Copyright-Reform

Urheberrecht in der EU: Der Kampf um das Internet und wie es künftig funktionieren soll, ist eröffnet

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Die Verhandlungsposition von Verlegern gegenüber den Betreibern großer Internet-Plattformen (a.k.a. Google, Facebook und Co) stärken, das ist das erklärte Ziel von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger und dem Vizepräsidenten der EU-kommission Andrus Ansip: Am Mittwoch Nachmittag präsentierten sie ihre Vorstellungen für eine Copyright-Reform in der EU. Diese sieht wie berichtet vor, ein Leistungsschutzrecht für Verlage EU-weit einzuführen.

Oettingers Pläne sehen vor, dass Inhalte von Online-Medien 20 Jahre lang geschützt werden sollen, auch die die Verwendung kürzester Textausschnitte (so genannte Snippets, wie sie etwa in Google-Suchergebnissen auftauchen) oder das Indexieren der Inhalte soll lizenzpflichtig werden. Medienhäusern soll es möglich machen, Suchmaschinen und News-Aggregatoren zur Kasse zu bitten, wenn sie Ausschnitte aus ihren Artikeln anzeigen. Sogar Überschriften, die auch gerne und oft über Social Media wie Facebook oder Twitter verbreitet werden, sollen von der Regelung betroffen sein. Die reine Verlinkung auf die Inhalte anderer, beteuerte Oettinger, solle aber weiterhin frei (und damit kostenfrei) bleiben.

In Oettingers Entwurf ist allerdings keine Ausnahme für nicht-kommerzielle Angebote zu finden, während das viel kritisierte Leistungsschutzrecht in Deutschland nur für „gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen“ oder „gewerbliche Anbieter von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten“ gilt.

Auch Video-Content soll reguliert werden

Neben News-Artikeln geht es bei der Copyright-Reform auch um den boomenden Bereich von Videoinhalten. Musiker, so EU-Vizepräsident Ansip, würden von werbefinanzierten Plattformen (in erster Linie ist die Google-Tochter YouTube gemeint) zu wenig bekommen. Spotify mit 40 Millionen zahlenden Nutzern würde 2 Milliarden US-Dollar an die Musikindustrie auszahlen, während das werbefinanzierte YouTube mehr als einer Milliarde Nutzer würde vergleichsweise 3,6 Mrd. US-Dollar an die Musikbranche auszahlen.

Deshalb will die EU-Kommission von den Betreibern von Video-Plattformen verlangen, dass diese die von Nutzern hochgeladenen Inhalte schnell auf Urheberrecht überprüfen und dann entweder löschen oder eine Genehmigung vom Urheber einholen. Dafür sorgen sollen teure Content-ID-Systeme, die das hochgeladene Material mit den urheberrechtlich geschützten Videos abgleichen.

Nicht zufällig hat Google am Mittwoch Nachmittag den Start des YouTube-Players für Publisher (ein Projekt der Digital News Initiative), um der EU-Kommission ein wenig Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Player soll es Publishern erlauben, Werbeformate sowie Ad Loads in ihren Videos selbst zu kontrollieren und ihnen die vollen Verkaufsrechte für alle Videos, die in ihren eigenen Websites und Anwendungen eingebettet sind geben. Erste Partner sind ze.tt (Deutschland), Dagbladet (Norwegen) und Unidad aus Spanien gehören auch France24 (Frankreich), The Guardian (GB), Prisa (Spanien) und Oe24 (Österreich).

Es hagelt sofort Kritik

Die Vorschläge zur EU-Urheberrechtsreform sind auf wenig Gegenliebe gestoßen. Der deutsche IT-Branchenverband Bitkom bezeichnet die Pläne als „halbherzig“, es sei wenig sinnvoll, das in Deutschland gescheiterte Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu verschärfen und auf die gesamte EU zu übertragen.“ Es bestehe die Gefahr, dass „Suchmaschinen journalistische Texte aus ihrer Suche komplett entfernen. Das Web würde ärmer“, warnt Bitkom-Chef Bernhard Rohleder. Wenig begeistert zeigt sich auch Google in einem Blog-Eintrag.

„Es kann nicht sein, dass bei jedem Posten, Verlinken, Teilen oder Erstellen eines Bildes, Videos oder Textes die Gefahr besteht, abgemahnt zu werden. Diese massive Rechtsunsicherheit muss dringend abgeschafft werden“, so Klaus Müller, Vorstand der deutschen Verbraucherschutzzentrale (vzbv). Der deutsche IT-Verband eco sieht eine Gefahr für kleine Firmen und Start-ups, die unter diesen Bedingungen nicht mit den großen Silicon-Valley-Riesen mithalten könnten. „Plattformen wie YouTube nutzen bereits Software zur Erkennung von ‚Content ID‘. Für kleinere Marktteilnehmer könnte ein solches Erfordernis, aufgrund des finanziellen Aufwands bei der Einführung und Implementierung allerdings zu massiven Problemen führen“, heißt es seitens eco.

Ablehnung auf der anderen Seite des Atlantik

In den USA wird die Debatte rund ums EU-Urheberrecht ebenfalls mit großen Interesse verfolgt. Dort werden sie als Protektionismus wahrgenommen, der europäische Unternehmen. „Es ist Fakt, dass die meisten innovativen Firmen von der Westküste kommen“, so der Internet-Experte Andrej Savon gegenüber der New York Times. „Die Vorschläge aus Brüssel haben definitiv diese amerikanischen Firmen zum Ziel.“

Die Vorschläge der EU-Kommission müssen sowohl vom EU-Parlament als auch vom EU-Ministerrat abgesegnet werden, bevor sie in kraft treten können – ein Prozess, der sich noch über Monate hinziehen kann und in dessen Verlauf sich viele Lobbyisten einschalten könnten, um die Interessen von Internetfirmen zu vertreten.

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