Interview

RBI-Analyst: „Es gibt bereits eine Reihe innovativerer Kryptowährungen als Bitcoin“

Die RBI-Zentrale in Wien. © S. Klimpt
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Kryptowährungen halten auch die Banken-Branche in Atem. Während Bitcoin und Co von einigen als Bedrohung wahrgenommen werden, investieren bereits sehr viele Finanzinstitutionen in die zugrunde liegende Blockchain-Technologie.

Der Analyst und Kryptowährungs-Experte Valentin Hofstätter erörtert für Raiffeisen Research die Risikoeinschätzung von Investitionen in Bitcoin und Co. Wir haben im Rahmen eines Hintergrundgesprächs mit ihm darüber gesprochen, ob der große Run auf den Bitcoin vorbei ist, was sich in der Post-Bitcoin-Zeit alles entwickeln wird und welche Investments in der Kursflaute trotzdem Sinn machen.

Trending Topics: Haben wir bei Kryptowährungen das Ende der Fahnenstange erreicht?

Valentin Hofstätter: Wir sehen für die hinter den meisten Kryptowährungen liegende Blockchain-Technologie potenziell ein großes und fruchtbares Anwendungsgebiet, in dem es in kommenden Jahren noch viel an Innovation geben wird. Selbst für einen konkreten Anwendungsfall dieser Technologie, nämlich im Zahlungsverkehr, wird es die nächsten Jahre noch viele Weiterentwicklungen geben; die eine oder andere Zahlungsanwendung auf Basis der Blockchain könnte sich dann zu einer ernsthaften Alternative oder Plattform im Zahlungsverkehr entwickeln.

Ist die Blase schon geplatzt und keiner hat es so richtig mitbekommen?

Wo es aus unserer Sicht eine Blase gab und zum Teil immer noch gibt, ist beim Glauben, dass dutzende oder gar hunderte solcher Versuche ein sinnvolles Zahlungsmittel zu kreieren, werthaltig sind, und diese im Wert steigen müssen, allein schon weil sie diese Technologie verwenden. Ende 2017 wurde ein gewisser Höhepunkt erreicht, als es genügte „irgendetwas mit Blockchain“ zu programmieren, um steile Kursanstiege zu verzeichnen. Mir drängten sich Erinnerungen an den Internet-Hype Ende 1999 auf.

Valentin Hofstätter, Reasearch Analyst bei der RBI. @RBI
Valentin Hofstätter von der  RBI. © RBI

Das heißt nicht, dass das Internet sich anschließend nach dem Jahr 2000 nicht gewaltig weiterentwickelte, als neue Technologie ganze Wirtschaftszweige umkrempelte und Firmen wie eBay und Amazon nach einem Einbruch 2000/2001 neue Höchststände erreichten.
Aber was damit endete, war der undifferenzierte Hype, das jede Firma die etwas in dieser Richtung plant, deswegen gleich ungeheuer wertvoll ist. Im Gegenteil: Ein Großteil der in der Hypephase des Internets entstandenen Firmen zählte längerfristig zu den Verlierern, und heutige Marktführer wie Facebook etablierten sich erst deutlich später.

Kann man aktuell trotz der anhaltenden Marktflaute noch gut in Kryptos investieren?

Aus unserer Sicht dürfte der Markt in Zukunft auch beim Thema Kryptowährungen deutlich stärker zwischen einzelnen Coins differenzieren, und sie stärker nach ihrem tatsächlichen Zukunftspotenzial bewerten. Das hat eine Reihe wichtiger Implikationen für alle, die in diesem Bereich Investmentchancen wittern: Wenn nicht mehr alles steigt, sondern der Markt beginnt stärker zu differenzieren, wird das tatsächliche Zukunftspotential einzelner Kryptowährungen wichtig. Wir gehen von einer Rate von unter zehn Prozent aus, die nachhaltig erfolgreich sein werden.

Was bedeutet das für Bitcoin?

Nach unserer Einschätzung ist Bitcoin als derzeit noch bekannteste weil älteste Kryptowährung kaum die, die sich langfristig als Zahlungsmittel etablieren wird. Es gibt heute bereits eine Reihe jüngerer und innovativerer Kryptowährungen wie Ripple, Dash, Monero und Stellar, die einzelne Nachteile von Bitcoin eleganter und effizienter lösen, auch wenn man versucht, Bitcoin aufwendig durch das Lightning Network nachzurüsten.

Lässt sich schon ein Nachfolger identifizieren?

Gerade weil die Technologie noch so jung und dynamisch ist, ist es aus unserer Sicht praktisch unmöglich, jetzt schon zu sagen, welcher Ansatz sich in Zukunft zu einem weit verwendeten alternativen Zahlungsmittel entwickeln wird. Wir sind mehr als skeptisch, dass es letztendlich eine der derzeitigen Kryptowährungen sein wird – die technologisch beste Lösung ist wahrscheinlich noch nicht einmal programmiert, sondern noch Zukunftsmusik.

Ohne letztendlichen Erfolg als „Zahlungsmittel der Zukunft“ dürfte der zukünftige Marktwert der meisten dieser Kryptowährungen langfristig gegen Null tendieren, von den Risiken der Regulierung und der Konkurrenz durch staatliches „Digitalgeld“ noch ganz abgesehen.

Wie ist es um die Zukunft der ICOs beschaffen? Wird sich die alternative Finanzierungsform durchsetzen?

Diese Dynamik ist einerseits kreativ, weil durch diesen Trial-and-Error Prozess die Möglichkeiten dieser jungen Technik in den kommenden Jahren erst so richtig ausgelotet werden. Wer eine Investition in ein solches Startup erwägt, sollte sich aber des überdurchschnittlich hohen Totalverlustrisikos bewusst sein.

Selbst bei von professionellen Investoren handverlesenen Startups im US-Venture-Kapitalmarkt gehen die Investoren davon aus, dass es drei Viertel der Startups letztendlich nicht schaffen, und nur ein niedriger einstelliger Prozentsatz zu erfolgreichen Unternehmen heranwächst.

Im aktuellen ICO-Markt, der von lückenhafter Regulierung und fehlendem Investorenschutz und vielen Nachahmern geprägt ist, die im aktuellen Hype rasch Kasse machen möchten, ohne eine realistische Zukunftsperspektive zu haben, dürften die Erfolgschancen noch viel niedriger sein. Zumal Coins – anders als Aktien – meist gar keine Eigentumsrechte beinhalten, sondern oft eher mit Gutscheinen für die zukünftigen Services des Startups vergleichbar sind.

Welche Empfehlungen geben Sie Kunden mit auf den Weg, die unbedingt in die Blockchain-Technologie investieren wollen?

In vielen Anwendungsbereichen können es große etablierte Firmen sein, die die neue Technologie am ehesten einem breiten Anwenderkreis schmackhaft machen werden: So investiert IBM viel Geld und Know-How in diverse Blockchain-Anwendungen (z.B. mit Maersk im Bereich Logistik, mit Hyperledger im Bereich Banken), und verschiedene Konsortien großer Banken testen Anwendungen im Bereich Zahlungsverkehr und im Wertpapierhandel. Corda von R3 ist ein gutes Beispiel. Dort ist die RBI auch Mitglied.

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