Gastbeitrag

Ich baue mir in der Krise einen Online-Shop, Teil 1: Prozesse

© Photo by Igor Miske on Unsplash
© Photo by Igor Miske on Unsplash

Die Krise hat uns alle, egal ob EPU, KMU oder Konzerne, komplett kalt erwischt. Niemand war wirklich darauf vorbereitet. Nun ist es an der Zeit, dass wir das Beste aus der aktuellen Situation machen.

Für viele Filialisten ist die aktuell einzige Verkaufsmöglichkeit über das Ladengeschäft durch die Vorkehrungen der Regierungs zur Covid-19-Eingrenzung geschlossen worden. Was also jetzt tun?

In dieser Artikelserie möchte ich dir Ideen, Grundlagen und Tipps mitgeben, damit du neue Vertriebskanäle wie einen Onlineshop für dich aufbauen kannst. Das Ganze jedoch mit Blick auf die Zukunft, nachhaltig – kein Schnell Schnell, was dich viel Geld kostet und du in wenigen Monaten bitter bereust.


Dieser Gastbeitrag wurde von Stephan Grad, Chief E-Commerce Manager bei A-COMMERCE, verfasst. Er zählt zu den renommiertesten E-Commerce-Experten Österreichs.

Wenn du nach der Lektüre dieser Artikel Fragen hast, hör dir den Amazing E-Commerce Podcast an oder melde dich gerne jederzeit unter stephan@a-commerce.at.


Ich brauche einen Onlineshop – was heißt das jetzt im Detail für mich?

Die Corona Krise hat in Österreich voll zugeschlagen und den stationären Handel innerhalb weniger Tage in die Knie gezwungen. Nun suchen viele Unternehmen einen Weg, um ihre Produkte dennoch ihren Kunden anbieten zu können.

Dafür ist natürlich ein Onlineshop die naheliegendste Variante. Und wie immer in Krisenzeiten sprießen Lockangebote sowie “günstige” bzw. kostenlose Hilfe überall aus dem Boden. Doch bevor ich ein solches Angebot in Anspruch nehmen soll, muss ich mir als Händler einige Gedanken machen, was ich denn eigentlich mit meinem Onlineshop machen möchte.

Grundvoraussetzungen, damit ein Onlineshop Sinn macht

Ist es mein Ziel, meinen jetzigen Warenbestand abzuverkaufen, um meine Liquidität zu sichern oder soll es ein langfristiger Verkaufskanal für mich werden? Und natürlich eine wichtige Frage ist: Bin ich bereit, in den neuen Kanal zu investieren? Nicht nur Monitär, das ist gerade zum Start der geringste Bereich, sondern Zeit und Interesse. Denn ein Onlineshop läuft nicht von alleine, ich muss ihn bedienen können, wissen wie die Abläufe funktionieren und die hereinkommenden Bestellungen auch dementsprechend abwickeln können.

Sollte ich mir dessen bewußt sein und loslegen wollen, legt euch gleich einmal folgende Dokumente zurecht:

  • Eingescannte Passkopie
  • Eingescannter Gewerbeschein
  • Aktueller Firmenbuchauszug (bei eingetragenen Unternehmen)

Ihr werdet all diese Dokumente im Prozess des Shop-Aufbaus öfters benötigen, denn gerade Payment- und Logistikunternehmen wollen eine Vielzahl an Informationen von euch haben, bevor ihr live gehen könnt.

Ein weiterer wichtiger Punkt, bevor ihr nur eine Minute in den Aufbau des eigenen Onlineshops steckt: Überprüft eure Lieferantenverträge sehr genau, ob ihr auch berechtigt seid, eure Produkte und Waren online zu verkaufen.

Gerade in den letzten Jahren haben viele Markenunternehmen restriktive Vorgaben in ihre Verträge aufgenommen. Ob diese in einer Krise ausgesetzt werden, kann aktuell noch niemand sagen – also gemäß dem Motto “better safe than sorry” lieber nochmals überprüfen.

Die Qual der Wahl: Das passende Shop-System

Alleine in Österreich kann man als angehender Onlinehändler aus mehr als 17 Shop-Systemen wählen (Eigenentwicklungen von Agenturen noch nicht mitgerechnet). In einem normalen E-Commerce-Aufbauprojekt benötigt man ein grundlegendes Anforderungsprofil der Features und der Strategie, um das passende Shop-System auszuwählen.

Da wir aber davon ausgehen, dass ihr recht schnell ein System aufbauen wollt, welches ihr auch einfach bedienen könnt, wollen wir 2 Systeme klar hervorheben

  • Shopify
  • WooCommerce

1. Shopify

Das kanadische System hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen im europäischen Umfeld, da es auch für Einsteiger vergleichsweise einfach zu bedienen ist und ein Start in die wunderbare E-Commerce Welt nicht besonders lange dauert. Das ist natürlich sehr gut, jedoch um auch allen rechtlichen Vorgaben in Österreich genüge zu tun, muss man auch teilweise in den Code des Systems eingreifen, daher ist eine Agenturbegleitung nicht schlecht.

2. WooCommerce

WooCommerce ist das in Europa am weitverbreitetste Shopsystem, da es eine Erweiterung von WordPress ist. Darauf laufen bereits viele Unternehmenswebseiten. Wenn ihr nur wenige Produkte online verkaufen wollt, ist WooCommerce durchaus passend. Wir empfehlen aber auf jeden Fall für den Shopaufbau mit diesem System eine Agenturbegleitung, da es eben nicht reicht einzelne Plugins zusammen zu installieren.

