Amazon Web Services will ab Ende 2025 souveräne Cloud in der EU anbieten

Amazon Web Services (AWS) intensiviert seine Bemühungen um das europäische Cloud-Geschäft mit strengen Datenschutzanforderungen. Das Unternehmen kündigte eine eigenständige Governance-Struktur für seine geplante „AWS European Sovereign Cloud“ an, die sich gezielt an Regierungen und Unternehmen richtet, die auf EU-konforme Datenverarbeitung angewiesen sind.
Klar ist: AWS als Cloud-Marktführer vor Microsoft und Google will sich das Europageschäft nicht entgehen lassen. Zuletzt hat die deutsche Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) in Kooperation mit SAP eine eigene europäische Cloud in einem Großangriff auf AWS, Microsoft Azure und Co angekündigt.
Eigenständige europäische Struktur
Die neue Cloud-Infrastruktur soll durch eine in Deutschland eingetragene Muttergesellschaft mit drei Tochterunternehmen betrieben werden. Kathrin Renz, derzeit Vice President AWS Industries und deutsche Staatsbürgerin, wird als erste Geschäftsführerin die operative Leitung übernehmen. Das gesamte Führungsteam soll ausschließlich aus EU-Bürgern mit Wohnsitz in der EU bestehen.
Ein vierköpfiger Beirat, ebenfalls mit EU-Bürgern besetzt, soll die Einhaltung der Souveränitätsanforderungen überwachen. Mindestens ein Beiratsmitglied wird von Amazon unabhängig sein. Diese Struktur zielt darauf ab, europäischen Kunden die vollständige Kontrolle über ihre Daten zu garantieren, ohne auf AWS-Services verzichten zu müssen.
Technische Unabhängigkeit als Verkaufsargument
AWS verspricht operative Autonomie auch bei Verbindungsunterbrechungen zur globalen AWS-Infrastruktur. Die europäische Cloud soll über eigene Netzwerkinfrastruktur, ein separates Domain Name System (Route 53) mit europäischen Top-Level-Domains und eine eigenständige Zertifizierungsstelle verfügen.
Besonders hervorzuheben ist die geplante lokale Verfügbarkeit von Quellcodes: Autorisierte AWS-Mitarbeiter mit EU-Wohnsitz sollen unabhängigen Zugang zu allen für den Betrieb notwendigen Codes erhalten. Dies adressiert Befürchtungen über mögliche externe Einflussnahme auf kritische IT-Systeme.
Marktpositionierung gegen Konkurrenz
Mit der European Sovereign Cloud positioniert sich AWS gegen europäische Cloud-Anbieter und Konkurrenten wie Microsoft, die ebenfalls souveräne Cloud-Lösungen anbieten. Das Unternehmen betont dabei, dass Kunden nicht zwischen eingeschränkter Funktionalität und Compliance wählen müssen – ein direkter Verweis auf Kritik an bisherigen Sovereign-Cloud-Angeboten.
Die Investition von 7,8 Milliarden Euro in die erste Region in Brandenburg unterstreicht die strategische Bedeutung des europäischen Markts für AWS. Das Unternehmen verweist auf 25 Jahre Präsenz in Europa und über 225.000 Beschäftigte auf dem Kontinent.
Regulatorische Herausforderungen im Fokus
Die Ankündigung erfolgt vor dem Hintergrund verschärfter europäischer Datenschutzbestimmungen und wachsender Bedenken über die Abhängigkeit von US-amerikanischen Cloud-Anbietern. Das neue „Sovereign Requirements Framework“ (SRF) soll transparent dokumentieren, welche Souveränitätskontrollen implementiert sind.
Ein eigenes Security Operations Center unter europäischer Leitung soll zusätzliches Vertrauen schaffen. Alle sicherheitsrelevanten Operationen sollen ausschließlich von EU-Mitarbeitern durchgeführt werden.
Verfügbarkeit und Ausblick
Die AWS European Sovereign Cloud soll Ende 2025 verfügbar werden und das vollständige AWS-Serviceportfolio anbieten. Ob das Konzept bei europäischen Behörden und sicherheitskritischen Unternehmen die gewünschte Akzeptanz findet, wird sich in der Praxis zeigen müssen.
Der Erfolg dürfte maßgeblich davon abhängen, inwieweit AWS das Vertrauen europäischer Entscheidungsträger gewinnen kann, dass die versprochene Unabhängigkeit auch unter politischem Druck aufrechterhalten wird.