Analyse

Der Bitcoin-Preis macht nicht das, was populäre Thesen vorhersagen

Krypto-Kurse am Display. © Jakub Żerdzicki auf Unsplash
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Es soll ja ein heißer Sommer werden. Denn bisher war es ja so: So etwa 12 bis 18 Monate nach den Bitcoin-Halvings zeigte sich, dass BTC ein neues Allzeithoch erreicht hat. Nun war das letzte Halving – also die Halbierung der Menge neuer Coins, die Miner produzieren können – am 20. April 2024.

Schlussfolgerung: Irgendwann zwischen dem April 2025 und Oktober 2025 müsste BTC ja dann ein neues Rekordhoch erzielen. Allerdings ist 2025 deutlich anders verlaufen und hat die Bitcoin-Theorien aus der Bahn geworfen. Denn das aktuelle Allzeithoch stammt vom 22. Mai 2025, bei 111.970 Dollar. Wir erinnern uns: Am 22. Mai wurde der 15. Jahrestag des Bitcoin Pizza Day weltweit gefeiert – und die Party-Gäste bekamen ein neues All Time High geschenkt.

War es das also für die Bitcoin-Rekordjagd bis auf weiteres? Viele Polymarket-Wettspieler, die Geld auf künftige Ereignisse setzen, etwa denken, dass es noch höher gehen kann. 74% denken, dass BTC dieses Jahr noch 120.000 Dollar erreichen kann, 34% gehen von der Marke 150.000 DOllar aus, und 13% glauben an 200.000 Dollar:

Bitcoin-Allzeithochs nach den Halvings

Bisher war es so: Nach den Halvings stieg BTC auf ein neues Hoch, um dann wieder abzustürzen, und sich dann nach etwa vier Jahren auf ein neues Hoch zu schwingen. Nun könnte man denken: Geschichte wiederholt sich.

Halving Datum Tage bis neues ATH Besonderheiten
1. Halving 28.11.2012 371 Tage 12 Monate
2. Halving 09.07.2016 500 Tage 16 Monate
3. Halving 11.05.2020 546 Tage 18 Monate
4. Halving 20.04.2024 397 Tage 13 Monate

Daraus leitet sich die teilweise immer noch beliebte Stock-to-Flow-These ab. Es ist ein Preisvorhersagemodell für Bitcoin, das 2019 von dem pseudonymen niederländischen Analysten PlanB entwickelt wurde. Das Modell basiert auf dem Konzept der Knappheit und vergleicht den aktuellen Bestand (Stock) von Bitcoin mit der jährlichen Produktion (Flow) neuer Coins durch Mining. Die Stock-to-Flow-Ratio wird berechnet, indem der Gesamtbestand durch die jährliche Produktion geteilt wird – je höher diese Zahl, desto knapper und theoretisch wertvoller ist das Asset.

PlanB wendete dieses ursprünglich für Edelmetalle wie Gold entwickelte Modell auf Bitcoin an und argumentierte, dass Bitcoin aufgrund seiner programmierten Knappheit und der alle vier Jahre stattfindenden Halvings (Halbierung der Mining-Belohnungen) einem ähnlichen Knappheitsmuster folgt wie Edelmetalle. Das Modell prognostizierte, dass Bitcoin mit jedem Halving-Event knapper wird und dadurch exponentiell im Wert steigt. Obwohl das Modell in den ersten Jahren nach seiner Veröffentlichung relativ genau war, wurde es bald stark kritisiert, da einige Preisvorhersagen nicht eintrafen (Trending Topics berichtete).

In diesem Chart des Stock-to-Flow-Modells (S2F) sieht man, dass sich die bisherigen Schemata (neues BTC-Hoch bei rund 1.000 Tagen bis zum nächsten Halving [Rot-Orange-Gelb], dann Preisabsturz [Grün-Blau]) nicht mehr so klar seit dem letzten Bitcoin-Halvung in 2024) wiederholen:

Würde das S2F-Modell stimmen, dann müsste der Bitcoin-Preis aktuell bei 340.000 Dollar liegen, am heutigen Dienstag steht er aber nur bei 108.000 Dollar – also bei weniger als einem Drittel dessen, was das Modell vorausgesagt hat. Wie man bei bitcoinmagazinepro.com sieht, ist die Abweichung vom S2F-Modell so groß wie selten zuvor:

Kommt wirklich der Superzyklus?

