Forschung

Von Kamelen abgeschaut: 200 Stunden Kühlung ohne Energieaufwand

Das Doppelschicht-Material könnte Kühlung ohne Energieaufwand ermöglichen © Zhengmao Lu und Ningxin Chen
Das Doppelschicht-Material könnte Kühlung ohne Energieaufwand ermöglichen © Zhengmao Lu und Ningxin Chen
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In den letzten Jahren wächst immer mehr die Bedeutung von passiven Kühlsystemen, die keine externe Energieversorgung benötigen und somit umweltschonend sind. Besonders in der Lebensmittelindustrie, wo Transporte meist mit einem hohen Energieaufwand für die Kühlung verbunden sind, kommen solche Systeme zum Einsatz. Forscher vom Massachusetts-Institut für Technologie in Cambridge haben entdeckt, dass sie durch die Nachahmung des Fell-Drüsensystems der Kamele eine Technologie entwickeln können, das Objekte bis zu 200 Stunden kühl halten kann ohne externe Energieversorgung. So haben sie ein Material aus zwei Komponenten entwickelt – Hydrogel und Aerogel (Joule, doi: 10.1016/j.joule.2020.10.005). 

Diese Technologie beruht auf einem natürlichen Prozess, den wir alle kennen – die Abgabe von Feuchtigkeit durch Schwitzen, die für die Kühlung des Körpers sorgt. Nach diesem Prinzip wurden bereits Konzepte zur passiven Kühlung entwickelt wie die wasserhaltigen Hydrogele. Sie benötigen jedoch viel Wasser und funktionieren nicht lange.

Das fehlende Element: Fell

Die Forschungsgruppe um Jeffrey Grossman vom Massachusetts-Institut für Technologie hat einen neuen Zugang gefunden: „Während sich frühere Forschungsarbeiten zur passiven Kühlung auf die Nachahmung der Verdunstung aus Schweißdrüsen bei Säugetieren konzentrierten, haben wir uns deshalb nun der Rolle der Fellisolierung gewidmet“, erzählt Grossman. Auf die Idee kamen sie durch die Physiologie der Kamele. Wie biologische Studien zeigen, verbraucht ein geschorenes Kamel um 50 Prozent mehr Wasser fürs Schwitzen als ein Kamel mit natürlichem Fell. Das Fell sorgt also für einen Kühleffekt, der wiederum dazu führt, dass die Kamele weniger anschwitzen und somit Wasser sparen. 

So haben sich die Forscher entschieden, ein Schichtmaterial zu erstellen, das dem Fell-Drüsensystem der Kamele entspricht. Die Unterlage bildet ein Hydrogel, das ähnlich wie die Schweißdrüsen der Tiere Feuchtigkeit abgeben kann. Darüber sitzt eine Schicht, die aus synthetisierten hochporösen, hydrophoben Kieselsäure-Aerogelen besteht. Sie ahmt das Fell der Tiere nach, indem sie eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist und gleichzeitig Feuchtigkeit passieren lässt.

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Kühlung bis zu 200 Stunden

Im Gegensatz zu bisherigen Alternativen kann die neue Technologie Objekte rund fünfmal länger kühl halten. Tests haben gezeigt, dass die Doppelschicht die Temperatur im Inneren einer Kammer um sieben Grad verringern und diesen Wert für 200 Stunden behalten kann, bevor sie ihre Feuchtigkeit verliert. Im Vergleich verbraucht die Hydrogelschicht alleine die gleiche Menge an Wasser für etwa 40 Stunden. „Das Konzept kann somit eine erhebliche Verlängerung der passiven Verdunstungskühlzeit bei gleichem Wasserverbrauch ermöglichen“, resümiert Grossman.

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Einsatz zum Transport in warmen Regionen

Durch seine Fähigkeit, Objekte über einen längeren Zeitraum ohne Energieaufwand kühl zu halten, findet das Kamel-inspirierte Material große Anwendung beim Transport von Produkten. So können zum Beispiel empfindliche Produkte wie Medikamente verschickt werden. Besonders hilfreich wäre die Technologie in den warmen Regionen der Welt, in denen eine kontinuierliche Kühlung durch Klimaanlagen problematisch ist. Die Forscher sehen noch keine Anwendung bei der Kühlung von größeren Produkten, da die Herstellungskosten aufgrund des Trocknungsschritts hoch fallen. Sie glauben jedoch daran, das Problem in der Zukunft zu lösen.

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