Menschen mit Behinderung trotz Corona-Krise finanziell gefestigt
Menschen mit Behinderung hatten es in der Corona-Zeit schwerer als Personen ohne Beeinträchtigung. Dafür gab es allerdings eher soziale Gründe, finanziell sind Menschen mit Behinderung in Österreich häufig trotz der Krise gut aufgestellt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der UniCredit Bank Austria in Zusammenarbeit mit dem Social Enterprise myAbility, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Für 72 Prozent der beeinträchtigten Personen sind die Finanzen trotz der Pandemie gleich geblieben, für zehn Prozent wurden sie sogar besser. 80 Prozent waren außerdem in einem aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
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„Essenzieller Bestandteil vieler Unternehmen“
„Menschen mit Behinderung machen etwa 18,4 Prozent der Bevölkerung aus. Sie sind deswegen keine Randgruppe, sondern ein massiver wirtschaftlicher Faktor. Nicht nur als Angestellte, sondern auch als Konsumenten sind sie von großer Bedeutung. Es ist erfreulich, dass viele Unternehmen das erkennen und versuchen, barrierefrei zu sein“, sagt Gregor Demblin, Gründer von myAbility.
Insgesamt 200 Menschen mit Behinderung haben an der Umfrage teilgenommen. Dabei habe die Bank Austria darauf geachtet, möglichst viele Altersgruppen, Regionen und Beeinträchtigungen abzudecken. Die persönliche Situation ist für 52 Prozent in der Pandemie gleich geblieben, jedoch klagen 45 Prozent über eine Verschlechterung. „Die Hauptgründe dafür sind vor allem soziale Belastungen. So spüren viele ein Gefühl der Isolation. Außerdem sind notwendige Arztbesuche oder Therapien weniger zugänglich“, so Martin Gölles, Leiter der Marktforschung der Bank Austria.
„Es gibt noch viel Raum für Verbesserung, aber Menschen mit Behinderung sind jetzt schon ein essenzieller Bestandteil der Belegschaft vieler Unternehmen, was auch ihre relativ gute finanzielle Situation erklärt. In der Krise haben sich allerdings auch viele Hürden verstärkt gezeigt. Gerade jetzt ist es von großer Bedeutung, dass Firmen barrierefrei werden, sowohl an ihren Standorten als auch bei ihrem digitalen Angebot“, kommentiert Robert Zadrazil, Vorstandsvorsitzender der Bank Austria, die Umfrage.
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Viele wollen Rückkehr ins Büro
Insgesamt meinen 65 Prozent, dass die Belastungen für Menschen mit Behinderung insgesamt größer sind als für Personen ohne Beeinträchtigung. Positiv sehen viele dagegen das Arbeitsleben in der Corona-Zeit. 93 Prozent haben die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten. 50 Prozent fühlen sich dabei von ihren Arbeitgebern gut unterstützt, 36 Prozent zumindest teilweise. Dennoch fehlt vielen das Büro, einerseits wegen der sozialen Kontakte, andererseits wegen unterstützenden Maßnahmen wie beispielsweise ergonomischen Stühlen. Die Hälfte der Befragten will in Zukunft zumindest teilweise wieder vor Ort arbeiten.
Demblin kritisiert aber auch, dass bei neuen Maßnahmen in der Corona-Zeit oft auf Barrierefreiheit vergessen wurde. So seien die Schnupfen-Boxen für Tests für Menschen mit Gehbehinderung unzugänglich. Laut der Umfrage ist Barrierefreiheit für 65 Prozent in Zukunft ein essenzielles Auswahlkriterium bei Unternehmen. Demblin begrüßt die Maßnahmen der Bank Austria in dieser Hinsicht. Nicht nur seien die Filialen barrierefrei, auch digitale Innovationen wie Video-Beratung in Gebärdensprache würden die Finanzinstitutionen deutlich zugänglicher machen.