Tiroler Spin-off Txture von IBM gekauft: „Standort in Innsbruck wird ausgebaut“

Es war ein längerer Prozess, der zuletzt noch auf die Freigabe des Staates (Stichwort Investitionskontrollgesetz) wartete, doch jetzt ist es klar: Das 2017 von Matthias Farwick, Thomas Trojer und Ruth Breu gegründete Spin-off der Universität Innsbruck Txture ist nunmehr eine Tochterfirma von IBM. Genauer gesagt: der Consulting-Sparte von IBM. Denn Txture hat sich in den vergangenen 8 Jahren darauf spezialisiert, eine Plattform für Cloud-Transformation zu bauen – und diese soll künftig den IBM-Unternehmensberatern dabei helfen, Kunden glücklich zu machen.
Im Interview spricht CEO Matthias Farwick, der mit seinem Team an Bord bleibt, über den Deal, die Hintergründe, und wie es am Standort Innsbruck weitergehen wird.
Matthias, erkläre uns doch zunächst: Was macht Txture genau?
Wir sind eine Softwarefirma, spezialisiert auf große Cloud-Transformationen. Unsere Software wird von großen Systemintegratoren wie Accenture, Deloitte, Atos und IBM verwendet, um Konzerne in die Cloud zu bringen. Konkret geht es typischerweise darum, die Rechenzentren dieser Firmen in die Cloud zu migrieren. Und wenn sie dann in der Cloud sind, modernisieren wir sie – damit die Unternehmen nicht nur simple Cloud-Systeme verwenden, sondern wirklich Cloud-native Funktionalitäten nutzen können. Erst dann wird die Cloud wirklich sinnvoll.
Ihr hattet in der Vergangenheit mehrere Partner. Wie hat sich das entwickelt?
Genau, wir haben mit verschiedenen Systemintegratoren zusammengearbeitet. Jetzt ist es sozusagen auf einen Partner konvergiert: IBM.
Was verspricht sich IBM von dieser Übernahme?
Zum einen natürlich, dass die Berater das Produkt global nutzen können. Aber im Speziellen geht es darum, dass die großen IT-Beratungshäuser ihre Manpower mit AI-getriebener Beratung kombinieren wollen – also dass ein Teil der Beratung software-unterstützt ist. Unser Produkt schlägt genau in diese Kerbe: Die Berater werden bei großen Transformationsprojekten durch Software unterstützt. Das bedeutet, die gleiche Anzahl an Beratern kann bessere, schnellere, qualitativ hochwertigere und kostengünstigere Transformationsprojekte durchführen und mit ihrer Manpower mehr durchbringen.
Wie ist der Deal strukturiert? Wird Txture eine Tochter von IBM Österreich?
Zunächst sind wir Tochterunternehmen einer europäischen Entität, die zufälligerweise in den Niederlanden sitzt. Im Verlauf des nächsten Jahres wird es dann die Integration in IBM Österreich geben. Aber das ist nur organisatorisch – inhaltlich sind wir global aufgehängt. Mein Vorgesetzter sitzt beispielsweise in Dallas in den USA. Die Zuordnung zu Österreich hat hauptsächlich mit organisatorischen Themen zu tun, nicht mit den fachlichen Themen.
Bleibt das Team gleich und wird die Marke erhalten?
Der Produktname Txture wird bestehen bleiben. Langfristig wird die Website in der Form nicht mehr existieren, aber das Produkt wird innerhalb von IBM so bestehen bleiben. IBM hat ein komplettes Commitment gegeben, den Standort in Innsbruck zu halten und sogar auszubauen. Das ist natürlich richtig cool für das Team.
Kannst du etwas zum Kaufpreis sagen?
Dazu sage ich nichts, hoffe das ist okay.
Wie würdest du diesen Deal klassifizieren, ohne eine Zahl zu nennen?
Ich würde es auf jeden Fall als super Erfolg klassifizieren. Genau in diese Richtung haben wir uns immer gedacht, dass das das Richtige wäre. Eine Challenge war in der Vergangenheit, dass wir bei einem partnerbasierten Geschäftsmodell die Anforderungen von vielen verschiedenen Partnern ins Produkt aufnehmen mussten. Jetzt können wir auf einen Partner fokussieren, und das wird nochmal einen super positiven Impact auf das Produkt haben.
