Eurozone-Inflation fällt 2%: Zinssenkung am Donnerstag erwartet

Die Verbraucherpreise in der Eurozone sind im Mai erstmals seit September 2024 unter das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) gefallen. Mit einer Jahresrate von 1,9 Prozent liegt die Teuerung nun knapp unter der anvisierten Zwei-Prozent-Marke und verstärkt die Erwartungen einer weiteren Zinssenkung bei der anstehenden EZB-Sitzung am Donnerstag.
Besonders bitter aus österreichischer Sicht: Während die Inflation in Deutschland etwa bei 2,2 Prozent oder in Italien bei 2 Prozent liegt, verzeichnet Österreich noch für den April 3,3 Prozent (Mai: 3 Prozent).
Inflation sinkt stärker als prognostiziert
Die von Eurostat veröffentlichten Daten zeigen einen deutlicheren Rückgang als von Volkswirten erwartet. Diese hatten mit einer Inflationsrate von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem der Wert im April noch bei 2,2 Prozent gelegen hatte. Besonders bemerkenswert ist der Rückgang der Kerninflation ohne volatile Energie- und Lebensmittelpreise von 2,7 auf 2,3 Prozent.
Die Dienstleistungsinflation, ein wichtiger Indikator für binnenwirtschaftliche Preisdynamik, fiel von 4,0 auf 3,2 Prozent – den niedrigsten Stand seit März 2022. Dieser Rückgang wird teilweise auf den Wegfall der preistreibenden Ostereffekte aus dem April zurückgeführt.
Märkte rechnen mit Zinssenkung
An den Finanzmärkten besteht weitgehend Konsens, dass die EZB ihre Leitzinsen am Donnerstag erneut senken wird. Der Einlagensatz für Banken dürfte von aktuell 2,25 auf 2,0 Prozent reduziert werden – dies wäre die achte Zinssenkung seit Juni 2024 und würde den niedrigsten Stand seit über zwei Jahren markieren.
Der Euro reagierte unmittelbar auf die Inflationsdaten mit einem Rückgang um 0,5 Prozent auf 1,139 US-Dollar. Swaps-Märkte preisen bereits eine weitere Viertelpunkt-Senkung ein, wobei bis zum nächsten Jahr insgesamt zwei weitere Zinssenkungen erwartet werden.
Prognosen könnten nach unten korrigiert werden
Volkswirte gehen davon aus, dass die EZB nicht nur die Zinsen senken, sondern auch ihre Inflationsprognosen nach unten korrigieren wird. Im März hatte die Zentralbank noch prognostiziert, dass die Inflation in diesem Jahr über dem Ziel liegen und erst 2026 auf 1,9 Prozent fallen würde.
Vincent Stamer von der Commerzbank sieht die EZB durch die aktuellen Daten „in der komfortablen Position, ihre Inflationsprognosen senken zu können“. Dies könne Raum für eine weitere Zinssenkung nach der für Donnerstag erwarteten schaffen.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Analysten führen den Inflationsrückgang auf mehrere Faktoren zurück: einen stärkeren Euro, günstigere Rohstoffpreise und einen sich abschwächenden Arbeitsmarkt. Diego Iscaro von S&P Global Market Intelligence prognostiziert, dass sich der Preisdruck in den kommenden Monaten weiter abschwächen könnte, und erwartet eine Senkung des EZB-Leitzinses auf 1,5 Prozent bis zum dritten Quartal.
Die Entwicklung erfolgt vor dem Hintergrund einer anhaltend unsicheren wirtschaftlichen Lage, die durch geopolitische Spannungen und handelspolitische Unsicherheiten geprägt ist. Die niedrigere Inflation könnte jedoch dabei helfen, negative Auswirkungen auf den Konsum abzufedern.
Die EZB wird am Donnerstag neben ihrer Zinsentscheidung auch aktualisierte Wirtschafts- und Inflationsprognosen veröffentlichen, die weitere Hinweise auf den geldpolitischen Kurs der kommenden Monate geben werden.