„Fair Use“ oder nicht: Copyright-Konflikt rund um AI-Training in den USA

Der Konflikt um die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte für das Training von Künstlicher Intelligenz hat eine dramatische Wendung genommen. Nur zwei Tage nach Veröffentlichung eines Berichts, der die gängige KI-Trainingspraxis in Frage stellt, hat die Trump-Administration die Leiterin des US-Copyright Office, Shira Perlmutter, entlassen.
Der umstrittene Bericht des Copyright Office kam zu dem vorläufigen Schluss, dass die kommerzielle Nutzung großer Mengen urheberrechtlich geschützter Werke für KI-Training in vielen Fällen nicht durch Fair Use gedeckt sein könnte. Besonders kritisch sieht der Bericht die Verwendung von Inhalten, um „expressive Inhalte zu produzieren, die mit den Originalen auf bestehenden Märkten konkurrieren.“
Wie berichtet, laufen in den USA mehrere Klagen gegen AI-Unternehmen wie OpenAI (z.B. der New York Times) bei denen es um die grundlegende Frage geht, ob die Entwickler von LLMs einfach so etwa auch Texte, Bilder oder Videos im Netz zurückgreifen dürfen, um ihre KI-Modelle damit zu trainieren. Diese berufen sich auf die bisher gebräuchliche Fair Use-Policy und meinen, dass ihre KIs neue Werke von sich geben und nicht einfach kopieren würden.
Politisches Erdbeben mit unklaren Fronten
Die Entlassung Perlmutters hat in Washington für Erschütterungen gesorgt. Der demokratische Abgeordnete Joe Morelle nannte den Vorgang einen „beispiellosen Machtmissbrauch ohne rechtliche Grundlage“ und stellte eine direkte Verbindung zu Elon Musks KI-Ambitionen her. Perlmutter habe sich geweigert, „Elon Musks Bemühungen abzusegnen, Unmengen urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von KI-Modellen zu verwenden.“
Paradoxerweise teilte Trump kurz nach der Entlassung einen Beitrag von Mike Davis, einem für den Posten des Justizministers gehandelten ehemaligen Justizangestellten: „Jetzt werden Tech-Bros versuchen, die Urheberrechte von Kreativen für KI-Profite zu stehlen. Das ist 100% inakzeptabel.“ Diese widersprüchliche Kommunikation lässt die wahren Motive hinter der Entlassung im Dunkeln.
Silicon Valley in Alarmbereitschaft
Die Tech-Branche verfolgt die Entwicklungen mit wachsender Besorgnis. Für KI-Unternehmen steht viel auf dem Spiel, da ihre Geschäftsmodelle oft auf der Nutzung enormer Datenmengen aus dem Internet basieren – häufig ohne explizite Zustimmung der Rechteinhaber.
Zuletzt wurde etwa bekannt, dass OpenAI sich auf Lobbying-Ebene für die Anwendung der amerikanischen “Fair Use”-Doktrin auf KI-Training einsetzt. Argumentiert wird, dass OpenAI gegen chinesische KI-Unternehmen in Rückstand geraten könnte, wenn es nicht weiter Daten ungehindert scrapen könne. Parallel dazu hat das Unternehmen zahlreiche Deals mit Medienunternehmen geschlossen, die es ihm ermöglichen, deren Inhalte zu nutzen.
Was kommt als Nächstes?
Die Entlassung Perlmutters könnte erst der Anfang einer größeren Umwälzung sein. Am gleichen Tag entließ Trump auch die Leiterin der Library of Congress, Carla Hayden, der das Copyright Office untersteht. Manche Beobachter rechnen damit, dass Trump sich für die „Fair Use“-Regel in Bezug auf KI-Training einsetzen könnte.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die US-Regierung einen klareren Kurs einschlägt – oder ob die Gerichte die entscheidende Rolle bei der Definition der Grenzen des Fair Use im KI-Zeitalter übernehmen werden.