Giftige Mischung führt zu Einbruch bei Startup-Investments in Österreich

Das österreichische Startup-Ökosystem erlebt im ersten Halbjahr 2025 einen historischen Tiefpunkt. Laut dem EY Startup-Barometer sank das Gesamtfinanzierungsvolumen um 64 Prozent auf nur noch 110 Millionen Euro – der niedrigste Halbjahreswert seit 2019.
Während die Anzahl der Finanzierungsrunden mit 70 Deals relativ stabil blieb, fiel die durchschnittliche Dealgröße auf unter 2 Millionen Euro – ein Rekordtief seit Erhebungsbeginn vor zehn Jahren. Besonders alarmierend: Keine einzige Finanzierungsrunde überstieg 50 Millionen Euro.
„Die Zahlen sind ein Weckruf. Das Finanzierungsvolumen ist auf einem historischen Tiefpunkt – damit steht die in den letzten Jahren weitgehend positive Entwicklung des österreichischen Start-up-Standorts auf der Kippe“, sagt Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich. „Zwar konnten immer noch einige Start-ups Finanzierungsrunden abschließen, aber die Tickets werden immer kleiner. Die Liquidität bleibt gering, die Ebbe hält an und viele Startups sitzen auf dem Trockenen“.
Die EY-Zahlen untermauern die Zahlen, die Trending Topics schon am Montag dieser Woche veröffentlicht hat (mehr dazu hier).
Gründe für die negative Entwicklung:
- Wirtschaftliche Schwäche als Standortnachteil: Österreich ist laut IWF-Prognose 2025 das einzige EU-Land mit negativer Wirtschaftsleistung und rutscht bereits im dritten Jahr in Folge in die Rezession. „Im internationalen Vergleich findet sich Österreich in einer von strukturellen Krisen geprägten Länderliste wieder – ein fatales Signal für internationale Investoren“, warnt Florian Haas von EY.
- Rückzug internationaler Investoren: Die makroökonomische Schwäche führt dazu, dass sich internationale Kapitalgeber zurückziehen und ihre Aufmerksamkeit auf wirtschaftlich stabilere Regionen richten.
- Fokus auf Bestandsportfolios: „Viele haben in den vergangenen Quartalen erhebliche Mittel nachgeschossen, um ihre Beteiligungen abzusichern. Für Neuinvestments bleibt da schlicht oft kein Spielraum“, erklärt Haas.
- Geopolitische Unsicherheiten: Handelskonflikte und eine fragile Konsum- und Investitionsstimmung belasten die Risikobereitschaft weltweit zusätzlich.
- Kapitalmangel in allen Phasen: Besonders problematisch ist der 20-prozentige Rückgang bei Frühphasenfinanzierungen unter einer Million Euro. „Der Kapitalmangel trifft Startups in allen Phasen – von der frühen Gründung bis zur internationalen Skalierung“, so Haas.
- Fehlende Wertschätzung für Unternehmertum: Haas sieht strukturelle Defizite: „Startups sind nicht das Hobby einiger weniger, sondern ein zentraler Motor für Erneuerung, Wachstum und Resilienz. Diese Rolle muss politisch, medial und gesellschaftlich stärker wahrgenommen und wertgeschätzt werden.“
- Unattraktive Rahmenbedingungen: Es fehlen Investitionsanreize wie der geplante Dachfonds, Beteiligungsfreibeträge für private Investoren und moderne Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen.
Die größten Finanzierungsrunden gingen an das oberösterreichische KI-Startup Emmi AI (15 Millionen Euro) und das steirische Unternehmen Easelink (11,5 Millionen Euro). Wien konnte trotz des allgemeinen Rückgangs seinen Marktanteil auf 65 Prozent des gesamten Risikokapitals steigern.
Hier gibt es den EY Startup-Barometer in voller Länge: