Interview

Blockchain-Investorin: „Das Silicon Valley ist spät dran bei dem Thema“

Jalak Jobanputra. © Future\Perfect Ventures
Jalak Jobanputra. © FuturePerfect Ventures

Blockchain.com, BitPesa, Blockstream, Civic, Everledger, Token oder BlockCypher: Ein Blick in das Portfolio von Jalak Jobanputras Fonds Future\Perfect Ventures genügt, um zu wissen – hier ist eine Investorin am Werk, die sehr früh auf das Thema Blockchain gesetzt hat. bereits seit 2014 investiert sie in Startups und Projekte, die die Technologie für neue Services in den Bereichen Mobile Payment, Identitätsmanagement oder Finanzen einsetzen.

Im Rahmen des SXSW-Festivals in Austin nutzte Trending Topics die Gelegenheit, mit Jobanputra über den aktuellen Hype um Blockchain, die Zukunftsaussichten für Krypto-Startups und die Auswirkungen von Regulierungen auf ICOs zu sprechen.

Trending Topics: Sie sind seit langem im Venture-Capital-Geschäft. Was hat Sie dazu gebracht, in Krypto-Startups zu investieren?

Jalak Jobanputra: Ich bin als VC seit 1999 tätig, war vorher bei Intel Capital tätig, und habe dann 2013 entschieden, meinen eigenen Fonds zu machen. Als ich den Fonds gestartet habe, habe ich bereits intensiv über die These der Dezentralisierung nachgedacht. Es war schon damals klar, dass Menschen, Maschinen und Geräte online gehen werden, und dass sie alle Daten erzeugen, die es gilt zu analysieren. Zu der gleichen Zeit war ich auf meiner ersten Bitcoin-Konferenz und habe mich in die Technologie dahinter, die Blockchain, hineingegraben. Die Möglichkeit, damit Transaktionen zu verifizieren, kann viele Herausforderungen, die diese vielen Daten verursachen, lösen. Seit 2014 investieren wir in Blockchain-Technologien, 70 Prozent unseres ersten Fonds waren in dem Bereich. Der Rest verteilt sich auf Artificial Intelligence, Machine Learning und Internet of Things.

2017 gab es einen großen Hype rund um Bitcoin und Blockchain. 2018 sieht es nicht so rosig aus. Wie lautet Ihre Zukunftsprognose?

Man muss unterscheiden zwischen Krypto-Assets und Blockchain-Technologie. Weil Behörden in Bezug auf ICOs und Scams immer genauer hingeschaut haben, stehen jetzt Regulierungen an. Wir werden also ein Abkühlen im Bereich von ICOs sehen, in den USA werden sich viele darauf verlegen, sie nur für akkreditierte Investoren anzubieten. Gesetzgeber auf der ganzen Welt werden Richtlinien ausgeben, und ich denke, dass das eine gute Sache ist. Der Sektor ist nicht tot, er wird nur erwachsen.

Wenn Sie in Blockchain-Startups investieren – wie stellen Sie selbst sicher, nicht Schwindlern aufzusitzen?

Beim Risikokapitalgeschäft ist es immer das Gleiche: Ich sehe mir zuallererst das Team an. Jeder Investor sollte sich das Management-Team ansehen, vor allem in einer Branche, die so jung ist, sich so schnell wandelt und so viele technische Risiken birgt. Man muss sicherstellen, in das richtige Team zu investieren, die all diese Herausforderungen überleben können. Ich investiere in Gründer, die sich mit Regulierungen auseinandersetzen, die aktiv mit Behörden zusammenarbeiten. Im Krypto-Bereich gibt es natürlich viele Libertäre, doch am Ende des Tages muss man als Investor sicherstellen, dass die Startups die Regeln einhalten. Vinnie Lingam, der CEO von Civic, ist ein gutes Beispiel für einen solchen Entrepreneur. Wir wissen heute nicht, ob die Technologie funktionieren wird, und es wird Pivots geben. Die Unternehmer müssen das verstehen und flexibel sein.

Was begeistert Sie am meisten an Blockchain?

Aus Konsumentensicht sieht die Welt heute so aus: Große Unternehmen verarbeiten heute unsere Daten. Doch die Menschen werden sich ihrer Privatsphäre immer bewusster, und bald kommt die neue Datenschutzgrundverordnung in der EU. Die Generation Z ist anders als die Millennials, sie sharen weniger und sind viel mehr auf Privatsphäre bedacht. Als Early-Stage-Investor muss man diese Makro-Trends früh erkennen. Ich bin gespannt darauf, welche Rolle Blockchain bei diesen Entwicklungen einnehmen wird. Der zweite Punkt sind Schwellenländer. Die so genannten “Unbanked” haben dort oft noch keine Form der digitalen Identität und keinen Zugang zum weltweiten Finanzmarkt, und sie können diese Technologie nutzen, um von Grund auf ihre eigenen Institutionen zu bauen. Kenia ist ein gutes Beispiel: Das Land ist Vorreiter bei Mobile Payment, weil es dort keine funktionierenden Banken gab. Blockchain wird bei vielen neuen Geschäftsmodellen in diesen Ländern eine Rolle spielen.

