Weltfrauentag

„Es ist ein Dealbreaker, wenn ein Geschäftspartner annimmt, dass eine Frau keine Ahnung vom Business hat“

Bianca Busetti von journi, Maggie Childs von Metropole und Nina Wöss von Speedinvest. © journi/Metropole/Speedinvest
Bianca Busetti von journi, Maggie Childs von Metropole und Nina Wöss von Speedinvest. © journi/Metropole/Speedinvest

In ungefähr 50 Jahren wird sich das Einkommensniveau von Frauen dem der Männer angepasst haben. Heute verdienen Frauen in der OECD um 16 Prozent weniger als Männer. Östrerreich schneidet im „Women at work“-Index der Unternehmensberater von PwC mies ab. Von 33 Ländern erreichen wir nur den 22. Rang. Vor 17 Jahren, im Jahr 2000, lag Österreich immerhin auf Platz 13. Gemessen wurden erschwinglicher und ausreichender Zugang zu Kinderbetreuung, die Möglichkeit zur geteilten Elternzeit, Frauenförderung am Arbeitsplatz, flexible Gestaltung der Unternehmen, um familiären Verpflichtungen nachzukommen und der effizienter Rückkehrprozess nach der Karenz, um Frauen den Wiedereinstieg in den beruflichen Alltag zu erleichtern.

Frauen im Silicon Valley: Laut Studie 87 Prozent Opfer sexueller Belästigung

Neben dem Einkommen spielen noch ganz andere Dinge eine Rolle. Besonders wütend machen die Nachrichten aus dem Silicon Valley, die zeigen, was Frauen im Technologie-Sektor erleben müssen. Die sexuellen Anfeindungen, die Software-Entwicklerin Susan Fowler bei Uber erlitt, sind nur die Spitze des sexistischen Eisbergs, der gerne von Firmen unter den Teppich gekehrt wird. Laut einer Umfrage von „Elephant in the valley“ sind  87 Prozent der 220 befragten Frauen Opfer sexueller Belästigung ihrer männlichen Kollegen geworden. 40 Prozent trauten sich aus Angst um ihre Karriere nicht, die erlebten Situationen ihren Vorgesetzten zu schildern. Die bekanntesten Fälle dehnen sich über die vergangenen Jahre aus:

Im Vergleich zu anderen Branchen sind sexuelle Übergriffe in der Tech-Branche häufiger. Das sind Fakten, über die wir neben den finanziellen Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen bei der Jobvergabe gegenüber Frauen sprechen müssen. Wir haben aus diesem Grund österreichische Gründerinnen gefragt, ob sie ähnliche Situationen erlebt haben und welche Wünsche sie für die Zukunft haben. Hier die überraschenden Antworten.

 

Margaret Childs, Metropole Magazine

Erinnerst Du Dich an Situationen im Berufsleben, in denen Du Dich als Frau nicht wohl gefühlt hast?

Margaret Childs verantwortet das Metropole Magazine. © Michèle Pauty
Margaret Childs verantwortet das Metropole Magazine. © Michèle Pauty

„Als junge Frau ist es eine Herausforderung, als Geschäftsführerin ernst genommen zu werden. Oft nimmt ein Gegenüber an, dass ein Mann im Hintergrund die Fäden zieht. Das ist ein Dealbreaker, wenn ein Geschäftspartner annimmt, dass eine Frau keine Ahnung vom Business hat. Außerdem haben manche Männer – vor allem in der Generation 50+ –  Schwierigkeiten, Frauen als Kollegen zu behandeln und rutschen in eine chauvinistische, abwertende Haltung, die ein schlechtes Vorbild für jüngere Männer bietet. Dagegen können sowohl Männer als auch Frauen ankämpfen.“

 

Bianca Busetti, Journi

Bianca Busetti ist CEO der Reisetagebuch-App Journi.
Bianca Busetti. © Journi

Woran scheitert Deiner Meinung nach die Gleichberechtigung im Berufsleben?

„Es gibt sicher nach wie vor Menschen, die total altbackene Vorstellungen haben und dann die Schwächen von Männern oder Frauen ausnutzen – vor allem in Konzernen, denn in der Start-up-Welt ist mir das noch nie aufgefallen. immer wieder Menschen die noch total altbackene Vorstellungen haben und dann die Schwäche von anderen, egal ob Frauen oder Männer ausnützen. Diese Menschen arbeiten nicht mit den Stärken dieser Personen und fördern diese nicht. Und das Schlimme ist dann, dass viele sich das auch noch gefallen lassen.

