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Online-Preisvergleiche: Warum so heftig um Supermarktpreise gestritten wird

Presivergleich. © Canva
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Für Staubsauger, Smartphones, Autos und Lebensversicherungen sind sie seit langem Standard, nur für Lebensmittel aus dem Supermarkt gibt es sie noch nicht: Preisvergleichsseiten. Was in anderen Ländern längst gang und gäbe ist, wurde in Österreich wegen der hohen Inflation(7,5%) zum Politikum – und zur Streiterei, wer wie und auf Basis welcher Daten solche Vergleichsplattformen anbieten dürfen soll. Nachdem Wirtschaftsminister Martin Kocher eine Online-Preisrechner für 16 Grundnahrungsmittel bis Herbst umsetzen zu wollte, sind private Entwickler:innen ausgeschwärmt und haben in viel kürzerer Zeit eigene Preisvergleichs-Plattformen ins Netz gestellt – etwa heisse-preise.io von Mario Zechner, preismonitor.at (Lukas Käferle & Mario Cito), Teuerungsportal.at (Bernhard Ruckenstuhl), supermarkt.at oder preisrunter.at (David Wurm). Es sind also Privatanbieter, die sich die Programmierung angetan haben, um kostenfreie Preisvergleiche zugänglich zu machen.

Damit ist die Sache aber nicht gegessen. Denn die Anbieter dieser Online-Preisvergleiche sehen sich viel Gegenwind ausgesetzt, wie aus einer Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zu Marktsituation und den Herausforderungen dieser Plattformen hervorgeht. Laut BWB bestehe „Rechtsunsicherheit für die Betreiber:innen dieser Plattformen beim automatischen Durchsuchen (sog. Web Crawling) der Websites, da einzelne Webseiten von Händler:innen das Web Crawling in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verbieten würden“. Zusätzlich gebe es „mangelnde Einheitlichkeit von Produktbezeichnungen“, und nicht alle Supermärkte würden benötigte technischen Schnittstellen (API) zur Verfügung stellen. Und: „Da das Onlinesortiment nicht zwingend das Offlinesortiment abbildet, können die Betreiber:innen nur einen Ausschnitt des Gesamtsortiments abbilden. Laut den Betreiber:innen genüge dies jedoch für einen angemessenen Preisvergleich“, heißt es seitens BWB.

Das erste Teuerungsportal: Wie ein junger Österreicher für Übersicht im Preischaos sorgt

Produktdaten sollen via API herausgegeben werden müssen

Nun sprechen sich BWB und Minister Kocher dafür aus, dass die Supermarktbetreiber den privaten Online-Preisvergleichsplattformen die Daten per API verpflichtend zur Verfügung stellen sollen, und kleinere Händler:innen sollten freiwillig mitmachen können, um in den Vergleichsseiten aufzutauchen. Ein entsprechendes Gesetz soll laut Kocher „in den nächsten Wochen in den Grundzügen“ fertig sein, um dann mit dem grünen Koalitionspartner darüber zu verhandeln. Die BWB will, dass mindestens EAN Strichcode, Produktname, Herkunft, Hersteller, Marke, Preis, Menge, Gewicht, Angebot und Kategorie per Daten-API zur Verfügung gestellt werden sollen. Nicht herausgeben sollen die Supermarktbetreiber Daten zu Bonusklubs, Rabattheften und Rabattpickerln.

Der Lebensmittelhandel, vertreten durch den Fachverband in der Wirtschaftskammer, hat keine große Freude mit einer drohenden „Preis-Meldepflicht“, wie sie die API nennt. Lebensmittel könne man nicht wie Unterhaltungselektronik oder Treibstoff vergleichen, es gebe unterschiedliche Herkunft, Qualität, Bio- oder konventionellem Anbau sowie verschiedene Herstellungsweisen. Auch würde eine rein auf den Preis fokussierte Preisvergleichs-App zu einer „Preisspirale nach unten“ führen. Weiters werden „wettbewerbsrechtliche Bedenken“ ins Feld geführt, auch „hohe Kosten für den Steuerzahler“ werden erwähnt – wobei nicht klar ist, warum – denn die bestehenden genannten Preisvergleichsseiten haben den Steuerzahler:innen bisher keinen Cent gekostet.

Betreiber sieht „exakt gleichen Preis“ bei 2 Supermärkten

Damit ist ein heißer Herbst was Daten über Lebensmittel und ihre Preise angeht, vorprogrammiert. Denn in den Daten lassen sich wohl etwas mehr Dinge erkennen als bloß, wo die Butter gerade am günstigsten ist. Mario Zechner, der heisse-preise.io programmiert hat, hat am Wochenende auf Mastodon Einblick in seine bisherigen Erkenntnisse aus den Daten geliefert. „Ich habe 40 Produktpaare der beiden größten Ketten verglichen. Und siehe da: Die Preise stimmten auf den Cent genau überein“, so Zechner über Produktpreise bei Billa und Spar. Und weiter. „Anhand der historischen Daten konnte ich die Preisentwicklung für ein Produkt in den beiden Handelsketten sehen.  Die beiden Supermarktketten änderten die Preise der unter eigener Marke vertriebenen Billigprodukte innerhalb von ein bis zwei Tagen oder sogar am selben Tag. Und beide kamen auf den exakt gleichen Preis.“ Auch so genannte „Shrinkflation“ (gleichbleibende Preise bei sinkender Menge pro Packung), Tricksereien bei Rabattierungen und günstigere Preise in Nachbarländern wie Deutschland und Slowenien könne man schnell ausmachen.

Zechner vermutet in den gleichen Preise für Produkte, die fast in Echtzeit angepasst werden, „stillschweigende Kollusion, also oligopolistische Preiskoordination ohne ausdrückliche Koordination.“ Und auch die Bundeswettbewerbsbehörde lässt in ihrer Aussendung schon durchklingen, dass sie am Radar hat, wie Preise festgelegt werden. „Anhand der von den Betreiber:innen der Plattformen vorgebrachten Preismuster und einer ersten Einschätzung durch die BWB ist davon auszugehen, dass Betreiber:innen von Webshops vermehrt Preise der Konkurrenz online crawlen und entsprechend ihre eigenen (Online-)Preise festlegen“, heißt es seitens BWB. Ihr Abschlussbericht soll voraussichtlich Ende Oktober 2023 vorliegen.

Gefühlte Inflation in Österreich fast doppelt so hoch wie tatsächliche Teuerung

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