DMA

„Core Technology Fee“ von Apple als Kostenfalle für europäische App-Startups

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Alternative App Stores, eine zugängliche NFC-Schnittstelle, neue Browser-Technologien, freie Wahl der Bezahlung: Die EU will Apple besser machen. Und zwingt das Unternehmen mit dem iPhone durch den Digital Markets Act (DMA) zu weitreichenden Änderungen seiner Plattformen iOS, Browser und App Store. Da gerade der App Store eine echte Cash Cow für Apple ist (es bekommt immer 15 bis 30 Prozent, wenn in einer App etwas gekauft wird), wehrt sich der Konzern in Angst um künftige Umsatzeinbußen mit einer höchst kontroversen „Core Technology Fee“ (CTF).

Diese sieht generell vor: „Für Entwickler, die den neuen Geschäftsbedingungen in der EU zustimmen, beinhaltet die Mitgliedschaft im Apple Developer Program eine Million kostenlose jährliche Erstinstallationen für Apps, die über den App Store und/oder alternative Marktplätze vertrieben werden. Entwickler, die auf iOS in der EU eine außergewöhnliche Größenordnung erreichen, zahlen eine Core Technology Fee von 0,50 € für jede erste jährliche Installation über eine Million in den letzten 12 Monaten“, heißt es seitens Apple. Für App-Marktplätze gilt die Grenze von einer Million Installationen nicht, sie müssen die 50 Cent ab der ersten Installation zahlen.

50 Cent, die sich summieren

50 Cent, das klingt nun erst mal nicht nach viel. Und gerade Startups und KMU, die Apps starten, denken vielleicht gar nicht an die Millionengrenze bei Installationen, sondern eher an die ersten 1.000. Doch für etablierte Unternehmen mit vielen (hunderten) Millionen App-Usern ist die „Core Technology Fee“ eine echte Herausforderung und könnte komplette Geschäftsmodelle töten.

Nehmen wir den Fall an, ein Unternehmen entscheidet sich dafür, seine App ausschließlich in alternativen App Stores zugänglich zu machen, und verzichtet außerdem auf die In-App-Käufe von Apple – und setzt ausschließlich auf andere Payment-Möglichkeiten. Bis zu einer Million Downloads ist alles ok, Apple verrechnet nichts. Doch danach kommen dann die Gebühren zu greifen. Plötzlich summieren sich die CTF:

  • Ab 1,5 Mio. Installs: mindestens 20.833 Euro/Monat bzw. 249.996 Euro/Jahr
  • Ab 2 Mio. Installs: mindestens 41.667 Euro/Monat bzw. 500.000 Euro/Jahr
  • Ab 5 Mio. Installs: mindestens 166.667 Euro/Monat bzw. 2 Mio. Euro/Jahr

Die CTF kann hier kalkuliert werden: https://developer.apple.com/support/fee-calculator-for-apps-in-the-eu/

Falle für Gratis-Apps und Freemium-Modelle

Anders als beim alten Modell wo Apple immer nur dann Geld kassiert, wenn jemand für die App bezahlt, würde Apple einfach Gebühren kassieren, egal ob die App Umsatz macht oder nicht. Gerade für Freemium-Modelle, wo es darum geht möglichst viele Apps kostenlos zu verbreiten, damit dann einige wenige Prozent der User zu zahlen beginnen, würden die CTFs zu einem Killer des Geschäftsmodells werden. Auch gibt es ja komplett kostenlose Apps, die über Werbung in der App finanziert werden. Egal, ob diese nun Geld mit Ads verdienen oder nicht, es wären immer ab der Millionengrenze die 50 Cent fällig.

Für ganz große Anbieter von Apps wie etwa Spotify wird die CTF zu einer sehr teuren, möglicherweise unbezahlbaren Gebühr. Würde Spotify komplett aus dem App Store gehen und auf alternative Marktplätze setzen, würde man zwar die verhasste Apple-Steuer umgehen. Stattdessen aber würde die CTF zuschlagen. Spotify hat fast 600 Mio. User. Nimmt man an, dass die Hälfte davon die App auf iOS nutzen, müsste Spotify 12,5 Mio. Euro pro Monat, also 150 Mio. Euro pro Jahr, an Apple zahlen.

„Das ist ein unhaltbares Modell für kostenlose Apps, und Freemium-Apps müssten mindestens 0,50 Euro pro Nutzer einbringen, um die Kosten zu decken. Eine Freemium-App mit Tausenden von Installationen von nicht zahlenden Nutzern könnte am Ende weit mehr Schulden haben, als sie einnimmt. Die Entwickler werden wahrscheinlich im Voraus Geld verlangen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Apps genug Geld einbringen, um die CTF zu bezahlen, da es riskant sein könnte, eine kostenlos herunterladbare App anzubieten, wenn die Zahl der Downloads 1 Million überschreitet“, heißt es etwa beim Blog MacRumors.

„First Annual Install“: Auch bestehende User zählen jedes Jahr neu

Wichtig zu wissen ist auch, wie die Million gezählt wird. Da geht es um die so genannten „First Annual Installs“. Mit der ersten Installation beginnt ein 12-monatiger Zeitraum, in dem der Entwickler eine unbegrenzte Anzahl von Installationen dieser Anwendung für dieses Konto bereitstellen kann, ohne eine zusätzliche erste jährliche Installation zu erzeugen, heißt es seitens Apple. So weit so gut. Doch wenn der User nach den 12 Monaten ein Update der App macht, dann zählt das wieder als „First Annual Install“ – und das Update zählt zur Gesamtzahl der Installationen.

Somit häuft sich die Zahl der zu zählenden App-Installationen über Zeit an. Es funktioniert nicht zu sagen: 2024 hatte man 900.000 Installationen, und 2025 noch einmal 900.000 Installationen, und es ist keine Gebühr fällig. Stattdessen ist 2025 dann eher mit Zahlungen für 800.000 Apps zu rechnen, da App-Updates bestehender User auch wieder als „First Annual Install“ gewertet werden:

Diagram visually representing First Annual Installs for a fictional application called Forest Explorer.

Extra-Hürde für alternative App Stores

Und dann gibt es noch eine ganz große Hürde für alle, die planen, einen eigenen App Store auf iOS zu bringen. Für diese gilt die 1-Million-Installs-Grenze nämlich nicht. „Entwickler von alternativen App-Marktplätzen zahlen die Core Technology Fee für jede erste jährliche Installation ihres App-Marktplatzes, einschließlich der Installationen, die vor einer Million erfolgen“, heißt es seitens Apple. Damit wird es vom Start weg sehr teuer, einen neuen alternativen App Store zu etablieren.

Mit all diesen Mitteln versucht Apple zwei Dinge: einerseits dem DMA gerecht werden und die von der EU verlangten Öffnungen ermöglichen; es für Entwickler:innen aber möglichst unattraktiv machen, auf das neue Modell zu wechseln – und beim alten Modell, in dem Apple seinen App Store und die Zahlungen kontrolliert, zu bleiben.

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