Gastbeitrag

Future{hacks}: Kein Wunder in Sicht: Drei Lücken bremsen den großen KI-Sprung ein

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Montag wechselt ein Modell das Verhalten und spuckt nur noch Schwachsinn aus. Dienstag zitiert ein Assistent eine alte Richtlinie, weil die Quelle nicht versioniert war. Mittwoch explodiert die Rechnung durch Infrastruktur und Compliance.

Seit Monaten ist die Lautstärke höher als die Lieferleistung. Große Ankündigungen kamen, der große Sprung blieb aus. Drei Lücken ziehen sich durch viele Einführungen: fehlende Robustheit über Releases, fehlende Verifikation im Output und ein unterschätzter Gesamtpreis. Dieser Beitrag zeigt, wie sich diese Lücken im Alltag bemerkbar machen.

Wer wissen will, was KI heute wirklich liefert und worauf wir noch lange warten, ist hier richtig. Es geht um verlässliche Wirkung im Alltag, um kalkulierbare Kosten und um Steuerbarkeit statt Bauchgefühl. Dieser Text schaut nicht in die Kristallkugel, sondern ins Maschinenhaus der Gegenwart.

Das kleine Einmaleins

In der Debatte taucht ein einfaches Stufenmodell auf. Heute dominieren spezialisierte Systeme, oft als Narrow AI bezeichnet, die klar umrissene Aufgaben gut erledigen. Artificial General Intelligence, kurz AGI, steht als Idee für eine allgemeine Intelligenz auf Menschenniveau, die Wissen zwischen Bereichen überträgt und sich flexibel anpasst. Artificial Super Intelligence, kurz ASI, beschreibt eine theoretische Stufe darüber, die Menschen in fast allen Bereichen deutlich übertrifft. Beides bleibt vorerst ein Zielbild. Für Unternehmen zählt, was vorhandene Systeme jetzt verlässlich leisten und wie man diese Wirkung sauber in den Betrieb bekommt.

Warum der Hype gerade gesättigt wirkt

Die Versprechen wiederholen sich, während drei Bremsklötze bleiben. Erstens die Zuverlässigkeit über viele Aufgaben hinweg. Demos glänzen, im Alltag schwankt die Qualität und Updates verändern Verhalten. Zweitens der Gesamtpreis. Zur Modellgebühr kommen Infrastruktur, Integration und Absicherung, der Erfolg lässt sich nicht auf einen Einzeltarif pro Anfrage reduzieren. Drittens die Steuerbarkeit. Ohne wiederholbare Tests, klare Freigaben und einen Plan B bleibt man abhängig vom Takt eines Anbieters. Solange diese Punkte offen sind, wirkt die nächste Stufe wie Zukunftsmusik.

Aktueller Blick von außen

Mehrere sehr frische Einordnungen stützen diese Beobachtung. ITPro beschreibt die Lücke zwischen Versprechen und Wirkung bei sogenannten Agenten und verweist auf eine Prognose von Gartner, nach der in den kommenden Jahren ein spürbarer Anteil solcher Agenten wieder eingestellt wird. PYMNTS zeigt, dass vor allem Infrastruktur, Integration und Compliance den Ausschlag beim Preis geben, nicht der Modelltarif. Und das US Nachrichtenportal Axios ordnet ein, warum ohne verständliche Erklärbarkeit und überprüfbare Ergebnisse das Vertrauen schnell bröckelt.

Was heute real ist

Es gibt solide Bausteine, mit denen Teams Wirkung erzeugen. Zuverlässiges Nachschlagen in eigenen, geprüften Quellen statt endloser Prompts. Strukturierte Ausgaben, die sich in bestehende Prozesse einfügen. Hilfen beim Schreiben von Code und Texten, die einfache Qualitätsprüfungen bestehen. Ein sinnvoller Anteil Rechnen auf dem Gerät, wenn Vertraulichkeit, Latenz oder Kosten es nahelegen. Agenten, also automatisierte Arbeitsabläufe, die Werkzeuge nutzen dürfen, aber nur mit Freigaben, Budgetgrenzen und einem klaren Rückgängig-Knopf. Unspektakulär, aber genau das macht einen Betrieb stabil.