Nehmen Sie die Idee von dezentralen Ledger-Technologien als Angriff aufs Silicon Valley wahr?

Das kann sich in zwei Richtungen entwickeln. Die Silicon-Valley-Firmen können auf den Trend aufspringen, Facebook könnte seinen eigenen Token ausgeben. Das würde aber einen großen kulturellen Shift bedeuten, und große Unternehmen tun sich oft schwer damit. Das ist auch der Grund, warum Silicon Valley spät dran ist bei dem Thema. Ich investiere seit 2014 in dem Bereich, damals gab es nur sehr wenige Silicon-Valley-VCs, die ebenfalls investiert haben. Dann ist der Preis von Bitcoin nach oben gegangen und es gab immer mehr ICOs, und das hat immer mehr VCs auf den Bereich aufmerksam gemacht. Bisher sind die Geschäftsmodelle der Silicon-Valley-Firmen immer stark um Werbung gebaut, und ich hoffe, dass sich das durch Blockchain ändert.

In den USA ist die Börsenaufsicht SEC mittlerweile sehr aktiv, was ICOs angeht. Wird es schwerer werden, einen Token-Sale zu machen?

Kommt drauf an, wen du fragst (lacht). Im Mai 2017 hat man einfach nur eine Webseite online gestellt und die Leute gebeten, Krypto-Geld an eine Wallet zu senden. Keiner hat den Startups dabei über die Schulter geschaut, ob sie sich dabei an Gesetze halten. Das hat sich geändert. Die SEC und die CFTC schauen sich Initial Coin Offerings sehr genau an. Unternehmer müssen jetzt viel vorsichtiger sein, weil diese Behörden jetzt ein Auge darauf haben. Man muss die Behörden auch wissen lassen, dass Kryptowährungen und Blockchain viele Chancen eröffnen und gut für die Wirtschaft eines Landes und Unternehmertum sein können.

Wenn Sie in ein Startup investieren, tun sie das mit Dollar oder mit Krypto-Geld?

Wir investieren immer noch hauptsächlich mit Dollars. Wir nehmen Anteile an Startups, da müssen wir uns an die Regeln halten. Wir sind aber definitiv sehr interessiert an Token als Asset-Klasse, warten aber noch ab, wie das genau reguliert werden wird.

Haben Sie am Pre-Sale von Telegram, dem bisher wohl größten ICO teilgenommen?

Nein, haben wir nicht. Unser Fonds fokussiert auf Early-Stage-Startups, und wir wollen eng mit den Unternehmern zusammenarbeiten. Ein 2-Milliarden-Dollar-Offering fällt da nicht hinein und passt nicht zu unserer Strategie.

ICOs gelten als neues Fundraising-Modell, das traditionelle VCs obsolet machen könnte. Sehen Sie das als Gefahr für Ihre eigene Rolle?

Ich glaube stark an die Tokenisation. Ich habe viel mit Schwellenländern zu tun, und dort gibt es viele Leute, die keinen Zugang zum klassischen VC-Markt haben. Anstatt Geld in der Matratze zu verstecken, ergibt sich dort die Möglichkeit, dass Menschen einfach in lokale Projekte investieren. Das finde ich begrüßenswert. Auf der anderen Seite gibt es viele Unternehmer, die Risikokapital zusätzlich zu einem Token-Sale aufnehmen, weil sie das Know-how und die Netzwerke von VCs schätzen.

Manche sind der Meinung, dass Bitcoin bereits Oldschool, eine Art MySpace, ist. Wenn Sie sich die Top 10 der Krypto-Charts ansehen, auf welches Blockchain-Projekt würden Sie als das nächste große Ding setzen?

Es ist noch so früh. Die Bitcoin-Blockchain gibt es schon seit vielen Jahren, sie ist sehr stabil, simpel und hat einen Usecase. Ethereum muss noch beweisen, dass es die Scaling-Probleme in den Griff kriegen kann. Stellar ist auch spannend und hat einen simplen Usecase. Ich habe aber immer an verschiedene Blockchains für verschiedene Anwendungsfälle geglaubt, und ich denke, dass wir mehr Stratifikation in dem Bereich sehen werden. Ich weiß auf jeden Fall, dass viele smarte Leute in den Sektor kommen.

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