Verdient Google wirklich 4,7 Mrd. Dollar mit unseren Nachrichten-Inhalten?
Die News Media Alliance (NMA) hat eine Studie veröffentlicht, die es in sich hat – und zwar in mehrerlei Hinsicht. So soll Google im Jahr 2018 geschätzte 4,7 Milliarden US-Dollar durch das Crawlen und Scrapen von Nachrichtenseiten und deren Inhalten verdient haben, ohne Publisher dafür bezahlt zu haben. Gegenübergestellt wird diese Zahl jenen 5,1 Milliarden Dollar, die die News-Industrie in den USA 2018 mit digitaler Werbung verdient hat.
Macht Google Medien und ihre Geschäftsmodelle kaputt? Das legt die Studie nahe. „Nachrichtenverlage müssen weiterhin in Qualitätsjournalismus investieren, und das können sie nicht, wenn die Plattformen das nehmen, was sie wollen, ohne dafür zu bezahlen. Informationen wollen frei sein, aber Reporter müssen bezahlt werden“, sagt News Media Alliance President & CEO David Chavern. Die NMA repräsentiert rund 2.000 Zeitungen in den USA und Kanada.
Wackelige Zahlen
Für viele Beobachter geht die Rechnung allerdings nicht auf. Während Google immer wieder betont, dass Google News nicht monetarisiert wird, beruft sich die NMA bei der Berechnung der Zahlen auf eine Aussage der ehemaligen Google-Managerin Marissa Mayer aus dem Jahr 2008. Damals soll sie auf einer Konferenz gemeint, dass Google News rund 100 Millionen Dollar wert sei.
Die NMA und Zeitungen wie die New York Times werden nun dafür kritisiert, eine solche Studie zu veröffentlichen bzw. zu verbreiten. Man könne nicht einfach von einer elf Jahre alten Zahl auf die heutige Situation hochrechnen. „Diese Berechnungen auf der Rückseite des Umschlags sind ungenau“, heißt es seitens Google. „Die überwiegende Anzahl von Nachrichtenanfragen keine Anzeigen enthält.“ Wie viel der Internet-Konzern mit Werbung neben Nachrichten-Inhalten wirklich verdient, wird nicht verraten.
Wie Beobachter auch anmerken (z.B. der Columbia Journalism Review) ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie spannend. Denn in den USA ist ein neues Gesetz namens Journalism Competition and Preservation Act in Vorbereitung, das noch seine Zustimmung sucht. Es soll Nachrichten-Unternehmen erlauben, zusammenzuarbeiten, um etwa Preise am Werbemarkt zu bestimmen. Ein solches Gesetz würde News-Unternehmen gegen Google und andere Aggregatoren am Markt stärken.
Google aus der Reserve locken
Die Studie (oder besser „Studie“) dient wohl eher dazu, Google aus der Reserve zu locken und Einblicke in seine Einnahmen mit Nachrichteninhalten zu geben. Dafür aber auf wackelige Berechnungen und offenbar falsche Zahlen zu setzen, sollte eine Branche die sich Qualitätsjournalismus auf die Fahnen schreibt, besser nicht tun. So sind es eben Google und Facebook, die die Online-Werbung revolutioniert haben und nicht die Medienhäuser, die früher sehr gut vom Anzeigenverkauf lebten.
So lässt sich nicht einfach sagen, dass die 4,7 Milliarden Dollar eigentlich klassische Medienunternehmen bekommen hätten. wäre es nicht Google, so wäre es wohl eine andere Suchmaschine oder ein News-Aggregator, die Werbekunden bezahlen würden – weil es einfach nützliche Produkte sind, über die viele Nutzer News konsumieren.
Währenddessen ist auch klar, dass Medienunternehmen bei Google mit ihren Schlagzeilen vorkommen wollen. Rund Zehn Milliarden Klicks auf News-Seiten liefert die Suchmaschine pro Monat. Wenn sie nicht von den Google-Crawlern ausgelesen werden sollen, kann man das mit der robots.txt-Datei verbieten. Und bei Google News müssen sich News-Seiten ohnehin anmelden, können sich also auch wieder abmelden. Es sind übrigens auch jene Medienhäuser, die 300 Millionen Dollar von Googles News Initiative bekommen.