Googles neuer KI-Suchmodus könnte „Internet für alle verschlechtern“

Der auf der Google I/O vorgestellte „AI-Modus“ in der Google-Suche sorgt für Aufsehen. Die Funktion, derzeit in der Testphase, soll User:innen erlauben, mit der Suchmaschine zu interagieren, als wäre sie ein Chatbot. Betroffene Website-Betreiber:innen sprechen von „Diebstahl“. Sie fürchten nicht nur um ihren Traffic, sondern auch um massive Umsatzverluste.
„Das ist die Definition von Diebstahl“
Zukünftig plant Google, durch die neue Funktion KI-generierte Antworten neben herkömmlichen Suchergebnissen in einer vereinfachten Schnittstelle bereitzustellen. Damit würde Google zu einer Art Chatbot werden. Der überarbeitete AI-Modus unterscheidet sich von den bisherigen KI-Zusammenfassungen (Übersicht mit KI), die bereits jetzt in der Google-Suche verfügbar sind.
Der „fortgeschrittene“ KI-Modus soll mit erweiterten Reasoning-Fähigkeiten ausgestattet sein und auf Googles eigenen Knowledge Graph zugreifen, eine gigantische Datenbank aus Inhalten, die aus dem Web gesammelt wurden.
Schon bald soll die neue Funktion in den USA flächendeckend verfügbar sein, wie letzte Woche auf der Google I/O angekündigt wurde. Das Problem: Inhalte von Website-Betreiber:innen werden einfach übernommen, von Google angezeigt – und die betroffenen Websites erhalten keinen Traffic mehr.
Die News Media Alliance (NMA), ein Handelsverband, der rund 2.000 Medienunternehmen aus den USA und Kanada vertritt, übt scharfe Kritik: „Jetzt nimmt sich Google einfach mit Gewalt Inhalte und verwendet sie, ohne dafür zu zahlen. Das ist die Definition von Diebstahl.“ Laut der NMA führe das Vorgehen zudem zu einer Verwässerung von Originalinhalten.
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Links in Google-Trefferlisten verschwinden
Danielle Coffey, NMA-Präsidentin, erklärte, dass Links in den Google-Trefferlisten „die letzte positive Eigenschaft“ der Suchmaschinen seien, da sie den Herausgeber:innen Traffic und Umsatz bescheren. Der neue AI-Modus hingegen soll Informationen und Antworten liefern, „ohne dass die Vielzahl an Links der herkömmlichen Google-Suche zur Verfügung steht“.
Damit würde Google mit den Inhalten von Publishern arbeiten, ohne diese zu vergüten. Zudem seien keine praxistauglichen Opt-out-Optionen vorhanden.
„Alles-oder-Nichts“-Strategie
Zwar können Medienhäuser laut Google ihre Inhalte aus dem Training der KI-Modelle ausschließen, doch damit würden sie gar nicht mehr in den Suchergebnissen auftauchen. Für kleinere Medienunternehmen könnte das existenzbedrohend sein. Bloomberg berichtete, dass Google überlegt hatte, Herausgeber:innen selektive Opt-out-Möglichkeiten anzubieten. Laut geleakten Dokumenten wurde dieser Ansatz jedoch verworfen.
Elizabeth Reid, Leiterin von Google Search, begründete die „Alles-oder-Nichts“-Strategie damit, dass selektive Opt-outs für KI-Übersichten „enorm komplex“ wären. Dennoch betonte Google, weiterhin große Mengen an Traffic zu den Websites von Publishern leiten zu wollen.
Laufendes Kartellverfahren gegen Google
Die News Media Alliance fordert das US-Justizministerium auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorherrschaft des Unternehmens im Internet einzuschränken. Auch die verschärften Wettbewerbsregeln des Digital Markets Act (DMA) für „Gatekeeper“, die Plattformauflagen des Digital Services Act (DSA) sowie bestehende Regeln gegen unlauteren Wettbewerb könnten eine Rolle spielen.
Umsatzbeteiligung gefordert
Die Suchmaschinen-Expert:innen von 9to5Google, einem US-Online-Medium, warnen, dass das Vorhaben das Ende für viele Medienunternehmen bedeuten könnte. Eine mögliche Konsequenz: Herausgeber:innen setzen künftig verstärkt auf billig produzierten, minderwertigen Content.
Auch der Deutsche Kulturrat fordert Google auf, rechtzeitig zu reagieren, um zu verhindern, dass das Internet für alle schlechter wird. Es sei essenziell, Urheber:innen und Rechteinhaber wie Verlage an den Umsätzen von Anbietern generativer KI zu beteiligen.
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