Was fehlt, damit die nächste Stufe ankommt

1. Robuste Generalisierung
Gemeint ist verlässliche Leistung über Aufgaben, Datenschnitte und Releases hinweg, ohne ständiges Nachjustieren. Woran man es erkennt: gleichbleibende Qualität bei Varianten desselben Problems, geringe Verschlechterung nach Updates, stabile Ergebnisse auch bei leicht abweichenden Eingaben. Wie man es misst: Trefferquote und Schwankung über einen gemischten Aufgabenkorb, dokumentierte Regressionen pro Release, Wiederholbarkeit über mehrere Durchläufe.

2. Eingebaute Verifikation
Antworten prüfen sich vor der Freigabe selbst, nennen Quellen, markieren Risiken und rechnen nach, wo Zahlen im Spiel sind. So sieht das aus: Quellenfelder im Output, Zitate aus geprüften Dokumenten, einfache Gegenrechnungen, klare Regeln für zusätzliche Freigaben bei heiklen Fällen. Warum das zählt: Ohne nachvollziehbare Verifikation bleibt Vertrauen fragil, wie aktuelle Berichte des US Nachrichtenportals Axios über Überkonfidenz und fehlende Erklärbarkeit zeigen.

3. Wirtschaftliche Tragfähigkeit
Qualität muss steigen, während Kosten, Energie und Wartezeiten pro korrektem Ergebnis sinken. Hebel heute sind etwa das passende Modell pro Aufgabe, Zwischenergebnisse zwischenspeichern, kleinere Modelle gezielt trainieren und ein sinnvoller On-Device-Anteil für vertrauliche oder latenzkritische Schritte. Wichtige Kennzahlen sind die Kosten pro korrekter Entscheidung statt Preis pro Anfrage, die Antwortzeit im oberen Bereich der Verteilung unter Last und der Anteil vermeidbarer Cloud-Aufrufe.

4. Transparente Steuerbarkeit
Entscheidungen sind nachvollziehbar, Schnittstellen bleiben portabel, ein Exit-Plan existiert. In der Praxis heißt das: wiederholbare Tests in der eigenen Domäne, klare Freigabewege, Budgetgrenzen, ein zweiter Pfad, der bei Störungen übernimmt, und nachvollziehbare Artefakte für Audit und Compliance.

Woran Unternehmen sich jetzt orientieren sollten

Warten ist keine Strategie. Der Kurs führt über Dinge, die morgen noch tragen, selbst wenn ein Anbieter die Richtung ändert. Wichtig sind regelmäßige Prüfungen in der eigenen Domäne, nicht glänzende Demos. Wechselbarkeit entsteht, wenn Schnittstellen und Formate einen zweiten Pfad erlauben und ein Wechsel in Wochen möglich bleibt. Governance zeigt sich, wenn Freigaben, Protokolle und ein Ablauf für den Ernstfall feststehen. Kostenklarheit entsteht, wenn nicht der Einzelpreis pro Anfrage, sondern der Preis pro korrekter Entscheidung bei akzeptabler Antwortzeit berichtet wird.

Warum man (noch) nicht auf den großen Sprung hoffen sollte? Zeitpläne sind unsicher. Am Ende tragt ihr die Verantwortung. Wer auf das Wunder wartet, verschenkt Quartale und zahlt doppelt, weil weder Wirkung entsteht noch Verhandlungsmacht wächst. Wer stattdessen die vorhandenen Bausteine sauber betreibt, gewinnt Zeit, Datenqualität und Kontrolle. Wenn die nächste Stufe kommt, trifft sie auf einen Betrieb, der messen, vergleichen und wechseln kann.

Unser Future{hacks} Fazit

Die nächste große Stufe kommt später als die Schlagzeilen versprechen. Das ist kein Grund für Müdigkeit, sondern einer für Handwerk. Wirkung heute, Kontrolle heute, Plan B heute. Alles andere ist Kür, wenn die Pflicht sitzt.

Markus Kirchmaier ist Prokurist & Partner bei LEAN-CODERS und beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem IT-Arbeitsmarkt sowie modernen IT-Systemen und technologischen Entwicklungen.

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