 

Tanja Sternbauer, Female Founders Club, Startup Live

Tanja Sternbauer leitet den Female Founders Club. © Tom Roschanek
Tanja Sternbauer. © Tom Roschanek

Warum muss das Thema „Frauen und Tech“ im Jahr 2017 noch diskutiert werden?

„Weil offensichtlich eine Diskrepanz herrscht und die breite Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert werden muss. Nur wenn es auch gesellschaftlich Anklang findet, kann ein Umdenken stattfinden. Meiner Meinung nach braucht es diese Transformation, um klassische Rollenbilder aufzubrechen und auch IT-bezogene Aktivitäten und Berufe für Mädchen und Frauen ansprechender zu machen.“

 

Verena Maria Mai, Unispotter

Wurdest Du während Deiner Karriere übergangen, weil Du eine Frau bist?

Verena Maria Mai gründete UNIspotter im Jahr 2016.
Verena Maria Mai. © Unispotter
„Meiner Meinung nach spielt mein Geschlecht in der Start-up-Welt weniger eine Rolle als in der Corporate-Welt. Ich rechne das zum Teil auch den selbstbewussten Männern in der Szene zu, die kein Problem mit einer starken Frau haben. Diskriminierung passiert dort, wo jemand bewusst klein gehalten wird. Deshalb ist es auch unheimlich wichtig, diese emanzipierten Männer in die Diskussion einzubinden, weil es für andere Männer eine starke Signalwirkung hat, wenn ein Investor beispielsweise in gemischte Gründerteams investiert oder eine Gründerin ausgewogene Geschlechterverhältnisse bei den Mitarbeitern hat.

Mir wurde einmal gesagt, dass es gerechtfertigt ist, dass Frauen bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit weniger verdienen. Immerhin wären wir ein „Risikofaktor“ für Unternehmen durch eine potentielle Schwangerschaft. Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht, wenn man sich trotz super Ausbildung und Vorerfahrung als „Risikofaktor“ tituliert sieht. In dieser Sichtweise geht man davon aus, dass Frauen die Hauptlast der Kindererziehung tragen. Dem gegenüber erlebe ich in meinem Freundeskreis immer häufiger, dass auf eine faire Verteilung Wert gelegt wird. Der erste Schritt dazu beginnt bei einem selbst: keinen Macho als Partner auswählen. Egal, ob im Business oder privat.“

 

Maria Baumgartner, Speedinvest Heroes

Hast wegen Deines Geschlechts nicht die gleiche Wertschätzung erfahren wie männliche Kollegen?
Maria Baumgartner, Gründerin Speedinvest Heroes
Maria Baumgartner, Gründerin Speedinvest Heroes

„Ich erinnere mich an einige Präsentationen, die vielleicht begonnen haben mit: „Sie sind ja vielleicht hübsch, oder sie sind ja eine Frau, oder sie sind ja noch jung – nur um dann in Respektlosigkeit oder Ignoranz zu gleiten. Vor kurzem habe ich mit einer sehr gekannten Vertreterin aus der Wirtschaft und Politik gesprochen. Sie ist nicht in Österreich geboren und hat folgendes gesagt: Ausländerin zu sein war nie ein Problem, Frau zu sein immer… So etwas sollte uns sehr nachdenklich machen.“

 

Bianca Gfrei, kiweno

Was willst du jungen Gründerinnen als Tipp mit auf den Weg geben?

Bianca Gfrei gründete das Bluttest-Startup kiweno.
Bianca Gfrei. © kiweno

„Zu wenig Mut, zu wenig Risikobereitschaft, der “sichere” Job wird oft noch immer als Ideal gesehen, alte Rollenklischees: Den Grund dafür, dass noch immer wenig junge Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und vor allem auch, dass es noch weniger Frauen sind, sehe ich ganz grundsätzlich noch immer in der Erziehung. Dass die Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Umstände zu wünschen übrig lassen, ist auch ein Faktor. Einer unserer Partner hat einmal zu mir gesagt: ‚Frauen sind die viel besseren Marathonläuferinnen, weil sie nicht so schnell aufgeben.‚ Und das stimmt! Zu unseren Stärken gehören Leidenschaft und Durchhaltevermögen. Wir sollten uns öfter vor Augen führen, zu was wir fähig sind und uns nicht selbst immer unnötig klein machen. Wir können vieles erreichen und vor allem untereinander vieles voneinander lernen. Mein Tipp: Sucht euch eine Mentorin oder einen Vertrauenspartner und tauscht euch aus! Aus Erfahrungen, Auf und Abs anderer lässt sich sehr vieles lernen!“

Lisa Fassl, Austria Angel Investor Association

Welche konkrete politische Initiative würdest Du Dir für Frauen in der Tech-Welt wünschen? 

