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Wie das Krypto-Mining Städte wirtschaftlich verwüsten kann

Bitcoin-Mining © Dmitry Demidko on Unsplash
Bitcoin-Mining © Dmitry Demidko on Unsplash

Kryptowährungen haben in den letzten Jahren einen gewaltigen Boom erfahren. So groß ist der Hype um Bitcoin und Co, dass um das Mining der digitalen Assets ein echtes globales Wettrüsten entstanden ist. Weltweit wird immer wieder nach billigen Stromquellen gesucht, um die gewaltigen Energiemengen, die für große Mining-Farmen nötig sind, zu gewinnen. Doch das kann schwere Konsequenzen haben, warnt ein Bericht von MIT Technology Review. Ein Paradebeispiel sei die Kleinstadt Plattsburgh im US-Bundesstaat New York, die durch exzessives Mining wirtschaftlich verwüstet wurde. Denn die Energiekosten hat diese Industrie massiv in die Höhe getrieben.

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Niedrige Energiekosten ziehen Miner an

Plattsburgh ist eine Stadt in der Nähe der Grenze zu Kanada und hat rund 20.000 Einwohner:innen. Sie beheimatet die State University of New York at Plattsburgh. Zu Anfang des großen Krypto-Rausches verfügte die Stadt über eine der günstigsten Stromversorgungen in den Vereinigten Staaten, dank der billigen Wasserkraft der Niagara Power Authority. Deswegen war sie für Miner extrem attraktiv.

Es dauerte nicht lange, bis eine Tochtergesellschaft des Miners Coinmint ein Geschäft in Plattsburgh anmietete. Coinmint füllte das Gebäude mit Servern und ließ diese 24 Stunden am Tag laufen. Als die Miner MIT Technology Review zufolge in ein nahe gelegenes Einkaufszentrum expandieren wollten, sagte ihnen die städtische Beleuchtungsabteilung, dass sie 140.000 Dollar in eine neue Infrastruktur investieren müssten. Doch das Unternehmen schreckte das nicht ab. Schon bald bezog es regelmäßig über zehn Megawatt, genug Strom für etwa 4.000 Haushalte. Andere Miner folgten schnell. Bald erhielt Plattsburgh jede Woche einen größeren Mining-Antrag.

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Mining steigert Strompreise massiv

Die Miner tragen wenig zur Wirtschaft ihrer Standorte bei. „Ich bin für wirtschaftliche Entwicklung“, sagt Colin Read, Professor für Wirtschaft und Finanzen an der State University of New York at Plattsburgh. „Aber der größte Mining-Betrieb hat weniger Arbeitsplätze als eine neue McDonald’s-Filiale.“ Im Jänner 2018 gab es einen Kälteeinbruch. Die Menschen drehten ihre Heizung auf und die Stadt überschritt schnell ihr Kontingent an Wasserkraft. Dadurch war sie gezwungen, anderswo Strom zu viel höheren Preisen zu kaufen. Energierechnungen für Häuser stiegen um 30 bis 40 Dollar pro Monat.

Im Sommer sorgen die Mining-Anlagen aufgrund ihrer extrem lauten Lüftungen ebenfalls für viel Ärger. Plattsburgh ging schließlich rechtlich gegen die Miner vor. So setzte sie neue Richtlinien um, die von Verbraucher:innen mit hoher Stromdichte verlangen, höhere Tarife zu zahlen. Außerdem wurden die Kryptounternehmen verpflichtet, spezielle Infrastrukturen im Voraus zu finanzieren und eine Kaution zu hinterlegen, um sicherzustellen, dass ihre Rechnungen bezahlt werden. Auch aktualisierte die Kleinstadt ihre Bauvorschriften und Lärmschutzverordnungen.

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Regulierung treibt Firmen zu neuen Standorten

Jetzt nimmt Plattsburgh wieder neue Anträge für Krypto-Minen entgegen. Doch seit die neuen Vorschriften in Kraft sind, ist das Interesse gering. Stattdessen hat das Mining in der nahe gelegenen Stadt Massena stark zugenommen, wo Coinmint einen langfristigen Pachtvertrag für ein ehemaliges Alcoa-Aluminiumwerk unterzeichnet hat. Im Jahr 2021 hat Massena jedoch auch die Ansiedlung neuer Kryptofirmen gestoppt.

Von 2016 bis 2018 hat das Krypto-Mining im Bundesstaat New York die jährlichen Stromrechnungen für kleine Unternehmen um etwa 165 Millionen Dollar und für Einzelpersonen um 79 Millionen Dollar erhöht. Matteo Benetton, Professor an der Hass School of Business der University of California, Berkeley, sagt, dass das Krypto-Mining die lokale Wirtschaft beeinträchtigen kann. Der hohe Energieverbrauch kann Versorgungsengpässe, Rationierungen und Stromausfälle auslösen. Selbst an Orten mit ausreichendem Zugang zu Strom kann Mining andere Industrien verdrängen, die mehr Menschen hätten beschäftigen können. „Es gibt zwar private Vorteile durch den Strommarkt, aber es gibt auch soziale Kosten“, sagt Benetton.

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CO2-Emissionen schießen durch Miner in die Höhe

Solange das Mining profitabel ist, warnt Colin Read, verlagern Verbote von Kryptowährungen den Schaden nur an neue Orte. Als China im Jahr 2021 das Krypto-Mining verbot, um seine CO2-Reduktionsziele zu erreichen, nahmen die Aktivitäten an Orten wie Kasachstan zu, wo Strom hauptsächlich aus Kohle gewonnen wird. Infolgedessen sank die Nutzung erneuerbarer Energien durch Bitcoin zwischen 2020 und 2021 um etwa die Hälfte auf 25 Prozent. Selbst wenn die Branche in erneuerbare Energien investiert, trage sie durch ihren schieren Verbrauch erheblich zu den Kohlenstoffemissionen bei.

Krypto-Mining zieht demnach eine wirtschaftliche Schneise durch die Orte, an denen es stattfindet. Ebenfalls trägt sie immer noch viel zur Klimakrise bei. Read weist die Versprechungen zurück, dass grüne Investitionen oder höhere Effizienz dieses Problem lösen können. Ihm zufolge wird der Energieverbrauch von Kryptowährungen bis zum Ende des Jahrzehnts um weitere 30 Prozent ansteigen, was zusätzliche 32,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr verursachen könnte.

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