Kommentar

Für einen echten E-Auto-Boom braucht es den 20.000-Euro-Wagen

E-Auto im Geldwirbel. © Dall-E 3
E-Auto im Geldwirbel. © Dall-E 3
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Ich habe kürzlich den Familienwagen zum Service-Check zum Händler unseres Vertrauens gebracht und hatte dort auch Zeit für ein kurzes Schwätzchen. „Und, wie verkaufen sich die neuen E-Autos denn so?“, fragte ich den Händler mit Verweis auf die neuen Modelle, die hinter uns frisch glänzend im Schauraum standen. „Naja, sagen wir mal so“, sagte der Händler: „Alle, die ein E-Auto wollten, haben sich jetzt eines gekauft.“ Ich fragte nach: „Meinen Sie, dass die Nachfrage ein Plateau erreicht hat?“. Er sagte: „Ja, so kann man’s auch ausdrücken.“

Ist es bloß der eine Händler, der (eine recht ambitionierte Automarke aus Asien mit brandneuen Modellen) diese Beobachtung gemacht hat, oder hat der E-Auto-Boom tatsächlich ein Ende gefunden? Sieht man sich die aktuellen Marktzahlen an, dann sieht man etwa in Österreich: Die monatlichen Neuzulassungen von E-Autos – August (3.945) September (4.256) Oktober (4.378) – wachsen kontinuierlich und liegen deutlich über Vorjahr. Doch vor dem Sommer waren es schon mal mehr, im Juni etwa 4.612. Höhenflug sieht anders aus.

In Deutschland ein ähnliches Bild: Da gab es Wurden im August 2023 noch fast 87.000 Neuzulassungen bei E-Autos, doch das knickte dann im September (32.000) und Oktober (37.000 Neuzulassungen) stark ein. Dazu mehren sich international die Anzeichen, dass ein (vorläufiger?) Peak bei E-Autos von der Branche antizipiert wird. Wie berichtet, haben wichtiger Hersteller von Autos bzw. Akkus wie Toyota, Panasonic, Ford oder General Motors ihre Produktionen für 2023 gedrosselt bzw. Ausblicke nach unten revidiert. Auch im Autoland Deutschland Ernüchterung. Dort soll das langfristige Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 um die Hälfte verfehlt werden.

PwC: Marktanteil von E-Autos steigt in Österreich um fast 50 Prozent

3 große Hürden zum E-Auto

Was ist da nur los? Eigentlich scheint ja klar, wohin die Autoindustrie geht, sämtliche Konzerne stellen sich auf das Batterie-elektrische Vehikel (BEV) ein. Doch leider ist es in Zeiten hoher Inflation und hohen Zinsen so, dass sich die breite Masse nicht imstande sieht, auf die E-Autos mit hohen Einstiegspreisen umzusteigen. Aus Umfragen ist bekannt, dass die drei größten Hürden für den Umstieg/Einstieg in die Elektromobilität sind:

  1. Zu hohe Preise:
  2. Zu geringe Reichweite
  3. Zu wenige Lademöglichkeiten

Im Schnitt wollen Menschen in Österreich zwischen 15.000 und 30.000 Euro für ihren PKW ausgeben; die meisten E-Autos liegen aber preislich deutlich über diesem Betrag. Große, schwere und teure Elektro-SUVs gibt es zuhauf, aber ein E-Auto, das weniger als 30.000 Euro kostet, und trotzdem eine halbwegs brauchbare Reichweite und Platz für eine Familie bietet, ist kaum zu finden. Und der Gebrauchtmarkt ist bei E-Autos noch gering ausgeprägt, sprich: Ein günstiges E-Auto ist selten auf diesem Weg zu bekommen, und birgt dann noch die Gefahr, dass der Akku nicht mehr die volle Leistung hat und die Reichweite noch geringer ist.

Auch Nachhaltigkeitsbedenken gibt es: Zwar ist es erwiesen, dass ein E-Auto über seine Lebenszeit weniger CO2 verursacht als ein ein Auto mit Verbrennungsmotor. Am Anfang kommt es wegen der Produktion des Akkus mit einem CO2-Rucksack, aber der kann durch Ökostrom-Laden relativ schnell abgebaut werden. Trotzdem gibt es immer mehr Menschen, die sagen: Öffis und Zug und nur mehr punktuell ein Sharing-Auto reichen für die eigene Mobilität.

Damit ist vollkommen klar: Es braucht dringend eine große Auswahl an E-Autos für deutlich weniger als 30.000 Euro, die mit Verbrennern in Sachen Reichweite und Ausstattung mithalten können. Vor allem chinesische Autokonzerne wie BYD preschen in dem Bereich vor; ihnen wird dann aber vorgeworfen, dass staatliche Subventionen in China die Autos so günstig macht, und die EU droht dann mit Strafzöllen. Laut EU-Kommission sind chinesische Elektroautos rund 20 Prozent günstiger als der EU hergestellte Modelle; 2024 könnte entschieden werden, ob gegen diese Marktverzerrung vorgegangen werden wird. Tesla hat auch schon reagiert; in Deutschland wird bereits am 25.000-Euro-Auto gewerkelt.

Klar ist jedenfalls: Wenn die Politik ihre Ziele erreichen will und eine entsprechende E-Auto-Durchdringung voranbringen möchte, dann wird es ganz dringend die E-Autos für deutlich weniger als 30.000 Euro brauchen. Am besten solche, die bei 20.000 Euro starten, denn wie wir wissen, sind Startpreise Startpreise, und Extras kosten eben obendrauf immer noch ein paar Tausender. Mit Strafzöllen, die importierte Autos wieder teurer machen, wird man das nicht erreichen. Da sind neue Konzepte gefragt, die der breiten Masse E-Autos zugänglich machen – und letztlich ist das eine Geldfrage und keine Technologiefrage.

Der E-Auto-Boom scheint 2024 ausgebremst zu werden

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