Auch fürs Team ist es cool – sowohl karrieremäßig, mit den Optionen, die sich ergeben, als auch weil das Produkt jetzt gestreamlined werden kann. Es ist generell eine Produktentwicklungs-Challenge, wenn man in zu viele Richtungen gleichzeitig entwickeln muss.
Was war aus IBMs Sicht der Hauptgrund für die Übernahme – die Technologie, der Kundenstamm oder die Mitarbeiter?
Beratungsunternehmen und Cloud-Provider tun sich schwer damit, Tools zu bauen, die ihre eigene Mannschaft produktiver machen. Sie sind intern nicht so incentiviert. Ein Beratungsladen stellt ja fast ausschließlich Berater an, die von Projekt zu Projekt gehen. Die tun sich schwer, Teams aufzubauen, die hochqualitative Produkte bauen.
Wir haben ein Team mit echtem Produktmindset aufgebaut – das muss man als SaaS-Produktunternehmen ja entwickeln. Dies passt hervorragend zu IBMs ressourcenorientierter Beratungsstrategie. Durch die Integration von Txture in IBM Consulting Advantage, einer KI-gestützte Serviceplattform, ermöglichen wir unseren Kunden, schneller Mehrwert zu generieren. Und genau das haben sie sich reingeholt, mit dem Ziel, dieses Product-Mindset auch weiter intern zu pushen.
Erzähl uns die Geschichte von Txture. Wann wurde gegründet, welche Investoren kamen an Bord?
Wir sind 2017 als Spin-off von der Uni Innsbruck, vom Informatik-Institut, gegründet worden. 2019 ist Red Stars mit an Bord gekommen und 2021 dann Corecam Capital Partners, ein Family Office mit Sitz in Luxemburg.
Bleibt ihr als Gründer operativ bei Txture?
Wir zwei operativen Gründer bleiben auf jeden Fall dabei – ich bin jetzt Managing Director der Subsidiary und für die Integration zuständig. Thomas ist weiter fürs Produkt zuständig.
Wird das Produkt jetzt maßgeschneidert für IBM, oder bleibt es Multi-Cloud?
IBM besteht aus zwei Sparten – IBM Technology und IBM Consulting. Wir wurden von IBM Consulting gekauft, nicht von IBM Technology. IBM Technology macht Akquisitionen wie Red Hat oder HashiCorp und verkauft Software-Lizenzen.
Wir sind bei IBM Consulting, und unser Produkt zielt darauf ab, IBM-Consultants produktiver zu machen – nicht zwangsläufig Software-Lizenzen zu verkaufen. Der Vorteil dieses Setups ist, dass die Consultants nicht ihre eigene Technologie verkaufen müssen. IBM Consultants werden nicht angehalten zwingend, IBM Cloud zu verkaufen. Sie sollen einfach das machen, was das Beste für den Kunden ist – ob das AWS, Google Cloud, Azure oder auch die IBM Cloud ist.
Unser Produkt ist nach wie vor ausgelegt, Multi-Cloud und Hybrid-Cloud-Transformationen zu unterstützen, unabhängig von der unterliegenden Technologie. Das gilt auch für europäische Player wie Exoscale von A1, StackIT oder OVH Cloud – europäische Anbieter, die durch das Thema Sovereign Cloud nochmal Push erfahren haben.
Ist das jetzt ein großer Feiertag für dich und deinen Co-Founder?
Das Closing war schon vor dreieinhalb Wochen, aber das war unter Verschluss. Es gibt immer so Meilensteine – das Signing war tatsächlich schon Anfang des Sommers. Dann muss ja noch der österreichische Staat zustimmen, das hat nochmal anderthalb Monate gedauert. Man feiert also immer in Kuchenstücken. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich sehr gut geschlafen habe in den letzten Tagen. Das Feiern haben wir schon ein bisschen vorher gemacht.














 
		