Lisa Fassl, Geschäftsführerin der Business-Angel-Vereinigung aaia. © Stefan Malzner
Lisa Fassl, Geschäftsführerin der aaia. © Stefan Malzner

„Zwei Dinge: Positive Incentives für Start-ups mit weiblichen Mitgründerinnen bzw. für etablierte Tech-Unternehmen mit einem ausgewogenen Verhältnis an weiblichen und männlichen Mitarbeiter*innen. Das bedeutet ein Umdenken von Quotenregelungen mit negativen Konsequenzen, hin zu einem Anreizsystem, das Diversität in Unternehmen nachhaltig und positiv fördert. Der zweite Wunsch, der allerdings nicht nur die Tech-Welt betrifft: Mehr Frauen auf Ebene des Policy Making. Solang Frauen in Organisationen und Institutionen, die maßgeblichen Einfluss auf  die Rahmenbedingungen für Gründungen/Unternehmertum haben, unterrepräsentiert sind, werden die Herausforderungen von Unternehmerinnen nicht ausreichend mitbedacht, da schlichtweg die weibliche Perspektive fehlt.“

Irene Fialka, Inits

Wurdest Du wegen Deiner Rolle als Mutter je benachteiligt?

Irene Fialka, CEO von INiTS, bewegt im Hintergrund vieles in der österreichischen Startup Szene.
Irene Fialka, CEO von INiTS.

„Ich wollte immer arbeiten. Bewirb Dich einmal als Frau mit zwei kleinen Kindern um einen Job. Was ich da erlebt habe, war teilweise echt demütigend. Suche einmal als Mann mit zwei kleinen Kindern einen Job. Ich bin sicher, da fragt niemand „Wollen sie diesen Job wirklich machen mit zwei Kindern, die noch Betreuungsbedarf haben?“ Ja, ich wollte trotzdem. Deshalb habe ich mich beworben, auch als Mutter! Aber das würde einem Mann einfach nicht passieren. Gott sei Dank gibt es auch sehr positive Beispiele, die uns Frauen mit viel Wertschätzung begegnen. Ich bin nicht der Typ, der dann gleich aufgibt.“

 

Nina Wöss, Speedinvest, Female Founders

Wofür setzt Du Dich ein?

Nina Wöss baut den Venture Fonds Speedinvest mit auf.
Nina Wöss von Speedinvest. © Speedinvest

„Frauen sind in dieser Industrie stark unterrepräsentiert – das zeigt sich in verschiedensten Studien, aber auch im Alltag – egal ob in Medien, die über Tech-Themen berichten, auf Branchenveranstaltungen – sowohl auf der Bühne, als auch im Publikum oder in technischen Studiengängen. Der Frauenanteil liegt signifikant unter 50 Prozent, meist eher zwischen 10 und 15 Prozent. Das betrifft nicht nur die GründerInnen an sich, sondern auch die Teams von Technologie-Start-ups im Allgemeinen, die mitunter vollkommen männlich sind. Gleiches gilt für die Seite der InvestorInnen. Auch bei Business Angels und institutionellen Investoren sind Frauen nach wie vor in der klaren Minderheit. Daher muss das Thema „Frauen und Tech“ im Jahr 2017 nicht nur diskutiert werden, sondern es müssen auch konkrete Schritte gesetzt werden.“

Katharina Klausberger, Shpock, Business Angel

Was sind die wichtigsten Attribute, die Gründerinnen haben müssen? 

Katharina Klausberger und Armin Strbac im "Superheroes"-Besprechungsraum. © Jakob Steinschaden
Katharina Klausberger. © Jakob Steinschaden

„Tech wird für die moderne Gesellschaft immer wichtiger. Wir müssen Frauen für diesen Zweig begeistern. Damit mehr Menschen den interessanten Weg dem leichten vorziehen. Frauen haben oft die Fähigkeit, ihre Ziele nachhaltiger zu verfolgen und sie probieren vieles aus. Das sollte vom Kindergartenalter an gefördert werden.“

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