Alle anderen am Markt befindlichen Systeme sind entweder nicht so schnell aufbaubar, wie ihr es aktuell benötigt oder sind keine verlässlichen E-Commerce Systeme. Und bitte Hände weg von selbstentwickelten Systemen!

Kostenübersicht eines Onlineshops

Keine Shop-Lösung ist kostenlos, auch wenn ihr dies aktuell in vielen Werbung seht. Hier ein Überblick über potentielle Kosten, die auf euch zukommen werden

  • Setup / Installation – je nach Shopsystem bis zu EUR 3.000,00
  • Monatliche Lizenzkosten für das Shopsystem
  • Hosting
  • Payment-Kosten
  • Logistikkosten
  • Interne Arbeitszeit

Die meisten Kostenblöcke im E-Commerce sind Transaktionsbasierend, soll heißen: Es fallen die Kosten tatsächlich erst an, wenn ihr einen Verkauf getätigt habt (Payment, Logistik). Es hilft aber auf jeden Fall bereits vor der Erstellung des Onlineshops eine Aufstellung über die Deckungsbeiträge der einzelnen Produktgruppen zu erstellen. Denn einen negativen Ertrag zu machen, hilft auch nur Krisenzeiten bedingt.

Sind alle Produktinformationen vorhanden?

Ihr habt euch zur Realisierung des Onlineshops entschlossen – sehr gut! Dann braucht ihr im nächsten Schritt Daten und Informationen zu euren Produkten. Hier eine Auflistung der absoluten Grundlagen, um den eigenen Shop zu befüllen:

  • Produktname
  • Produktbeschreibung
  • Größen- & Farbangaben
  • Produktbilder (ACHTUNG: auf rechtliche Vorgaben bei verschiedenen Warengruppen achten)
  • Produktvideos
  • Lagerstand

Das sind die absoluten Grundanforderungen, um Kunden im eigenen Shop zu einem Kauf zu bewegen. Gerade bei den Bildern und Texten könnt ihr natürlich eure Lieferanten fragen, ob sie euch diese zur Verfügung stellen können.

ACHTUNG: Niemals Bilder & Texte von Google runterladen und nutzen. Urheberrechtsverletzungen werden auch in Krisenzeiten geahndet und können sehr teuer werden.

Zusätzliche Informationen für den Onlineshop

Auch wenn ihr schnell mit dem Shop live gehen wollt, kommt man an den aktuellen rechtlichen Vorgaben dennoch nicht vorbei. Somit benötigt ihr für euren Shop auf jeden Fall diese Informationen:

  • Impressum
  • AGB
  • Datenschutzerklärung

Auch hier gilt ganz klar: Bitte NICHT von anderen Shops einfach kopieren, sondern wendet euch an das Österreichische E-Commerce Gütezeichen (Ansprechpartner Thorsten Behrens), er kann euch einfach und unbürokratisch weiterhelfen und Hilfe bei diesen Punkten zur Verfügung stellen.

Wie setze ich den Online-Shop nun auf?

Wenn ihr komplett neu in  der Materie seid, lasst euch von einer kompetenten Agentur helfen. Wenn ihr das nicht wollt oder euch leisten könnt, dann startet auf jeden Fall damit, euch Youtube Tutorials für das jeweilig gewünschte Shop-System anzusehen.

Man findet meist von den Hersteller der Shop-Systeme selbst qualitativ exzellente Einführungsvideos und kann so das Setup Schritt für Schritt selbst übernehmen. Auch hier gilt: Zuerst lernen, dann machen. Denn wenn ihr am Anfang Fehler im Setup einbaut, können euch diese den späteren Go Live verhindern bzw. extrem erschweren.

To Do´s neben dem Shop-Setup

Den Shop aufzusetzen ist schon sehr gut und wichtig, es gehören aber auch noch andere Dinge gemacht, wie z.B. die Registrierung der Zahlungsarten. Um so schnell wie möglich zu starten, braucht ihr

  • AmazonPay
  • PayPal
  • Stripe

Damit habt ihr im ersten Schritt eine gute Auswahl an Zahlungsarten im Shop und seid in wenigen Tagen live. Gleichzeitig wäre auch ein Rechnungsdienstleister spannend, dort dauert aber der ganze Liveschaltungsprozess wesentlich länger.

Weiters überlegt euch doch gleich einmal, wie ihr bei den ersten Bestellungen bereits die Verpackung bzw. den Versand organisieren wollt. Habt ihr genug Verpackungsmaterial, Kartons und Paketklebeband im Haus? Wie oft bzw. wer bringt die Pakete zur Post etc.

All diese kleinen Überlegungen solltet ihr so schnell wie möglich für euch abklären.

Der Shop ist live – und jetzt?

Gratulation, ihr habt es geschafft euren Shop live zu nehmen. Aber wie erfahren nun eure potentiellen Kunden, dass ihr einen neuen Onlineshop habt? Dafür sind natürlich Google und alle sozialen Kanäle unfassbar wichtig. Aber auch die Mundpropaganda darf nicht unterschätzt werden.

Also sagt es zumindest allen Freunden, Bekannten und Stammkunden und ladet sie zu einem virtuellen Besuch ein.

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