Eine zweite beliebte Theorie in der Disziplin des Bitcoin-Preisraten: Der Superzyklus. Sie beschreibt ein theoretisches Marktphänomen, bei dem sich Bitcoin von seinen traditionellen vierjährigen Zyklen löst und in eine Phase anhaltenden, parabolischen Wachstums eintritt. Im Gegensatz zu den historischen Mustern, bei denen auf jeden Bullenlauf ein mehrjähriger Bärenmarkt mit Kursverlusten von bis zu 80% folgte, würde ein Superzyklus diese Wachstumsperiode erheblich verlängern.

Das führt dazu, das so manche Marktbeobachter bzw. Bitcoiner einen Preis von einer Millionen Dollar vorhersagen – wie etwa Strategy-CEO Michael Saylor, der bekanntermaßen zum größten BTC-Käufer der Welt wurde (siehe hier). Sie gehen davon aus, das wirtschaftliche und regulatorische Effekte den BTC-Preis beeinflussen und nicht rein technische Dinge wie das S2F-Modell. Aktuell sieht man eine starke Seitwärtsbewegung von BTC, eine parabolische Entwicklung ist nicht zu sehen.

Unterstützende Argumente der Superzyklus-These:

  • ETF-Zuflüsse: Kontinuierliche institutionelle Investitionen über Bitcoin-ETFs
  • Regulatorische Fortschritte: Verbesserte Regulierung in den USA und der EU (MiCA)
  • Souveräne Adoption: Mehrere Länder bzw. US-Bundesstaaten erwägen Bitcoin als strategische Reserve
  • BTC in Unternehmens-Reserven: Die Zahl der Unternehmen, die Bitcoin weltweit in die Bilanz nehmen oder nehmen wollen, ist stark gestiegen (mehr dazu hier)

Gegenargumente der Superzyklus-These:

  • Das S2F-Modell (siehe oben) wird witzigerweise oft als Gegenthese angeführt
  • Marktpsychologie und gefährliche Erwartungen: Die Superzyklus-Euphorie führt zu übertriebenen Erwartungen, die Gefahr einer Blasenbildung steigt
  • Volatilität ist geblieben: Alleine in 2025 pendelte Bitcoin zwischen 76.000 Dollar und 112.000 Dollar, vor allem getrieben durch das Auf und Ab der Märkte in Folge der Trump-Zollpolitik

Fazit

Die Analyse der Bitcoin-Preisentwicklung nach dem vierten Halving zeigt deutlich, dass sich die Kryptowährung in einer Übergangsphase befindet – aber ein Übergang wohin? Während das neue Allzeithoch von 111.970 Dollar am 22. Mai 2025 zunächst die historischen Halving-Zyklen zu bestätigen schien, offenbart ein genauerer Blick erhebliche Abweichungen von etablierten Modellen. Das Stock-to-Flow-Modell, das einen Bitcoin-Preis von 340.000 Dollar vorhersagen würde, liegt mit seiner aktuellen Prognose um mehr als das Dreifache daneben – eine der größten Diskrepanzen in der Geschichte des Modells. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass rein technische Analysemodelle nicht mehr ausreichen, um die komplexer gewordene Bitcoin-Marktdynamik zu erfassen.

Aber auch der Superzyklus ist nicht erkennbar. Während institutionelle Faktoren wie ETF-Zuflüsse, regulatorische Fortschritte und die wachsende Unternehmensadoption für eine nachhaltigere Preisentwicklung sprechen könnten, zeigt die anhaltende Volatilität zwischen 76.000 und 112.000 Dollar in 2025, dass Bitcoin noch weit von einem stabilen parabolischen Wachstum entfernt ist.

Bitcoin scheint sich in einer Phase zu befinden, in der alte Muster nicht mehr vollständig greifen, neue aber noch nicht etabliert sind. Insofern ist die Bitcoin-Preisvorhersage das, was sie ist: Kaffeesud-Lesen.

Werbung
Werbung

Specials unserer Partner

Die besten Artikel in unserem Netzwerk

Powered by Dieser Preis-Ticker beinhaltet Affiliate-Links zu Bitpanda.

Deep Dives

Startup & Scale-up Investment Tracker 2025

Die größten Finanzierungsrunden des Jahres im Überblick
#glaubandich CHALLENGE Hochformat.

#glaubandich CHALLENGE 2025

Österreichs größter Startup-Wettbewerb - 13 Top-Investoren mit an Bord
© Wiener Börse

IPO Spotlight

powered by Wiener Börse

Trending Topics Tech Talk

Der Podcast mit smarten Köpfen für smarte Köpfe
Die 2 Minuten 2 Millionen Investoren. © PULS 4 / Gerry Frank

2 Minuten 2 Millionen | Staffel 12

Die Startups - die Investoren - die Deals - die Hintergründe

BOLD Community

Podcast-Gespräche mit den BOLD Minds

IPO Success Stories

Der Weg an die Wiener Börse

Weiterlesen