Österreich

Startup fordert strengere Regeln gegen Verschwendung von Lebensmitteln

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Eine Box um etwa 22 Euro, die voller Obst und Gemüse ist, das ansonsten weggeworfen werden würde: Das oberösterreichische Startup afreshed ist 2021 mit seinen „Retterboxen“ angetreten, um Lebensmittelverschwendung in Österreich einzudämmen. Angaben des jungen Unternehmens rund um CEO Bernhard Bocksrucker sollen so bereits über 200 Tonnen frisches Bio-Obst und -Gemüse gerettet worden sein. Das Startup und seine Partner kaufen Obst und Gemüse, welches von der Norm abweicht und nicht den Handelsanforderungen entspricht, und versendet es an die eigenen Kund:innen.

Nun macht die Jungfirma Umweltschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) Dampf – und zwar mit einem Katalog an Forderungen, um die Verschwendung von Lebensmitteln sowohl zu Hause als auch in Betrieben und im Handel einzudämmen. Vorbild dazu könnte Frankreich sein. Dort ist es dem Lebensmittelhandel bereits seit 2018 verboten, Lebensmittel wegzuwerfen. Stattdessen müssen diese recycelt, günstiger verkauft oder gespendet werden. Bei Verstößen drohen dort Bußgeldern bis zu 75.000 Euro.

Die afreshed-Gründer wollen nun auch in Österreich ähnliche Maßnahmen sehen. „Deshalb fordern wir eine gesetzliche Regelung, die den Umgang mit überschüssigen Waren regelt. Dies kann zum Beispiel durch Spenden an Soziale Einrichtungen, die Weitergabe von Unternehmen, oder die Abnahme von Verarbeitungsbetrieben geschehen“, heißt es in einem offenen Brief des Startups, der Ende Dezember 2022, also vor wenigen Tagen, an die Ministerin geschickt wurde.

Tag gegen Lebensmittelverschwendung: Was Startups & ihre User tun

Regierungsprogramm sieht Wegwerf-Verbot im Handel vor

Diese Forderungen kommen nicht zufällig. Bereits Ende November 2022 hat der Rechnungshof eine „umfassende Strategie zur Lebensmittelverschwendung in Österreich“ gefordert. Dem Rechnungshof zufolge fallen in Österreich jährlich 790.790 Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an, Haushalte haben mit 206.990 Tonnen den höchsten Anteil. Der Handel verursacht mit 120.000 Tonnen die geringsten vermeidbaren Lebensmittelabfälle aller Sektoren. Laut Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen 2020–2024 soll es für den Lebensmitteleinzelhandel verboten werden, genusstaugliche Lebensmittel zu entsorgen – bisher gibt es nur auf Freiwilligkeit basierende Programme, einen Aktionsprogramm gegen Lebensmittelverschwendung sowie seit 2021 eine interministerielle Koordinierungsstelle.

In Österreich sind mehrere Startups gegen Lebensmittelverschwnedung tätig – neben afreshed etwa Too Good To Go, unverschwendet, Kern-tec oder Circly. Nicht alle sind erfolgreich: Brüsli, das Brot vor dem Wegwerfen durch Weiterverarbeitung zu Müsli bewahrte, musste wie berichtet kürzlich Insolvenz anmelden (mehr dazu hier).

Hier der offene Brief in voller Länge:

4 Forderungen eines Lebensmittelbetriebs

Sehr geehrte Fr. Gewessler, Sehr geehrte Bundesregierung,

Linz, 27.12.22

Mehr als 800.000 Tonnen Lebensmittel landen in Österreich jährlich im Müll. Das entspricht etwa 73 LKW Ladungen pro TAG. Oder anders gesagt: Mit dieser Menge könnte man ganz Kärnten über 1 Jahr lang ernähren.

Diese Zahl ist so groß, dass man sich die Menge eigentlich gar nicht vorstellen kann, aber sie entspricht der Realität. Und mehr noch: Die Menge an verschwendeten Lebensmitteln steigt scheinbar unaufhaltsam von Jahr zu Jahr weiter.

Mein Name ist Bernhard Bocksrucker und ich habe mit 2 Schulkollegen vor etwa 2 Jahren das Startup afreshed gegründet. Damit haben wir uns zum Ziel gesetzt, so viele Lebensmittel, wie möglich vor der Verschwendung zu bewahren. Gesagt, getan! Mittlerweile haben wir bereits:

  • –  Über 200 Tonnen Bio Obst- & Gemüse vor der Verschwendung gerettet
  • –  Unzählige Gespräche mit Landwirt*innen geführt
  • –  Forschungsprojekte initiiert & Bewusstsein geschaffen

    Doch das bleibt alles nur ein Tropfen auf den viel zu heißen Stein. Deshalb wollen wir jetzt einen Schritt weiter gehen. Wir wenden uns mit 4 konkreten Forderungen an Sie, wie man Lebensmittelverschwendung in Österreich nachhaltig eindämmen kann. Wir regen Sie dazu an, mit uns darüber zu diskutieren, wie man diese Forderungen in Österreich umsetzen könnte und wir bieten unsere Hilfe & gewonnene Expertise bei deren Umsetzung an.

Unsere 4 Forderungen lauten:

Ein Transparenzgebot

Einrichtungen & Unternehmen sollen öffentlich zu deren Handlungen stehen und sich nicht durch intransparente Wertschöpfungsketten verstecken können. Wir fordern daher, dass sich die Datenlage in allen Bereichen verbessert und eine öffentliche Berichtspflicht für große Unternehmen im Lebensmittelsektor eingeführt wird.

Bildung & Aufklärung

Knapp 50% der vermeidbaren Ausschüsse passieren immer noch zu Hause. Deshalb benötigt dieses Thema mehr Aufmerksamkeit für einen achtsamen und klimagerechten Umgang mit unseren Ressourcen. Deshalb schlagen wir eine fixe Verankerung im Lehrplan jeder Schule vor.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Rechtliche Rahmenbedingungen, sowie die Haftungsfrage für die Spende und Weitergabe von Lebensmittel muss geklärt werden. In Frankreich beispielsweise wird Verschwendung unter Strafe gesetzt. Wir fordern Anreize: Steuerliche Begünstigungen für alle jene Unternehmen, die laut dem Transparenzgebot die angestrebten Ziele erreichen, sowie eine Verpflichtung der Reduktion in allen Unternehmen. Denn eines ist klar: Auf Kosten unseres Planeten zu arbeiten, wird uns auf lange Frist weitaus teurer kommen, als nun die richtigen Maßnahmen zu setzen.

Eine verpflichtende Verwendung

Durch die momentanen Wertschöpfungsketten ist es für Betriebe oft billiger, brauchbare Lebensmittel unbrauchbar zu machen, als sie zu verwerten. Deshalb fordern wir eine gesetzliche Regelung, die den Umgang mit überschüssigen Waren regelt.
Dies kann zum Beispiel durch Spenden an Soziale Einrichtungen, die Weitergabe von Unternehmen, oder die Abnahme von Verarbeitungsbetrieben geschehen.

Wir gehen mit ambitionierten Vorsätzen in das Jahr 2023. Wir wollen die Österreicher*innen zu einer Trendwende beim Thema Lebensmittelverschwendung bewegen und fragen Sie, Fr. Gewessler, wollen Sie auch Teil dieser Veränderung sein?

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