Werbe-Boykott

Zuckerberg: Der Mann der mauen Zugeständnisse

Facebook-Chef Mark Zuckerberg. © Facebook
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Am Ende sind es nicht die Politiker, die Datenschützer, die Wissenschaftler, die protestierenden Mitarbeiter oder die Bürgerrechtler, sondern die Werbekunden. Nachdem sich unter dem Hashtag #StopHateForProfit mehr als 100 Unternehmen einem Werbe-Boykott auf Facebook (teilweise nur in den USA, teilweise auf Zeit) angeschlossen haben, ist der Druck auf Mark Zuckerberg derart gestiegen, dass er bei den Regeln für erlaubte Inhalte und Werbebotschaften eingelenkt hat – zumindest ein wenig.

Unilever, Coca-Cola, Verizon, Honda, The North Face, Patagonia – es sind eine Reihe sehr großer Marken und Unternehmen, die Facebook damit drohen, Werbegelder zu entziehen. 2019 machte Zuckerbergs Internet-Konzern etwa 70 Milliarden Dollar Umsatz mit Online-Ads. Der angedrohte Werbe-Boykott schickte die Facebook-Aktie auf Talfahrt (bis zu -7%). Es ist aber auch nur ein Bruchteil jener Firmen, die Werbe-Budgets in das Social Network und der Tochter Instagram kippen, schließlich zählt Facebook weltweit mehrere Millionen Werbekunden.

„Keine Ausnahme für Inhalte, die zu Gewalt aufstacheln“

Doch damit sich der Protest nicht auswächst, lenkt Zuckerberg nun ein – zumindest ein wenig. Im Zuge der #BlackLivesMatter-Proteste in den USA war Facebook in die Kritik gekommen, weil es (anders als Twitter) die Gewaltandrohungen von US-Präsident Donald Trump gegen Demonstranten nicht mit einem Warnhinweis versah und die Reichweite einschränkte. Zuletzt wurde immerhin eine Werbe-Kampagne, bestehend aus 88 (!) Ads der Trump-Kampagne, gestoppt, weil ein Nazi-Symbol verwendet wurde.

Nun kündigt Zuckerberg also an, dass künftig Beiträge von Politikern zu markieren, wenn diese gegen die Nutzungsregeln verstoßen – also etwa Hassbotschaften verbreiten. Ohne seinen Namen auszusprechen, Trump ist da inkludiert. Das bedeutet, dass (wie auch auf Twitter) die Inhalte online bleiben, aber möglicherweise hinter einem Warnhinweis versteckt werden und schwerer zum Sharen sind.

Facebook wird in Extremfällen sogar noch weitergehen und Posts löschen. „Es gibt keine Ausnahme für Inhalte, die zu Gewalt aufstacheln oder Abstimmungen unterdrücken. Selbst wenn ein Politiker oder Regierungsvertreter es sagt – wenn wir feststellen, dass Inhalte zu Gewalt führen oder Menschen ihres Wahlrechts berauben können, werden wir diese Inhalte herunternehmen“, kündigt Zuckerberg an. Doch wo die rote Linie zwischen Warnhinweis und Löschung verläuft, das ist unklar.

Denn rigoros gelöscht wird auch zukünftig nicht werden. „Ich setze mich dafür ein, dass Facebook ein Ort bleibt, an dem Menschen ihre Stimme zur Diskussion wichtiger Themen einsetzen können, denn ich glaube, dass wir mehr Fortschritte machen können, wenn wir uns gegenseitig hören“, sagt Zuckerberg. „Aber ich wende mich auch gegen Hass oder alles, was zu Gewalt aufstachelt oder Abstimmungen unterdrückt, und wir setzen uns dafür ein, dass dieser Hass beseitigt wird, ganz gleich, woher er kommt.“

Maue Zugeständnisse

Zwischen den Zeilen ist das natürlich eine Ansage in Richtung Trump, dass er künftig seine Botschaften (sollten sie im Stil der bisherigen bleiben) nicht mehr so leicht bei Facebook unterbringen wird können. Es ist gleichzeitig aber auch ein Zugeständnis an die Werbekunden. Die mögen politisch motiviert sein oder auch nicht, jedenfalls: Werbekunden wollen so genannte „Brand Safety“, wollen mit ihren Ads, Produkten und Dienstleistungen also nicht direkt neben Hassbotschaften von Trump oder jemand anderem auftauchen, weil das aufs eigene Image abfärben könnte.

Zuckerberg kündigte auch an, das bezahlte Inhalte im Netzwerk künftig strengeren Regeln unterworfen werden. „Wir erweitern unsere Anzeigenpolitik, um Behauptungen zu verbieten, dass Menschen einer bestimmten Rasse, Ethnie, nationalen Herkunft, Religionszugehörigkeit, Kaste, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder Einwanderungsstatus eine Bedrohung für die physische Sicherheit, Gesundheit oder das Überleben anderer darstellen“, so Zuckerberg. Auch wolle man Einwanderer, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende „besser vor Anzeigen zu schützen, die suggerieren, dass diese Gruppen minderwertig sind, oder die Verachtung, Entlassung oder Abscheu gegenüber diesen Gruppen zum Ausdruck bringen.“ Da fragt man sich natürlich: Was war denn bitteschön bisher alles möglich??

„Verschwendete Möglichkeit“

Und: Lügen in politischer Werbung dürfen weiterhin auf Facebook verbreitet werden, Facebook wird Nutzer lediglich die Möglichkeit geben, dass sie politische Werbung per Knopfdruck nicht mehr zu sehen bekommen. Geht Zuckerbergs Plan auf, dann werden Unternehmen weiter Werbung buchen, und die Politiker auch. Wem die neuen Maßnahmen nicht reichen, war auch schnell klar. Rashad Robinson, Präsident von Color of Change etwa hält Zuckerbergs Ankündigungen für „inhaltsleere Anmerkungen“.

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