensiv. Wir sollen Diabetiker nicht „diabetics“ nennen, sondern „people with diabetes“. Das ist gewöhnungsbedürftig, macht das Miteinander aber angenehm.

Mein Fazit nach den ersten vier Monaten: Die Hürden des Alltags sind gerade am Anfang groß. Trotzdem habe ich den Schritt, nach Kalifornien zu gehen noch keine Sekunde lang bereut.

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